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Mileva Maric

Mileva Maric

 

Nettie Stevens

Nettie Stevens

 

Wu Chien-Shiung

Wu Chien-Shiung

 

Lise Meitner (1878-1968), lecturing at Catholic University, Washington, D.C., 1946

Lise Meitner

Frauen im Schatten von Nobelpreisträgern

Insbesondere Naturwissenschaftlerinnen fanden nur schwer die verdiente Wertschätzung

Im Frühjahr 2013 veröffentlichte das amerikanische Magazin National Geographic eine Reportage über den Wissenschaftler Francis Crick, der 1962 zusammen mit zwei Kollegen den Nobelpreis für die Entdeckung der DNA erhalten hatte. Mehrere LeserInnen beschwerten sich darüber, dass in dem Beitrag der Name von Rosalind Franklin, einer britischen Wissenschaftlerin, fehle. Sie hatte bei der Forschung über die DNA eine wichtige Rolle gespielt, aber nicht die verdiente Anerkennung erhalten. In der Folge berichtete das National Geographic Magazine über den Werdegang von sechs Wissenschaftlerinnen, die bahnbrechende Arbeit geleistet, aber nicht den Nobelpreis bekommen hatten.

Rosalind Franklin (1920-1958), geboren in London, studierte physikalische Chemie in Cambridge. Ihre Forschungsergebnisse trugen wesentlich zur Aufklärung der Doppelhelixstruktur der DNA bei. Dabei waren ihre Röntgendaten der Schlüssel zur Entdeckung der DNA-Struktur. Wie heute bekannt ist, hatten ihre Kollegen sich ohne ihr Wissen Zugang zu diesen Daten verschafft und damit ihre eigene Forschung zum Erfolg geführt. Als ihre Kollegen Watson, Crick und Wilkins 1962 den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung der DNA-Struktur erhielten, war Rosalind Franklin nicht mehr am Leben. Der Nobelpreis wird nicht posthum verliehen, aber auch in der Nobelpreis- Rede ihrer Kollegen wurde ihr Beitrag nicht angemessen gewürdigt.

Jocelyn Bell Burnell, geboren 1943 in Belfast, Nordirland, ist eine britische Astrophysikerin. 1967 entdeckte sie als erste die Pulsare, rotierende Neutronensterne, die Radiofrequenzimpulse aussenden und wahrscheinlich Relikte von Supernova-Ausbrüchen sind. Sie wurde bei der Vergabe des Nobelpreises für Physik 1974 an Anthony Hewish und Martin Ryle nicht berücksichtigt. In der Folge wurde das Nobelkomitee heftig kritisiert, da Jocelyn Bell, die die eigentliche Entdeckerin war und in der Originalveröffentlichung der Entdeckung an zweiter Stelle nach Hewish genannt ist, leer ausging. Das Franklin-Institut in Philadelphia hingegen verlieh 1973 die Albert-A.-Michelsen- Medaille an Hewish und Bell Burnell "für gleiche Anstrengungen".

Esther Lederberg (1922-2006), geboren in New York, war eine Molekularbiologin, die zusammen mit ihrem Mann Josua Lederberg 1951 nachweisen konnte, dass Bakteriophagen (Teile eines Bakteriengenoms) auf ein anderes Bakterium übertragen werden können, und sie entwickelte eine Methode zur Übertragung einer Bakterienkolonie von einer Petrischale in eine weitere. Dadurch konnte nachgewiesen werden, dass und wie Bakterien Teile ihres Erbguts untereinander austauschen, was sie schnell resistent werden lässt gegen Antibiotika. Die so genannte Lederberg-Methode wird heute noch angewendet. 1958 erhielten ihr Mann und zwei weitere amerikanische Wissenschaftler den Nobelpreis für Medizin, sie selbst ging leer aus.

Chien-Shiung Wu (1912-1997) wurde in der Nähe von Shanghai geboren und studierte an der Universität Nanking. Mit 23 Jahren wechselte sie an die Universität von Berkeley/USA wo sie 1940 promovierte. Ab 1943 forschte und lehrte "Miss Wu", wie sie auch nach ihrer Eheschließung genannt wurde, an der Columbia Universität in New York. 1957 gelang ihr in dem nach ihr benannten Wu-Experiment unter der Mitarbeit der Physiker Lee und Yang der experimentelle Nachweis, dass im subatomaren Bereich bestimmte Prozesse bei räumlicher Spiegelung nicht identisch verlaufen und revolutionierte damit ein physikalisches Gesetz, das seit 30 Jahren gegolten hatte. Für ihre Theorie bekamen Lee und Yang 1957 den Nobelpreis für Physik, Chien-Shiung Wu und die vier Forscher aus ihrem Team wurden nicht gewürdigt.

