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Foto: Sabine Möhle

Nein heißt Nein!

Gegen Sexismus an Hochschulen und Universitäten

Obwohl der während der Frauenbewegung postulierte "Krieg der Geschlechter" einem scheinbar friedlichen Miteinander gewichen ist, brodelt es unter der Oberfläche. Vor allem, wenn Frauen sich mit Kritik oder guten Leistungen in Männerdomänen einbringen, wenn sie männliche Spielregeln oder männliche Definitionsmacht bedrohen, wird es für sie gefährlich. Davon können junge Politikerinnen auch in Deutschland ein Lied singen, wenn sie per Facebook wüst beschimpft oder ihnen angedroht wird, demnächst "richtig durchgefickt" zu werden. Ein besonders krasser Fall ist die kanadische Medienkritikerin Anita Sarkeesian, die sich gegen den immensen sexualisierten Frauenhass in Computerspielen und Videos wendet (siehe YouTube Videos) und inzwischen ihres Lebens nicht mehr sicher ist. Sie sieht in diesen Abwehrschlachten einen sehr schmerzhaften kulturellen Wandel, der aber nicht aufzuhalten ist, denn Frauen werden sich nicht mehr zurückdrängen lassen. So fordert die Anwesenheit von Frauen an Hochschulen offenbar auch heute noch manche Männer dazu heraus, Frauen sexuell zu unterwerfen, um Dominanz zu demonstrieren. Aus USA wurde im Herbst 2014 über eine Welle von Vergewaltigungen von Studentinnen an den Hochschulen berichtet. Es liefen Untersuchungsverfahren gegen rund 80 Universitäten, darunter auch Elitehochschulen wie Harvard und Princeton. Schlagzeilen machten Berichte von Studentinnen über die ihnen angetane Gewalt und die Ignoranz der Universitätsleitung. Nach einer Statistik ist jede fünfte Studentin an US-Hochschulen betroffen. Viele junge Frauen gingen mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Der Protest zeigte Wirkung: Kalifornien brachte als erster US-Staat das Gesetz "SB 967", bekannt auch als "Yes means Yes-Gesetz" in das Parlament ein. Mit diesem Gesetz wird "affirmative consent" verlangt, also eine ausdrückliche Zustimmung für eine sexuelle Begegnung. Sexuelle Belästigungen an europäischen Unis Auch in Hochschulen in Deutschland und anderen Ländern Europas werden Frauen sexuell belästigt, das ergab eine europaweite Studie aus den Jahren 2009 bis 2011. 21.516 Studentinnen in Deutschland, Italien, Spanien, Polen und Großbritannien nahmen an der von der EU-Kommission geförderten Studie "Gender-Based Violence, Stalking and Fear of Crime" teil und beantworteten anonym einen Fragebogen (www.gendercrime. eu). An sechzehn deutschen Hochschulen wurden 12.663 Studentinnen befragt. Die Analyse der Antworten erbrachte das Ergebnis, dass 81 Prozent – vor allem junge Frauen – schon einmal sexuell belästigt worden waren. In den meisten Fällen war ein Kommilitone der Täter, aber es gab auch sexuelle Übergriffe von Professoren oder Angestellten. Fazit der Untersuchung war, dass Studentinnen sehr selten sexuelle Übergriffe zur Anzeige brachten, vor allem bei Übergriffen durch Professoren oder Dozenten, weil sie entweder nicht an den Erfolg einer Beschwerde glaubten oder massive Nachteile befürchteten. Einige junge Frauen entwickelten eher Vermeidungsstrategien, indem sie gewisse Lehrveranstaltungen nicht besuchten, was zu Leistungsverschlechterung oder Verzögerung des Studiums führte. Abhilfe schaffen will der Deutsche Juristinnenbund. Er legte im Sommer 2014 einen Diskussionsentwurf zur Reform der "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" (§§ 174 ff. des Strafgesetzbuches) vor. Dieser stellt entgegen dem jetzigen Recht auch bloße nicht-einverständliche sexuelle Handlungen unter Strafe, wie es Art. 36 "der Europarats-Konvention gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt" verlangt, der von der Bundesrepublik Deutschland noch umgesetzt werden muss. Damit besteht eine Strafbarkeit auch dann, wenn sich das Opfer aus Angst oder Überraschung nicht körperlich wehrt, sondern lediglich "Nein!" sagt.

Text: Barbara Obermüller

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