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Autorinnen gesucht für Wikipedia!

Bisher werden die meisten Inhalte von Männern geschrieben

Wikipedia ist ein riesiges umfassendes Online-Lexikon, das beliebt ist bei Jung und Alt. Seine Besonderheit ist, dass jede und jeder, egal wie alt und welche Ausbildung absolviert wurde, mitarbeiten kann. In den zehn Jahren seines Bestehens ist die Enzyklopädie rasend schnell gewachsen und heute sind nur wenige Begriffe noch nicht oder unzureichend abgedeckt.

Ein großes Problem existiert von Anfang an, und es ist keine Veränderung in Sicht: Nur jede zehnte Mitarbeiterin ist weiblichen Geschlechts. Und diesem Manko möchte nun die Geschäftsführerin der in San Francisco ansässigen Wikimedia Foundation, Sue Gardner, abhelfen durch eine Werbekampagne. Es ist ihr ein persönliches Anliegen, dass der Frauenanteil dem der Gesellschaft entspricht. In einem Interview in der "New York Times" erklärte sie, warum ihr wichtig sei, die Zahl der weiblichen Mitarbeiter zu steigern:

„Wikipedia strebt danach, die Summe allen menschlichen Wissens zu sammeln. Und das können wir nicht, wenn unsere Autorenschaft aus einer kleinen Gruppe von Leuten besteht. Frauen repräsentieren 51 Prozent der Bevölkerung, sie haben verschiedenste Interessen und Erfahrungen und Hintergründe. Mehr Frauen zu gewinnen, ist für mich keine Frage von Ethik oder politischer Korrektheit. Es geht darum, die Qualität von Wikipedia zu sichern.“

Ein Problem scheint die Technik vorzugeben. Um bei Wikipedia Texte zu ergänzen, muss eine komplizierte Wikipedia-Syntax eingehalten werden, die viele Frauen möglicherweise abschreckt. Ein neuer Editor ist in Arbeit, der Texte so schreiben lässt wie sie angezeigt werden. Ein erster Probelauf sollte schon Ende 2011 stattfinden, aber die endgültige Version wird noch seine Zeit brauchen.

Aber sollen die Gründe für die mangelnde Präsenz bei den Frauen selbst gesucht werden? Die „Maedchenmannschaft.de“ (ein feministisches Web-Log) hat die Wikipedia-Startseite eine Weile beobachtet und festgestellt, dass bei der Darstellung aktueller Ereignisse nur ein Zehntel Frauen gezeigt wurden. Muss ich für ein Medium aktiv werden, das mich als gesellschaftliches Wesen ignoriert?

In der „Huffington Post“ (eine progressive Online-Zeitung) meldete sich vor kurzem Sarah Stierch, eine langjährige Wikipedianerin, zu Wort: „Nur neun Prozent der Leute, die Artikel in der Wikipedia bearbeiten, sind Frauen. Dieser Realität muss man sich stellen: Wir sind die sechstwichtigste Website im Internet, und die große Mehrheit ihrer Inhalte wurde von Männern geschrieben. Das betrifft auch Artikel über Menstruation, Vaginas … oh, und Ada Lovelace (erste Programmiererin). Ihr Artikel wurde auch von Männern geschrieben.“ Sie möchte die Beiträge der männlichen Autoren nicht abwerten, aber „gerade bei unseren privaten Körperteilen. ... wäre es nicht noch viel toller, wenn diese Artikel von Frauen geschrieben wären?“

Wenn Frauen die technischen Stolpersteine überwunden haben und für die Wikipedia schreiben wollen, stoßen sie auf weitere Hindernisse, wenn sie beispielsweise eine neue Kategorie eröffnen wollen. Eine Jurastudentin, die Comics sammelt, wollte eine neue Kategorie für Superheldinnen anlegen. Ihre Kategorie wurde bei einer Abstimmung der Organisatoren für überflüssig befunden und gelöscht. Sie hat sich daraufhin aus der Wikipedia zurückgezogen und eine eigene Website zum Thema eröffnet (womenincomics.wikia.com).

Es gibt viele Beispiele zu dieser Löschdebatte, auch zum Thema Sexismus in der Popkultur fanden die überwiegend männlichen Autoren eine eigene Kategorie nicht notwendig. Solange Frauen derart unterrepräsentiert sind, kann es keine thematische Ausgewogenheit geben, es fehlt die gesellschaftliche Vielfalt. Die Sichtweisen der weiblichen Bevölkerung werden ausgeklammert. Es besteht die Gefahr der einseitigen Berichterstattung. Das betrifft in besonderer Weise feministische Themen wie Sexismus.

Vielleicht lockt ein leichter zu bedienender Editor mehr Frauen ins Boot. Wenn aber in der Hauptsache Männer über wichtige Inhalte entscheiden, werden Autorinnen weiter an unnötige Grenzen stoßen und wieder aussteigen.

Gundula Pause

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