Nettie Stevens (1861-1912), geboren in Vermont/USA, arbeitete als Lehrerin und Bibliothekarin und schrieb sich erst 1896, mit 35 Jahren, in Stanford ein. Sie forschte über die chromosomale Geschlechtsbestimmung und bemerkte als erste, dass weibliche Individuen der Fruchtfliege Drosophila zwei große Geschlechtschromosomen aufweisen. 1905 veröffentlichte sie eine Abhandlung, in der sie die X- und Y-Chromosomen markierte und die These aufstellte, dass die Chromosomenkombination der bestimmende Faktor für das Geschlecht eines Menschen sind. Nettie Stevens hat demnach einen entscheidenden Beitrag zur Chromosomentheorie der Vererbung geleistet und ist eine Pionierin der klassischen Genetik. Die meisten biologischen Lehrbücher schreiben die erste Lokalisierung von Genen bei der Fruchtfliege Drosophila melanogaster Thomas Hunt Morgan zu und übersehen dabei, dass Nettie Stevens es war, die diese Fliege in Morgans Labor gebracht und zum bevorzugten Forschungsobjekt gemacht hatte.

Lise Meitner (1878-1968) wurde in Wien geboren, promovierte an der dortigen Universität im Fach Physik und zog 1907 nach Berlin, wo sie über dreißig Jahre mit dem Chemiker Otto Hahn zusammenarbeitete. Als Jüdin musste Meitner 1938 aus Deutschland nach Schweden fliehen. Otto Hahn erzielte bei seinen Experimenten Resultate, die er nicht einordnen konnte und bat Meitner schriftlich um Unterstützung. Sie interpretierte die ihm unverständlichen Forschungsergebnisse korrekt als Kernspaltung. Hahn publizierte ihre Entdeckung ohne ihren Namen zu erwähnen. Da auch ein Forscher des Preiskomitees sie bewusst ausschloss, bekam Otto Hahn 1946 allein den Nobelpreis für Chemie. Lise Meitner kritisierte nach dem Krieg den fehlenden Widerstand ihrer Kollegen gegen die Naziherrschaft und die militärsche Nutzung der Kernkraft und kehrte nicht nach Deutschland zurück. Eine weitere Wissenschaftlerin gehört ebenfalls in die Reihe der Frauen, deren Leistungen übersehen worden sind. Es handelt sich um

Mileva Einstein-Maric (1875-1948), geboren im damaligen Ungarn, Albert Einsteins erste Frau. Sie war eine brillante Mathematikerin. Es ist nicht bekannt, wer wie viel beitrug zu den Arbeiten der Relativitätstheorie, die 1905 erschienen. Die Originalmanuskripte sollen von Albert Einstein zerstört worden sein. Das Ergebnis wurde jedenfalls unter dem Namen Albert Einstein veröffentlicht. Mileva Einstein-Maric war die Jahre während des Studiums und vor dem Erscheinen der Relativitätstheorie, ab ihrer Verheiratung am 6. Januar 1903, die wichtigste intellektuelle Bezugsperson für Albert Einstein. Er schätzte ihr Genie Er selbst sagte 1903: "Ich brauche meine Frau. Sie löst alle meine mathematischen Probleme." Sie hatten zwei Söhne. Seit 1912 führte Einstein einen Briefwechsel mit seiner späteren zweiten Frau Elsa. 1914 trennten sich Einstein und Mileva Maric. Die Ehe wurde 1919 geschieden. Mileva und ihre Söhne lebten in der Folge in bescheidenen Verhältnissen. Einstein erhielt 1922 den Nobelpreis für Physik, er trat die mit dem Preis verbundene Summe an sie ab. Mileva kümmerte sich um ihren kranken Sohn Eduard, dessen Behandlung teuer war, bis sie 1948 vereinsamt in Zürich starb.

Text: Barbara Obermüller

 

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