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Der ganz alltägliche Sexismus

Diskriminierung und Minderbewertung aufgrund des Geschlechts

Der Begriff Sexismus entstand in den 1960er Jahren im Zuge der amerikanischen Frauenbewegung analog zum Rassismus. So wie in der amerikanischen Politik des Antirassismus der Ausschluss von schwarzen Menschen aus gesellschaftlichen Räumen angeprangert wurde, konzentrierte sich die Kritik am Sexismus auf die Benachteiligung von Frauen. Wenn von Sexismus die Rede ist, denken viele Menschen ausschließlich an sexuelle Belästigung, an Anmache, an anzügliche Bemerkungen, so genannte Herrenwitze oder Zoten bis hin zu übergriffigen Berührungen. Ganz allgemein gilt Sexismus jedoch als negative Verhaltensweise gegenüber einer Person aufgrund ihres Geschlechts und kann sich gegen Frauen und Männer richten. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Jahrhunderte langen Unterdrückungsgeschichte sind Frauen aber weit mehr von der vielfachen sexistischen Diskriminierung betroffen als Männer. In seiner schlimmsten Ausprägung manifestiert sich Sexismus weltweit in einer frauenfeindlichen Zivilisation, in der Mädchen und Frauen durch Vergewaltigung, Klitorisbeschneidung oder sexuelle Ausbeutung zu Opfern gemacht werden. Sexismus macht sich überall breit, vor allem in Bereichen, wo nicht selten ein Machtgefälle besteht: im Berufsalltag, im Sport, in Institutionen wie Polizei und Bundeswehr, in der Politik, im Journalismus, bei Strafprozessen. Bestimmten Studien zufolge soll jede zweite Frau schon mindestens einmal am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden sein oder musste mindestens einmal in ihrem Job eine Benachteiligung hinnehmen. Auch der Sexismus in der Werbung ist allgegenwärtig. Um Sexismus handelt es sich auch, wenn Frauen für gleichwertige Arbeit durchschnittlich 23 Prozent weniger Gehalt erhalten oder wenn sie beruflich benachteiligt sind, weil sie Kinder bekommen könnten. Gleichzeitig muss aber auch von Sexismus gesprochen werden, wenn junge Väter von ihrem Vorgesetzten diskriminiert werden, weil sie ihren Kindern zuliebe in Teilzeit arbeiten wollen. Weit verbreitet ist auch der Sexismus durch die Sprache, wenn in Zeitungsartikeln oder anderen Texten nur männliche Bezeichnungen vorkommen und Frauen angeblich "mitgemeint" sind. In psychologischen Untersuchungen ist nachgewiesen worden, dass Sprache Bewusstsein prägt. Wenn beispielsweise in Schulbüchern Frauen und Männer nur innerhalb von sozial definierten, einengenden Geschlechtsrollen vorkommen, werden Kinder nicht auf möglichst egalitäre, sondern auf überholte gesellschaftliche Strukturen vorbereitet. Auch Spielzeug wie die Barbiepuppe zementiert ein traditionelles Frauenbild. Da unsere Gesellschaft einseitig von Heterosexualität als der einzigen "normalen" Sexualität geprägt ist, leiden auch homosexuelle Menschen und alle, die dem vorherrschenden Mann/Frau-Bild nicht entsprechen, unter sexistischer Diskriminierung. Nicht selten fallen Frauen auf vermeintliche Positivbewertungen herein, wenn die Idealisierung von Weiblichkeit der Anpassung an normative Geschlechtsmuster dienen soll. Es hört sich erst einmal angenehm oder wie ein Kompliment an, wenn gesagt wird: "Frauen sind feinfühliger, sie können sich viel besser um die Kinder kümmern", oder: "Frauen müssen von Männern umsorgt und beschützt werden". Bedenklich sind solche Aussagen, weil sie gar nicht sexistisch wirken, aber sehr subtil ein überholtes Frauenbild reproduzieren. Oft dienen solche Redensarten zur Rechtfertigung der fehlenden Gleichberechtigung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat im Februar 2013 eine Statistik vorgelegt, die die Formen sexueller Belästigung von der Anmache per Telefon und Mail über Nachpfeifen und Anstarren bis hin zu unpassenden sexuellen Angeboten prozentual nachweist. Durch einen hohen Frauenanteil in Organisationen oder Firmen wird Sexismus erfahrungsgemäß zurückgedrängt. So ist aus der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bekannt, dass der massiv erhöhte Frauenanteil bei der Polizei erkennbar zu anderen Verhaltensweisen geführt hat. Es ist wichtig, Sexismus offen anzuprangern und nicht verschämt zu schweigen. Dazu gehört Sensibilisierung und Aufklärung, auch an Schulen.

Text: Barbara Obermüller

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