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Birgitt Santowsky leitet das Alice Restaurant in Darmstadt. Foto: Stiftung Alice- Hospital

Slow Food

Utopie oder Alternative zu Lebensmitteln aus dem Supermarkt?

1986 in Italien von Carlo Petrini zur Erhaltung einer gehobenen Esskultur gegründet, verfolgte der Verein Slow Food das Ziel, sich nicht nur für gutes Essen und ein langsameres, entschleunigtes Lebenstempo einzusetzen, sondern auch die Schaffung der dafür erforderlichen Voraussetzungen zu unterstützen. Genuss am Essen, so die Maßgabe des Vereins, könne sich nur einstellen, wenn die Lebensmittel einer nicht-industriellen Landwirtschaft entstammen, von Fachkräften hergestellt werden und aus einer gesunden Umwelt kommen. Soweit die ursprüngliche Idee, der sich jeder Mensch bedingungslos anschließen kann ohne ernsthaft daran zu glauben, dass diese Vorstellungen angesichts weltweit agierender Lebensmittelhersteller für alle Menschen realisierbar sind.

Mittlerweile ist Slow Food eine international vernetzte Non-Profit-Organisation mit etwa 100.000 Mitgliedern weltweit, in mindestens sieben Ländern vertreten und in etwa 1.500 lokalen Gruppen organisiert. Kleinere, in Netzwerken organisierte Landwirtschaften, die Lebensmittel von hoher Qualität nachhaltig herstellen, dienen als praktikable Alternative zu industriellen Nahrungsmittelproduktionsstätten. Weder die Natur, noch die Tiere oder die Menschen sollen durch die Herstellungsweise von Nahrungsmitteln geschädigt werden. Dieser Schutz gilt auch für die kommenden Generationen. Selbstverständlich sollen Hersteller/ innen und Händler/innen für ihre Arbeit fair bezahlt werden, um ihnen ein auskömmliches Leben zu sichern. Die Formel, Lebensmittel "gut, sauber, fair" herzustellen, verbindet Fragen der Ernährung nicht nur mit den Modalitäten von Produktion und Vertrieb, sondern stellt die scheinbar unumgängliche industrielle Lebensmittelproduktion in Frage. Die Zusammenschlüsse von Produzentinnen und Produzenten, von Vermarktern und Konsumentinnen in Netzwerken machen deutlich, dass gut organisierte Verbraucher/innen eine Marktmacht besitzen, die sie nutzen können, um scheinbar fest gefügte Strukturen allmählich zu verändern. Damit befindet sich Slow Food inmitten einer zentralen gesellschaftspolitischen Diskussion über Ernährung.

Preiswert testen im Alice Restaurant

Wer ausprobieren möchte, wie Slow Food schmeckt und worin der qualitative Unterschied zu herkömmlich zubereiteten Speisen mit Lebensmitteln aus dem Supermarkt besteht, kann dies in Darmstadt im Alice Restaurant tun. Es befindet sich im ansprechend gestalteten Erdgeschoss des Alice Hospitals in der Dieburger Straße 31 und ist täglich von 7 bis 18 Uhr geöffnet. Mittagessen gibt es täglich zwischen 11 und 14 Uhr. Birgitt Santowsky leitet seit 2006 das Alice Restaurant und berichtet, dass die verarbeiteten Lebensmittel alle aus speziell ausgesuchten Landwirtschaftsbetrieben der näheren Umgebung stammen, nicht selten führen diese Höfe ein Bio-Siegel. "Als erstes Krankenhaus in Deutschland", erläutert Santowsky weiter, "versorgt die Krankenhausküche alle Patientinnen und Patienten des Alice Hospitals mit Slow Food, unter dem Motto: ‘genesen und genießen’". Täglich kann zwischen mehreren Menüs gewählt werden, eine Diätassistentin steht bereit, um Ernährungsfehler während der Rekonvaleszenz zu vermeiden und Hinweise auf die richtige Ernährungsweise nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zu geben.

Da ich selbst schon Patientin im Alice Hospital war, kann ich bestätigen, dass dieses unterstützende Angebot nicht nur auf dem Papier existiert, sondern dort täglich angeboten und gelebt wird. Wer sich zu Hause nicht mehr oder vorübergehend nicht selbst versorgen kann, hat die Möglichkeit, über das Deutsche Rote Kreuz Slow Food aus der Küche des Alice Restaurants als "Essen auf Rädern" geliefert zu bekommen. Weitere Informationen zu den Grundsätzen von Slow Food unter www.slowfood.de.

Ulrike Funk

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