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MATHILDE

Bronze-Statuette einer jungen Läuferin, wahrscheinlich aus Sparta (um 500 v. Chr.)

Darstellung einer Akrobatin, die vor dem Gott Dionysos turnt auf einem Kelchkrater zum Mischen von Wasser und Wein (um 370 v.Chr.)

Spurensuche 1

Ein historischer Rückblick über die weibliche Bewegungskultur

 

Teil 1: von der Antike bis zu den Germanen

 

Die Beteiligung von Frauen am Sport ist in den vergangenen Jahren im Zuge eines sich wandelnden Gesundheits- und Körperbewusstseins erheblich gestiegen. Neue Sportbedürfnisse zeigen sich bei Frauen und Männern gleichermaßen, wobei sich Fitness, Gesundheit, Wohlbefinden und Aussehen zu zentralen Erlebniswerten herauskristallisieren. Die Zukunft des Sports liegt dabei in einer ”Unentbehrlichkeit” des Körpers für die Sicherung von Wohlbefinden und eigenem Spaß.

Zahlreiche Wandlungen im Sportspektrum sind dabei auf einen beschleunigten sozialen Wandel der Gesellschaft zurückzuführen, der von den Menschen neue ”Selbestbe­hauptungs-Strategien” fordert. Auf die Belastungen der Umwelt reagiert man mit Entlastungs- und Entspannungswünschen und findet sie in Yogakursen oder im Tai Chi. Mit der Fitness-Orientierung im Sport und der Akzentuierung des Gesundheitsbewusstseins stellen sich die Menschen auf die beschleunigten Rhythmen des gesellschaftlichen Wandels ein. Grund genug einen Blick zurückzuwerfen uns sich auf Spurensuche zu begeben:

Was hat die Menschen in früheren Zeiten dazu veranlasst, einer sportlichen Betätigung nachzugehen? Inwieweit haben sich männliche und weibliche sportliche Handlungsmuster von einan­der unterschieden? Welche Rolle spielten die Lebensumstände der Geschlechter bei der Ausübung ihrer Leibesübungen? Im folgenden Beitrag sollen überwiegend die weiblichen Leibesübungen der historischen Vergangenheit im Blickpunkt stehen und uns einen Eindruck über die sportliche Aktivität der Frau früherer Jahrhunderte vermitteln.

 

ANTIKE

Betrachten wir zunächst die Formen antiker weiblicher und männlicher Leibesübungen im heutigen europäischen Raum unter dem Aspekt ihrer gesellschaftlichen Funktionen, zeigt sich deren Korrespondenz mit einer spezifischen geschlechtsgebundenen Aufgabenverteilung in der Gesellschaft. Galt es für den Mann sich selbst und das Land erfolgreich zu verteidigen und notwendigerweise an einem sportlichen Übungspro­gramm zu partizipieren, um für die alltäglichen Gefahren und Risiken gerüstet zu sein, traf dies für die Frauen nicht zu. Sie bekamen stattdessen die Mutterrolle und damit die Aufzucht ihrer Kinder als wichtigste Lebensaufgabe zugewiesen und lebten überwiegend zurückgezogen außerhalb der Öffentlichkeit.

Ein starker und durchtrainierter Körper, der in der Lage war, sich zu jeder Zeit auf Angriff oder Verteidigung einzustellen, wurde ausschließlich dem Mann abverlangt und ließ es nicht notwendig erscheinen, Frauen in sportliche Übungsprogramme mit einzubeziehen.

Sportliche Betätigung in der Antike geschah somit überwiegend aus zweckmäßigen und rationalen Erwägungen heraus, wobei dem ”intakten” und kräftigen Körper des Mannes eine herausragende Stellung zugute kam. Bedingt durch die Häufigkeit der kriegerischen Auseinandersetzung, die Integration von Affekten ins Alltagsleben und die harten Lebensbedingungen hatten körperliche Stärke aber auch körperliches Geschick einen hohen Stellenwert, der somit die gesellschaftliche und rechtliche Position der Män­ner gegenüber den Frauen insgesamt deutlich aufwertete: die athenischen Frauen standen unter dem Zustand einer Vormundschaft und waren einer permanenten Entmündigung ausgesetzt.

