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Die Stundenlöhne in Bangladesch liegen bei 17 Cent – noch deutlich unter jenen der anderen großen Textilexporteure wie Kambodscha (25 Cent), Vietnam (29 Cent), Indien (39 Cent), China (ca. 1 Euro) und der Türkei (1,86 Euro). (Nachrichtenagentur Bloomberg).

Zum Teufel mit der Mode

Textilproduktion in Zeiten der Globalisierung

Im April dieses Jahres geschah wieder ein schweres Unglück in einer der vielen Kleiderfabriken in Bangladesch. Ein mehrstöckiges Fabrikgebäude stürzte komplett ein und begrub etwa 3500 ArbeiterInnen unter sich, 1129 Menschen starben, viele erlitten schwere Behinderungen. Mehrere Fabriken befanden sich in den Obergeschossen eines illegal aufgestockten Gebäudes, die Statik war vermutlich nie geprüft worden. Die Unternehmer hatten Aufträge von europäischen Textilfirmen, ihr Geld reichte bisher nicht für neue, sicher gebaute Fabriken. Für viele Frauen in Bangladesch bietet die Textilindustrie die einzige Möglichkeit, ihre Existenz zu sichern, 80 Prozent der Arbeiterschaft sind weiblich. Sie vermissen Kündigungsschutz und andere soziale Leistungen. Mit der Erfindung des Internets, das weltweite Kommunikation zeitnah und kostengünstig ermöglicht, konnten Firmen problemlos von einheimischer Produktion ausweichen auf weit billigere Arbeitskräfte in anderen Ländern wie China (ein Drittel der Textilimporte in Europa stammen aus China), und die umliegenden asiatischen Länder. Kambodscha, Vietnam und vor allem Bangladesch gewinnen wegen der geringen Stundenlöhne weiter an Bedeutung. (s. Kasten)

Von der Baumwolle zum T-Shirt

Der beliebte Rohstoff Baumwolle wird zum großen Teil in Asien angebaut. Wenn es sich nicht um Bio-Baumwolle handelt, sind schon die Arbeitsbedingungen lebensgefährlich, ein Giftcocktail von Pestiziden und Herbiziden macht viele der Bauern krank, wie Greenpeace am Beispiel des Flusses Citarum in West-Java in Indonesien dokumentiert. In der internationalen "Detox"-Kampagne von Greenpeace werden Textilfirmen aufgefordert, auf Umweltgifte in der Kleidung zu verzichten und die Wasserverschmutzung zu beenden. Ein erster Schritt zur Verbesserung. Ist die Baumwolle verarbeitet, eingefärbt und veredelt, werden nach der neuesten Mode T-Shirts und Jeanshosen für die mitteleuropäischen Kids genäht. Die Modefirmen müssen in einem Vorlauf von acht Monaten die Modelle der nächsten Saison festlegen und Aufträge zur Fertigstellung erteilen. In den hiesigen Modeläden finden wir eine einheitliche Farbpalette und ähnliche Schnittmodelle in allen Kleidermarken. Die Farben passen nicht mehr zu denen der vorigen Saison, die Modelle auch nur bedingt. Hatten wir vor wenigen Jahren noch die kurzen bauchfreien Tops, so fielen die Hosen auf die Hüfte, und das erzwang eine Verlängerung der T-Shirts. Werden die Oberteile jetzt länger, passen keine Jacken mehr darüber. Auf diese Art müssen wir gleich die ganze Garderobe erneuern, damit alles zusammen passt. Und dabei sind die Stücke aus dem heimischen Kleiderschrank noch fast alle wie neu. Das ändert sich, wenn Teile der neuen Billigmarke Primark aus Irland gekauft werden. Der Stoff ist superdünn, die Nähte salopp und der Preis dabei so niedrig, dass nach dreimaligem Waschen das Teil in der Restmülltonne landet. Die Arbeiterinnen liefern für wenige Euro Nachschub an Kleidungsstücken, die sie selbst sich nicht leisten können.

Werteverfall im Modezyklus

So greifen Modekreationen, weltweit verteilte Billigproduktionen, krankmachende und gefährliche Arbeitsbedingungen und die Lust an wechselnder Kleidung ineinander. Wir erleben unsere Freude am modischen Outfit auf Kosten der Menschen, besonders der Frauen, in armen Ländern, die unseren Luxus ermöglichen. Es wäre unsere Aufgabe, Druck auf die Firmen auszuüben, die diese Bedingungen ausnutzen, und für sozialverträgliche Arbeitsplätze zu sorgen. Wir müssen bereit sein, mehr zu zahlen und weniger TShirts zu kaufen. Erst wenn die Lohnkosten auf unserer Erde gleich verteilt sind, Erwerbsarbeit menschenwürdig ist, kann Mode wieder Spaß machen. Kleidertauschbörsen, Second-Hand- Läden, Flohmärkte sind alternative Lösungen, wie auch der Kleiderflohmarkt im Frauenkulturzentrum in der Darmstädter Emilstraße, wo immer ein Schnäppchen zu haben ist.

Text: Gundula Pause

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