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Ich musste immer kämpfen

Margarethe von Trotta zum 70. Geburtstag

Der Eintritt der kleinen Margarethe in die Welt war schon nicht leicht – sie wurde 1942 in Berlin als Siebenmonatskind und, infolge einer Zangengeburt, mit einem gebrochenen Arm geboren! Dieser schwierige Start ins Leben hat Margarethe von Trotta geprägt: „Ich sehe immer zuerst das Unglück oder den Schmerz“, sagte sie in einem Interview vor fünf Jahren.

Diese Einstellung hat sie aber nicht davon abgehalten, eine überaus erfolgreiche Regisseurin zu werden, wenn auch über Umwege. Ein Studium der Kunstgeschichte erwies sich rasch als Irrweg, denn „das Theoretische liegt mir nicht, ich muss selber machen“. In Paris entdeckte sie die Filme der „Nouvelle Vague“, die so ganz anders waren als die Heimatfilme und Schnulzen im Nachkriegsdeutschland. Es war fast eine Erleuchtung für sie zu erkennen, dass der Film auch ein Medium für echte Kunst sein kann. In dieser Zeit keimte zum ersten Mal der Wunsch in ihr, so etwas einmal selbst zu machen. Aber zu ungeheuerlich und vermessen war der Gedanke, sie schämte sich fast dafür „als Frau Regisseurin werden zu wollen, da würden doch alle lachen“. So nahm sie Schauspielunterricht, wurde eine erfolgreiche Theater- und Filmschauspielerin. Dieser Umweg sei für sie auch ein Weg gewesen, sich als zukünftige Regisseurin zu bilden, durch das Beobachten der AkteurInnen während der Proben und Filmaufnahmen.

Durchbruch mit „Die bleierne Zeit“

Mit ihrem Mann Volker Schlöndorff arbeitete sie zum ersten Mal als Ko-Regisseurin bei dem Film „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ nach Böll. 1977, sie war 35 Jahre alt, begann ihre eigenständige Regiearbeit mit dem Film „Das Zweite Erwachen der Christa Klages“. Der Film „Die bleierne Zeit“ im Jahr 1981 verhalf ihr zum Durchbruch. Es ist die Geschichte der Ensslin-Schwestern und der unseligen Verwicklung von Gudrun Ensslin in der RAF. Mit diesem Film, der auch heute noch eine starke Präsenz hat, gewann sie den Regiepreis und den Goldenen Löwen in Venedig. Mit ihrem vierten Film „Heller Wahn“ (1982) über zwei Freundinnen, von denen eine am Ende ihren Mann erschießt, fiel sie durch und wurde mit viel hämischem Spott übergossen. 1988 verließ sie Deutschland, beendete auch ihre Ehe und drehte drei Filme in Rom.

Danach folgten großartige Filme wie „Das Versprechen“, „Rosa Luxemburg“, „Rosenstraße“, „Jahrestage“, „Aus dem Leben der Hildegard von Bingen“ und andere. Die besten deutschen Schauspielerinnen unserer Zeit haben sich ihrer Führung als Regisseurin anvertraut.

Hauptfiguren in Margarethe von Trottas Filmen sind häufig Frauen, sie sind manchmal Schwestern, Freundinnen oder Mutter und Tochter. Oft sind sie unangepasst, mutig und außergewöhnlich. Mit ihren Frauenfiguren hat sie weibliche Geschichte erzählt, die sie mit ihrem neuen Film über die Philosophin Hannah Arendt fortsetzt. Sie hat es in Deutschland nicht immer leicht gehabt. Sie musste negative, auch sexistische Kritik über sich ergehen lassen, was immer auch eine Reaktion der Abwehr auf eine Regisseurin sein mag, deren Frauenfiguren stets Stärke zeigten und niemals dem gängigen Klischee von Weiblichkeit entsprachen. Margarethe von Trotta hat zahlreiche Preise und Ehrungen erhalten. Sie lebt heute in Paris.

2010 wurde sie in Berlin mit einem Stern auf dem im gleichen Jahr auf dem Potsdamer Platz eröffneten „Boulevard of Stars“ geehrt.

Barbara Obermüller

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