Frauenkarriere oft blockiert
Wird mit der Quote alles besser?
Erst ab 1977 durften Frauen in Deutschland
ohne Einverständnis ihres Mannes
erwerbstätig sein, seitdem hat sich
für berufstätige Frauen viel geändert. Die
gut bezahlten und einflussreichen Positionen
gehören allerdings immer noch zu
den Männerdomänen: Ingenieurswissenschaften,
Management, Politik und Forschung.
Drei amerikanische WirtschaftswissenschaftlerInnen
testeten in einer Anfang
März veröffentlichten Studie das
Einstellungsverhalten von Fachkräften in
Bezug auf die Diskriminierung von Frauen.
Sie führten ein Experiment durch, bei
dem ProbandInnen als GeschäftsführerInnen
Kandidaten auswählen sollten,
die sie für geeignet hielten, einige mathematische
Aufgaben zu erfüllen. Das
Ergebnis war, dass Frauen systematisch
benachteiligt wurden. Bei schriftlichen
Bewerbungen wurden Männer doppelt
so häufig eingestellt, wie die genauso
qualifizierten Bewerberinnen, obwohl
nur auf Basis der Erscheinung unterschieden
werden konnte.
Beim persönlichen Interview war das
Ergebnis genau das gleiche. Die Männer
priesen ihre Fähigkeiten an, während die
Frauen ihre eher unterbewerteten. Die
GeschäftsführerInnen wählten wieder
doppelt so häufig Männer, auch wenn sie
von diesem Umstand wussten (Quelle:
HBR Blog Network). Die Studie beweist,
dass wir noch lange nicht in einer gleichberechtigten
Gesellschaft leben und
dass es für Frauen gravierende Karrierehindernisse
gibt. Der Anteil der Studentinnen
von sogenannten MINT-Fächern
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft
und Technik) ist nach wie vor sehr
gering.
Doch wie sollen sich Frauen trauen in
"Männerberufe" einzusteigen, wenn ihnen
immer wieder kommuniziert wird
"Du bist nicht gut genug"? Die geplante
Frauenquote würde daran zumindest repräsentativ
etwas ändern. Im Koalitionsvertrag
von Schwarz-Rot ist vorgesehen:
"Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen
und börsennotierten Unternehmen,
die ab dem Jahr 2016 neu besetzt
werden, sollen eine Geschlechterquote
von mindestens 30 Prozent
aufweisen."(Koalitionsvertrag 2013, S.
102; Quelle: FiDAR)
Wohl gemerkt, hier ist nur von den
Aufsichtsräten die Rede, die Planung für
die Vorstände und Management-Ebenen
ist deutlich schwammiger formuliert. Die
Regierung will Unternehmen gesetzlich
dazu verpflichten, sich ab 2015 eigenständig
verbindliche Ziele bei der Erhöhung
der Zahl weiblicher Führungskräfte
zu setzen. Also geht es hier um eine zwar
verordnete, aber selbst festzulegende
Frauenquote, die wohl keine weltverändernden
Auswirkungen haben wird.
Gemischte Teams sind produktiver
Dabei würde es den Unternehmen
gerade wirtschaftlich viel bringen, generell
mehr Frauen in typischen "Männerberufen"
einzustellen. Es ist wissenschaftlich
erwiesen, dass gemischte
Teams produktiver sind als homogene.
Entscheidend ist die Vielfältigkeit des
Teams, die sich in unterschiedlichen
Sichtweisen einer Sache äußert.
Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten
der 200 größten Unternehmen in Deutschland
lag 2006 bei 7,8 %, im Laufe von 2013
ist er auf 15,1% gestiegen, was immer
noch nur die Hälfte der ab 2016 angestrebten
Quote ist. Die Verwirklichung dieser
Quote innerhalb der kommenden Legislaturperiode
bleibt also fraglich. Bei
den Vorständen sieht es schlechter aus.
2013 lag dort der Frauenanteil bei nur
4,4%, obwohl er sich seit 2006 von 1,2%
stark erhöht hat (Quelle: DIW).
Die Gegner einer gesetzlichen Frauenquote
argumentieren unter anderem
mit Familie, unternehmerischer Freiheit
und Diskriminierung von Männern. Diese
Argumente sind allerdings nicht
schwer zu entkräften. Gerade das letzte
Argument ist lachhaft. Männer werden in
Führungspositionen nicht diskriminiert,
wenn nur noch 70% der Stellen mit ihnen
besetzt werden, sondern sind immer
noch überrepräsentiert.
