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Prof. Dr. Michèle Knodt — Foto: privat

Europa ganz groß

Michèle Knodt ist Professorin für Politologie an der TU Darmstadt

Michèle Knodt residiert mit ihrem Büro im Schloss, das von der TU Darmstadt mitgenutzt wird. Und sie ist stolz darauf, eine der wenigen Professorinnen für Politikwissenschaft in Deutschland zu sein. Dazu noch eine sehr erfolgreiche. Wie ist ihr Weg auf diesen Lehrstuhl verlaufen?

Michèle Knodt, 1967 in Frankfurt/Main geboren, hat in Darmstadt an der (damals noch) Technischen Hochschule studiert. Vor allem bei Beate Kohler, die zu jener Zeit weit und breit die einzige Politologie-Professorin war. Bereits die Magisterarbeit von Knodt hatte 1992 ein europäisches Thema: Die Unterordnung der EG-Integration der DDR unter den deutschen Einigungsprozess. „Eigentlich wollte ich über den DDR-Beitritt zur EG schreiben. Doch dann wurden wir vom Einigungsprozess überrollt, und ich musste das Thema ändern“, erzählt Michèle Knodt. Sie hat das Magisterstudium mit Bravour, das heißt „mit Auszeichnung“ bestanden.

Schon während des Studiums hat sie nebenher als freiberufliche Journalistin gearbeitet. Denn eigentlich hat sie das Studium der Politikwissenschaft begonnen, um Journalismus als Beruf zu ergreifen. Doch dann kam die Entscheidung für die Uni, die Angebote waren wohl zu verlockend. Sie ergriff ein Angebot von Prof. Beate Kohler, die zur Uni Mannheim gewechselt war, an einem von ihr betreuten Graduiertenkolleg am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung teilzunehmen. Nach drei Jahren und drei Monaten konnte sie ihre Dissertation abgeben. „Damit lag ich sehr gut in der Zeit, denn in der Regel braucht man dafür in der Politikwissenschaft rund fünf Jahre“, kann Michèle Knodt berichten. Das Thema kreiste wieder um Europa – mit einem für Dissertationen durchaus üblichen langen Titel: „Regionales Regieren im europäischen Mehrebenensystem. Ein interpretativer Vergleich zwischen Baden-Württemberg und Niedersachsen“. Und nach der Prüfung konnte sie den Doktortitel mit „summa cum laude“, dem „höchsten Lob“, einheimsen. Damit nicht genug: Ihre Dissertation wurde noch im selben Jahr (1997) mit dem Klaus O. Fleck-Preis der IHK Rhein-Neckar „für herausragende Arbeiten junger Wissenschaftler zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ ausgezeichnet. „Das Geld, das es dafür gab, hat geholfen, die Dissertation zu publizieren“, erinnert sich Knodt.

Habilitation mit Kind

Wer an der Uni bleiben möchte, sollte sich habilitieren. Sie begann damit im Rahmen eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Thema „Die politischen Systeme Europas und ihre Integration“. Prof. Beate Kohler stellte sie als Assistentin ein, was ihre genügend finanzielle Sicherheit gab, an ihrer Habilitation zu arbeiten und dabei 2002 ihren Sohn zu Welt zu bringen. Nach drei Monaten Erziehungsurlaub hat sie weitergearbeitet und schon während der Habilitation angefangen, sich auf Professuren zu bewerben. „Es gab damals einige Stellen, die gut gepasst haben. Die erste war in Darmstadt, und hier hat es sofort geklappt“, freut sie sich noch im Nachhinein. Sie erhielt den Ruf an die TUD Ende 2006. Und einen Tag vor dem Stellenantritt hat sie ihren Habilitationsvortrag gehalten. Gutes Timing...

Dass Frauen generell unter den Professor/ innen an den deutschen Hochschulen noch immer stark unterdurchschnittlich vertreten sind, obwohl die Studentinnen bereits seit einiger Zeit mehr als die Hälfte der Studierenden ausmachen, kann sie bestätigen. Aber sie beobachtet auf Konferenzen „eine ganze Riege von guten Frauen“. Sie selbst stelle für ihre Projekte meist Frauen ein, „weil sie gut sind. Und ich bin sehr zufrieden mit meinen Mitarbeiterinnen.“

Europa ist weiterhin Schwerpunkt in ihrer Lehre und Forschung. Aber Michèle Knodt hält auch Standard-Vorlesungen über Deutschland und Systemvergleiche. Lateinamerika ist zu einem weiteren Schwerpunkt geworden, vielleicht inspiriert durch ihren Partner, einen kubanischen Musiker. „Es gibt eine Affinität zu Lateinamerika“, bestätigt sie.

Auch als Professorin erhielt sie im vergangenen Jahr einen Preis. Aufgrund ihrer Leistungen in Lehre und Forschung zur Europäischen Integration zeichnete die Europäische Kommission Prof. Dr. Michèle Knodt mit einem „Jean Monnet Lehrstuhl“ aus. Die prestigeträchtige Ehrung geht einher mit einer dreijährigen Förderung durch die EU, insgesamt werden 45.000 Euro für Mitarbeiter und Material gezahlt. Das klingt gut, doch für Knodt sind das vergleichsweise „Peanuts“.

Sie kann Sponsoren begeistern

Denn beim „Einwerben von Drittmitteln“, also von Geld von großen Stiftungen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, ist sie ebenfalls sehr erfolgreich. So betreut sie derzeit gleich zwei große Projekte, die von der VW-Stiftung finanziert werden und verwaltet ein Volumen von fast einer Million Euro. Dabei geht es um Energiepolitik im internationalen Vergleich. Diese Projekte sind für sie selbst und den ganzen Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften, zu dem das Institut für Politikwissenschaft gehört, äußerst wichtig. Zum einen wird Professor/ innen-Salär zum Teil heute nach Leistung gezahlt, zum andern hängt auch das Budget des Fachbereichs, der gelegentlich evaluiert wird, von der Drittmittelwerbung ab.

Das Ganze klingt nach Stress, und sie bekennt, dass sie oft auch nachts arbeitet. Doch der Nachmittag gehört meist ihrem Kind. „Ohne gute Mitarbeiterinnen wäre das alles nicht möglich.“ Schließlich ist sie derzeit für zwei Jahre auch noch Dekanin des Fachbereichs, was Verwaltungsarbeit mit sich bringt. Trotzdem lacht sie gerne. „Ja, ich lache meistens, sonst könnte man den Stress nicht ertragen.“ wünscht ihr, dass sie weiterhin auch viel Spaß in ihrem ganz besonderen Beruf haben kann.

Jutta Schütz

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