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Anna Skryleva

Foto: Thomas Leidig / Staatstheater Darmstadt

Dirigentin am Pult

Michaela Kirsch sprach mit Anna Skryleva, der neuen Kapellmeisterin am Staatstheater Darmstadt

Wieviel Einfluss haben Sie als stellvertretende Generalmusikdirektorin auf den Theaterspielplan in Darmstadt?

Hier in Darmstadt ist der Spielplan fürs Musiktheater und die Konzerte inhaltlich für die nächste Zeit festgelegt, das ist Sache des GMD. Bei der Planung des Neujahrskonzerts aber konnte ich meine Ideen mit einbringen, bei meiner letzten Anstellung in Flensburg beispielsweise habe ich die Sinfoniekonzerte selbst gestaltet.

Warum werden so wenige Werke von Frauen in den Theatern und Konzertsälen aufgeführt?

Das hängt sicherlich damit zusammen, dass Frauen bis in die 1970er Jahre von der Gunst ihrer Männer abhängig waren, die ihnen die Erlaubnis zum Arbeiten erteilen mussten. Lange gab es auch noch viele Orchester, in denen ausschließlich Männer musizierten. Erst langsam setzt sich auch die Weiblichkeit in der Theater- und Konzertszene durch. Und es gibt immer mehr Frauen im Musikbusiness, die beispielsweise auch publizieren. An der Förderung meiner Laufbahn zur Dirigentin waren übrigens immer Frauen beteiligt, wie beispielsweise Julia Jones oder Simone Young, unter der ich fünf Jahre lang an der Hamburgischen Staatsoper als musikalische Assistentin engagiert war.

Dirigieren Frauen anders als ihre männlichen Kollegen?

Nein, dirigieren ist keinesfalls geschlechtsspezifisch! Die Musik selbst gibt vor, wie sie auszuführen ist. Meines Erachtens ist beim Dirigieren die Körpersprache ganz wesentlich und die eigenen Empfindungen zur Komposition. Ich persönlich recherchiere zunächst über das entsprechende Stück, seine Entstehungsweise und -umstände und über den jeweiligen Komponisten oder die Komponistin. Auf diesem Hintergrund entstehen Bilder und klare Vorstellungen zur Umsetzung des Notenbildes, zu den Klangfarben und zur Rhythmik. Mit dieser visuellen Arbeit kann man auch mit dem Orchester ganz intensiv arbeiten. So konnte ich beispielsweise während meiner Zeit in Hamburg bei dem umfangreichen musikalischen Repertoire allen, also Orchester und Publikum, gerecht werden. Und so kann ich mich auch weiterentwickeln und neuen Herausforderungen stellen.

Ihnen liegen besonders junge Menschen am Herzen, die leider nicht so oft bei klassischen Aufführungen zu sehen sind. Wie wollen sie gerade die junge Generation zu Theater- und Konzertbesuchen motivieren?

Wir können heute sicherlich nicht erwarten, dass die junge Generation freiwillig ins Theater oder gar in einen Konzertsaal geht und dort zwei oder drei Stunden ruhig sitzt und zuhört. Wir müssen vielmehr die jungen Leute in ihrem Umfeld besuchen und abholen, wie beispielsweise in Schulen gehen, sie persönlich kennenlernen und Ideen austauschen. Ich habe schon einige Ideen, will aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu viel verraten.

Sie sind verheiratet und haben eine Tochter. Wie managen Sie Beruf und Familie, wer hilft Ihnen?

Das Wichtigste ist die Selbstdisziplin, ohne solche ist dieses Pensum nicht zu schaffen, ein genauer Zeitstrukturplan und eine umfangreiche Organisation, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Hier helfen natürlich auch Kindermädchen und Haushaltshilfen. Trotz aller Arbeit muss ich aber unbedingt in Harmonie mit mir selbst bleiben, mir selbst treu bleiben, ja Frau bleiben können. Familienleben ist genau so wichtig, wir machen vieles als Familie gemeinsam.

Ihr erstes Sinfoniekonzert Anfang November wurde in der Presse als "glänzendes Debüt" bezeichnet, als ein "furioser Start". Was sind ihre nächsten Projekte?

Neben dem Neujahrskonzert beginnen wir aktuell (das war im November, die Red.) mit den Proben zur Oper "Othello" von Giuseppe Verdi, das wird eine komplette Neuproduktion mit der Premiere am 15. März. Auf diese Arbeit freue ich mich ganz besonders.

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