Die größte Angst bei der Frauenquote:
eine weniger kompetente Frau wird
ihrem kompetenteren Kollegen vorgezogen
um die Quote zu erfüllen. Das könnte
durchaus passieren. Genau so, wie es
im Moment tausendfach andersherum
passiert. Frauen machen schon seit mehreren
Jahren etwas mehr als die Hälfte
der Hochschulabschlüsse, bei Promotionen
und Führungspositionen sieht das
Verhältnis aber deutlich anders aus. Deswegen
liegt der Verdacht nahe, dass
Männer die Jobs innehaben, für die die
eine oder andere Frau besser geeignet
gewesen wäre.
Frauen-Potential im Kommen
Liberale argumentieren gerne mit der unternehmerischen
Freiheit gegen den gesetzlichen
Zwang einer Frauenquote. Unternehmer
müssten sich aussuchen können
wen sie einstellen. Einerseits richtig,
aber es sollte im Interesse eines Unternehmers
liegen, die besten Fachkräfte
einzustellen. Wegen des Fachkräftemangels
in Deutschland kann die Wirtschaft
nicht auf das Potential der Frauen verzichten,
ist auch die Meinung von Angelika
Gifford, Top-Managerin bei Hewlett-
Packard und "Managerin des Jahres" 2009.
Doch die Unternehmen tun es nicht. 2001
kam die unternehmerische Selbstverpflichtung
auf, die Zustände zu verbessern.
Seitdem hat sich wenig getan.
Immer mehr hochqualifizierte Frauen
kämpfen sich heutzutage dennoch
durch und machen Karriere, aber sie
müssen sich immer wieder fragen lassen,
warum eigentlich. Besonders wenn sie
Kinder haben. Die Familie leide darunter,
wenn beide Eltern Vollzeit arbeiten, wenden
Verfechter traditioneller Rollenbilder
ein. Kinder und Karriere, das geht nicht
zusammen, ist auch die landläufige Meinung.
Natürlich sollten Kinder nicht sich
selbst überlassen werden, das steht außer
Frage, und im Alltag die Balance zwischen
Familie und Beruf zu halten, setzt
einiges an Organisationstalent voraus.
Doch erstens leben wir in einer Zeit, in
der alternative Lebensmodelle ihre Daseinsberechtigung
haben, also kann
auch mal der Mann Hausmann sein oder
Teilzeit arbeiten, und zweitens verändern
sich die Anforderungen, die an Arbeitnehmer
gestellt werden schon seit
geraumer Zeit, also wieso sollten das
nicht auch die Anforderungen an die Arbeitgeber?
In der Leistungsgesellschaft sollen wir
flexibel, mobil und allzeit erreichbar sein,
da wäre es nur fair, wenn der Chef mal einen
firmeninternen Kindergarten einrichtet
oder wir auch von zu Hause aus arbeiten
können. Eine Quote für weibliche
Führungskräfte könnte einen Wandel in
den Unternehmensstrukturen zur Folge
haben, die beiden Geschlechtern zu Gute
kommt. Überzogen dargestellt, haben
weder die Frauen Lust, ihre berufliche
Selbstverwirklichung aufzugeben und
später dann von Altersarmut bedroht zu
sein, noch die Männer ihr Familienleben
für den Beruf zu opfern und nach Jahrzehnten
einen Burnout zu erleiden.
Als "Quotenfrau" bezeichnet zu werden,
suggeriert, dass frau ihren Posten
nicht wegen ihrer Kompetenz, sondern
per Gesetz bekommen hat und ist eigentlich
eine Beleidigung. "Quotenfrau"
zu sein, eröffnet aber bessere Möglichkeiten,
sein eigenes Karriereziel und ein
ausgeglichenes Geschlechterverhältnis
in der Wirtschaft zu erreichen. Es ist ein
unschöner Begriff, der eine kleine Station
auf dem Weg zum größeren Ziel Gleichberechtigung
markiert. Dass sich ohne
die Frauenquote in dieser Richtung nicht
viel ändern wird in den nächsten Jahren,
ist eine Tatsache. Ob sich mit der Quote
etwas ändert, bleibt abzuwarten, und bis
dahin müssen wir sie wohl als eine lästige
Notwendigkeit sehen.
Text: Ariane Greine
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