Eine Sonderstellung nimmt in diesem Kontext allerdings die Spartanerin ein, deren sportliches Verhalten als ein sehr zielbewusstes und forschrittliches für die damalige Zeit interpretiert werden darf. In der gleichen Zeitepoche lebend wie die Athenerin, lassen sich bei ihr jedoch kaum Unterschiede in ihren sportlichen Übungsprogrammen zu den Männern feststellen.

Da ihre Gesundheit eine wesentliche Voraussetzung bildete, um auch kräftigen Kindern das Leben zu schenken, wurden sie in die sportlichen Unterweisungen wie selbstverständlich integriert. Eine weitere wichtige Ursache für ihre sportliche Betätigung liegt darüberhinaus in dem Umstand begründet, auch in Abwesenheit des Mannes, bei kriegerischen Auseinandersetzungen die Oberhand zu behalten. Verglichen mit anderen Volksgruppen, kommt es bei der Spartanerin zu einer Aufwertung ihres Körpers, dem eine nicht zu übersehende hohe soziale Bedeutung zukommt. Die Stärkung der weiblichen Kraft wird angestrebt und zeigt sich in der Ausübung von Kraftdisziplinen wie Ringen, Diskus- und Gerwerfen. Allerdings lassen sich ihre sportlichen Handlungsmuster nicht als einseitige, ausschließlich als kraftbetonte Übungen interpretieren. Darüberhinaus werden die Spartanerinnen auch mit weiblichen und ”anmutigen” Bewegungsformen, die im sogenannten Reigentanz zum Ausdruck kommen, in Verbindung gebracht, die anlässlich von Nationalfesten zur Aufführung kamen. Überhaupt scheinen die sportlichen Betätigungen der Spartanerin im engen Zusammenhang zu ihrer außergewöhnlichen Stellung in der Gesellschaft zu stehen. Das Recht selbst Vermögen zu besitzen, zu verwalten oder zu erben, dürfen als Anzeichen gewertet werden, Frauen und Männern als nahezu Ebenbürtige in der Gesellschaft zu betrachten. Die Integration der Frauen in die üblicherweise männliche ”Sportwelt” findet dabei ihr Pendent in einer nahezu gleichberechtigten gesellschaftlichen Stellung und lässt sportliche Handlungen im Leben der Spartanerin zu einer Schlüsselrolle werden.

Römerinnen: sportliche Betätigung als Zeitvertreib

Über die römische Zeit gibt es nur einige wenige Beschreibungen, die uns etwas über weibliche Sportbetätigung mitteilen. Die Leibesübungen werden überwiegend als ”männliche” Spielerei und die Gymnasien als Stätten des ”männlichen Müßiggangs” beschrieben, wobei sich die griechische Athletik zunehmend zu einem reinen Zuschauerereignis entwickelte, an der beide Geschlechter mit großer Freude partizipierten. Die vereinzelten Leibesübungen der Frauen reduzieren sich dabei auf Übungen mit Bällen oder Reifen, die man sich in den römischen Thermen gegenseitig zuwarf und einer ”Verherrlichung” und ”Gesunderhaltung” des eigenen Körpers dienen sollten. Eine sportliche Betätigung galt somit weniger einer Wehrertüchtigung als vielmehr der Selbstdarstellung und des Zeitvertreibs. Das luxuriöse Leben in den Thermen und der übertriebene Kult um den Körper wurden im später einsetzenden christlichen Zeitalter heftig kritisiert, was zur Folge hatte, dass die Leibesübungen nicht nur der Frauen eine zunehmend untergeordnete Rolle spielten.

Germaninnen: Training um des Überlebens willen

Römische Literaturquellen geben uns Auskunft über die sportlichen Betätigungen der Germanen. Sowohl bei dem Mann als auch bei der Frau bedingten ihre Lebensgewohnheiten eine entsprechende sportliche Körperbildung. In ständiger körperlicher Auseinandersetzung mit der Natur wurde von Frauen und Männern gleichermaßen ein trainierter Körper gefordert. Ähnlich wie bei den Griechen diente die sportliche Betätigung einer Stärkung des Körpers, um im Kampf mit der Natur und dem Gegner zu überleben.

Teil 2: Mittelalter und Spätmittelalter
Teil 3: vom 17. Jahrhundert bis zum 20. Jahrhundert

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