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Stefanie bei der Abholung der Brötchen im Backstübchen.

Stefanie gibt die geretteten Brötchen weiter.

Fotos: Marie Tolkemit

Essen verschenken statt es wegzuwerfen

Wie in Darmstadt Lebensmittel über "foodsharing"
geteilt werden

Lebensmittel sind wertvoll und sollten nicht verschwendet werden. Dennoch landen in Deutschland jährlich 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll - im Durchschnitt sind das 82 Kilo Lebensmittel im Jahr mit einem Warenwert von 235 Euro! Eine Internet-Plattform, auf der Privatpersonen, Händler und Produzenten kostenfrei ihre überschüssigen Lebensmittel anbieten können anstatt sie wegzuwerfen, ist foodsharing.de Diese Seite wurde bisher von fast 30.000 Personen genutzt, um Lebensmittel anzubieten oder bei anderen abzuholen.

Da sich foodsharing nicht nur an Privatpersonen richtet, engagieren sich bundesweit freiwillige Helfer, sogenannte "foodsharing- Botschafter" und "Foodsaver" (Essensretter). Sie bauen Kooperationen zum Einzelhandel auf, um dort Lebensmittel abzuholen, die sonst im Müll landen würden. Der Berliner Essensretter Raphael Fellmer baute als Erster eine Kooperation mit einer großen Bio-Supermarktkette auf. Bei den Berliner Filialen des Bio-Supermarkts holen nun regelmäßig offizielle Foodsaver Lebensmittel ab und verteilen sie. Nach dem Vorbild Fellmers organisieren sich mittlerweile in 230 deutschen Städten Ehrenamtliche von foodsharing, um Kooperationen mit dem Einzelhandel aufzubauen und überschüssige Lebensmittel zu verteilen. So gibt es auch in Darmstadt eine Gruppe engagierter Essensretter. Sie möchten Menschen anregen, verantwortungsvoller mit Lebensmitteln umzugehen, diese nicht unbedacht zu kaufen und dann leichtfertig wegzuwerfen. Um mehr über Foodsharing zu erfahren, traf ich mich mit den Mitgliedern der Darmstädter Gruppe, die derzeit aus zehn Personen besteht. Die ehrenamtlichen Mitglieder haben sich im Juli 2013 zusammengefunden und konnten in dieser kurzen Zeit bereits drei Kooperationspartner in Darmstadt gewinnen: Zwei Bäckereien sowie ein konventioneller Supermarkt geben ihre überschüssigen Lebensmittel nach Ladenschluss an die Darmstädter Essensretter ab. Bei den Kooperationen wird darauf geachtet, dass die Nahrungsmittel zu festen Zeiten zuverlässig abgeholt werden.

Die Darmstädter foodsharing-Gruppe arbeitet derzeit daran, Kooperationen mit weiteren Lebensmittelmärkten aufzubauen. Leider stößt dieses Konzept bei ökologisch orientierten Supermarktketten bislang eher auf Ablehnung. Dies wird häufig mit einer bestehenden Kooperation mit der Darmstädter Tafel begründet, obwohl foodsharing nach Aussagen der Gruppe nicht in Konkurrenz zur Tafel stehe. Denn die Gruppe holt nur die Lebensmittel ab, die die Tafel nicht abholen darf, etwa weil die angegebene Haltbarkeit bereits abgelaufen ist. Oder auch Obst und Gemüse, das sich in einem schlechten Zustand befindet, jedoch bei schneller Weitergabe noch gut verwertbar ist. Somit arbeitet foodsharing eher als Ergänzung zur Tafel und schließt den Kreis der Lebensmittelverwertung.

Einer der Kooperationspartner der Darmstädter foodsharing-Gruppe ist "Das Backstübchen" im Darmstädter Martinsviertel, das von Azadeh Majdazari und ihrem Team betrieben wird. Die Inhaberin kann es nicht mit ansehen, dass die von ihrem Konditor morgens frisch zubereiteten Brötchen und Teilchen am Abend im Müll landen. Um dem entgegenzuwirken, hörte sie sich nach Alternativen um und erfuhr von der Darmstädter foodsharing-Gruppe. Nun gibt sie jeden Tag ihre übrig gebliebenen Backwaren an die Darmstädter Essensretter ab.

Um mir ein Bild über den Ablauf machen zu können, habe ich Stefanie, offizielle Foodsaver-Frau, begleitet. Nach Ladenschluss holten wir vier Tüten mit Laugenstangen, süßen Teilchen sowie belegten und unbelegten Brötchen im Backstübchen ab. Die "geretteten" Lebensmittel fotografierte Stefanie noch in der Bäckerei und stellte sie in die Facebookgruppe foodsharing darmstadt ein, mit dem Hinweis, dass die Brötchen heute bis 19 Uhr bei ihr abgeholt werden können. Als wir um halb sieben bei Stefanie zu Hause ankamen, warteten bereits zwei Interessenten vor der Tür auf uns. In Stefanies Küche angekommen, packten wir alles aus, und die beiden bedienten sich. Bis 19 Uhr kamen insgesamt sieben Personen, um Brötchen abzuholen - es wurden schließlich alle Brötchen verteilt und nichts weggeworfen. Nicht nur der Ausbau von Kooperationen mit Supermärkten ist den Essensrettern in Darmstadt wichtig. Langfristig sind Projekte wie gekühlte Tauschschränke für Lebensmittel geplant. Um dies zu realisieren, wird derzeit nach passenden Plätzen und Kooperationspartnern gesucht.

Wer jetzt selbst Lust bekommen hat Lebensmittel zu teilen, kann dies entweder über die offizielle Homepage foodsharing. de oder über die Facebookgruppe foodsharing Darmstadt tun. Zudem sucht die Darmstädter Gruppe immer neue Mitglieder. Kontakt: foodsharingdarmstadt@ gmx.de

Marie Tolkemit

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