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MATHILDE

Filmrezension

Die jüngste Tochter

Im Jahr 1998 entstand der viel beachtete Film »Die Töchter der sieben Hütten« über das matriarchale Volk der Khasi*. Vor kurzem hatte ein zweiter Film über diesen in den Bergen Ostindiens lebenden Clan Premiere in Frankfurt.

In matriarchalen Clans vererbt sich das Sippeneigentum matrilinear von der Mutter auf die Töchter. Die jüngste Tochter, die »Khadduh« übernimmt nach dem Tod der Mutter materiell und spirituell die Verantwortung für die Sippe.

In dem ersten Film war die jüngste Tochter, Kamtilin, noch ein Kind. Sie wurde schon damals auf ihre spätere Aufgabe vorbereitet. Inzwischen hat sie die für sie vorgesehene Verantwortung übernommen. Mit Ehemann und kleinem Sohn lebt sie im Anwesen des Clans der Massar. Eine Khasi bleibt auch nach einer Eheschließung innerhalb der mütterlichen Sippe, wo sie Besitzrechte genießt.

Für matriarchale Clans spielt die Verehrung der Ahninnen und Ahnen eine große Rolle. Sie sehen die Schöpfung und den Kosmos als weiblich göttlich und behandeln Mutter Erde mit großem Respekt. Zunehmend geraten diese egalitären Strukturen, in denen Frauen hohen Respekt genießen, durch die patriarchale Umwelt in Bedrängnis. Die katholische Kirche missioniert ungeniert, auf dem seit Urzeiten der Göttin geweihten heiligen Berg werden christliche Gottesdienste abgehalten. Längst hat auch die Technik mit Telefon, Fernsehen und Auto in diese abgelegene Region Indiens Einzug gehalten.

Der Film zeigt den Besitz der Sippe, die Häuser, die Reisfelder und den Wald. Wir lernen die älteren Schwestern Kamtilins kennen. Eine der Schwestern lebt mit deutschem Mann und einer kleinen Tochter in Leipzig und wird so bald als möglich mit ihrer Familie wieder nachhause kommen. Deutlich wird, wie vielfältig die Aufgaben von Kamtilin sind. Nicht nur muss sie den Besitz verwalten und für die Sippe planen und einkaufen, auch familiäre Probleme müssen gelöst werden: Die älteste Schwester hat eine problematische Beziehung mit einem Christen, ihr Restaurant läuft nicht gut und eine der Nichten Kamtilins schwänzt die Schule und besucht die neu eröffnete Disco ... Im Film wird erzählt, wie Kamtilin sich dafür einsetzt, die Großfamilie zusammen zu halten und das matriarchale Bewusstsein zu bewahren. Sie stellt sich all diesen Herausforderungen, manchmal mit Unterstützung ihrer ältesten Schwester und immer im Gedenken an ihre verstorbenen Ahninnen, ihre Mutter und die von allen verehrte Großmutter, von der sie alle abstammen.

Trotz vielfältiger Probleme halten die Khasi an ihrer alten Kultur fest. Besonders deutlich wird dies an einem wunderbaren traditionellen Fest, das am Ende des Films gezeigt wird.

Barbara Obermüller

Die Tochter - eine Clansaga aus dem Matriarchat der Khasi
von Uschi Madeiski und Daniela Parr.
24.00 € plus Porto, Dokumentarfilm, 54 Min.,
Tomult & Töchter Frankfurt, Tel. 069 95 507 031, E-Mail: madeisky@tomult.de
Erhältlich auch im Göttert Verlag Rüsselsheim ISBN 978-3-939623-30-4.

(* Bericht über die Khasi und den Film »Die Töchter der sieben Hütten« in MATHILDE Nr. 84, Sept./Okt. 2006)

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