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Im Körper ein Zuhause finden

Das Interview mit der frisch nach Darmstadt gezogenen Tanztherapeutin und Heilpraktikerin (Psychotherapie) Luisa Duvenbeck führte MATHILDE- Redakteurin Gundula Pause.

Kennen gelernt habe ich Luisa Duvenbeck im Frauenlandhaus Charlottenberg letzte Ostern bei einem Workshop mit dem Titel „Körper, Sinne, Lebensfreude“. Da ich gern tanze, aber wenig Erfahrung mit Körperarbeit hatte, war ich gespannt. Meine Erwartungen wurden weit übertroffen: Den ganzen Tag bewegen zur Musik, in mich hineinspüren, Kraft und Energie tanken, war genau das, wonach ich verlangte. Völlig entspannt und in Einklang mit mir selbst tauchte ich nach den Ferien wieder in meine tägliche Arbeit ein, die gewonnene Kraft hat lange vorgehalten.

Luisa, wie bist du zum Tanzen gekommen?

Ich hatte das große Glück, an meinem früheren Heimatort Münster (in Westf.) die Tanztherapie Heilende Kräfte im Tanz® kennen zu lernen – und vom ersten Kurs an war ich so begeistert, dass ich viele Jahre dabei blieb. Gleichzeitig entstand der Wunsch, selber anderen Frauen solche Räume zu eröffnen, in denen so viel möglich ist und Neues entsteht. Ich habe dann ziemlich bald die Ausbildung angefangen und selber Gruppen gegeben. Das war definitiv eine der besten Entscheidungen meines Lebens, da ich wirklich meinem Herzen gefolgt bin - und inzwischen mit so vielen wunderbaren Teilnehmerinnen viel Freude erlebt habe und berührende Veränderung bei den Frauen begleiten durfte. Das ist einfach schön, mitzuerleben, wie z.B. eine eher zurückhaltende Teilnehmerin tanzend ihre Kraft entdeckt!

Du arbeitest überwiegend mit Frauen - warum?

Hin und wieder fragt mich eine Workshop-Teilnehmerin, wieso ich meine Workshops Heilende Kräfte im Tanz® ausschließlich für Frauen anbiete. Wenn ich dann zurückfrage, wie sie das einschätzt: ob das, was wir hier tun, genauso möglich wäre, wenn es eine gemischte Gruppe wäre, dann ist die Antwort schnell klar, nämlich „nein“. Mir geht es in meiner Arbeit ja vor allem um Kontakt, nämlich den Kontakt der Teilnehmerinnen zu sich selber: Wie geht das, dass mein Körper wirklich mein Zuhause ist? Die Gruppe und das Tanzen sind somit eine Suche, ein großes Experimentierfeld für „Finden“ und „In- Kontakt-Kommen“. Und ich empfinde es so, dass Frauen unter sich viel experimentierfreudiger sind. Das hängt natürlich nicht nur davon ab, ob Männer anwesend sind – aber die Wahrscheinlichkeit, dass der „Außenblick“ dabei ist („ist das eigentlich schön, was ich hier tue?“ „Wie sieht das denn wohl aus?!“) ist größer, wenn Männer dabei sind. Und dieser Außenblick verhindert ein Stück weit das Eintauchen, das In-Kontakt-Kommen. Ansonsten: ich habe auch schon sehr berührend und intensiv mit gemischten Gruppen gearbeitet.
Es kommt halt auf die Zielsetzungen an.

Wie ist deine Erfahrung mit Heilung durch Tanzen, bekommst du dazu Feedback nach deinen Veranstaltungen?

Die Teilnehmerinnen empfinden die Workshops als „heilend“ im Sinne von Veränderung, mit neuen Blickwinkeln auf das eigene Leben schauen, sich geborgen und gehalten fühlen, zu sich selber finden, kraftvoller werden, innere Ruhe und Klarheit finden... In all meinen Ausschreibungen steht, dass meine Workshops Heilende Kräfte im Tanz® keine therapeutischen Veranstaltungen im „engeren Sinne“ sind. Das schreibe ich vor allem, um keine Erwartungen an detaillierte biographische Arbeit innerhalb des Workshops zu wecken – aber selbstverständlich arbeite ich dort mit den tanz- und körperpsychotherapeutischen Methoden von Heilende Kräfte im Tanz®. Und jede Person bringt die eigenen und ganz persönlichen Themen in Bewegung. Manchmal brauchen diese Themen weitergehende therapeutische Begleitung, darum kommen einige Frauen zusätzlich auch zu mir zur Einzelarbeit. „Gespürter Tanz“ kann viel in Bewegung bringen. Um wirklich gut begleiten zu können, habe ich auch eine Ausbildung in körperorientierter Traumatherapie.

Was ist das Besondere an der Heilung durch Tanzen?

Auf der ganzen Welt wurden und werden Heilungstänze getanzt. Tänze, in denen die Einzelnen oder die Gemeinschaft wieder ins Lot kommen, wenn sie etwas aus der Bahn geworfen hat oder es sich nicht mehr stimmig anfühlt. Die Basis von Heilungstänzen ist zum einen die Gemeinschaft, sowie das In-Beziehung-Treten zu sich selber und dass ich das, was ich tue, als zutiefst sinnhaft erlebe. Außerdem tue ich es selber, ich gehe aktiv ins Handeln, und das ist der beste Weg aus erlebter Hilflosigkeit und Ohnmacht. Mit mir wird nicht gemacht – sondern ich wähle selber den bewegten Weg durch mein Thema und aus meinem Thema heraus. Basis der Methode Heilende Kräfte im Tanz® ist eine Körperpsychotherapie, nämlich die Biodynamik von Gerda Boyesen: Wenn ich mich körperlich bewege, und dies möglichst gespürt, dann bringe ich auch auf allen anderen Ebenen meines Seins (gedanklich, psychisch, spirituell) etwas in Bewegung. Bewegung ist Leben - und Leben ist Bewegung.

Und der Einsatz der Stimme dazu?

Die Arbeit mit der Stimme, zum Beispiel gemeinsames Tönen von Vokalen, kann den gespürten Kontakt zu sich selber vertiefen: wenn wir tönen oder singen, dann atmen wir, das passiert von ganz alleine. Im Alltag atmen wir auch, sonst würden wir ja nicht überleben - aber ich kenne eine ganze Menge von Menschen, die flach atmen oder ziemlich oft die Luft anhalten und sich damit von Lebendigkeit abschneiden. Viele Teilnehmerinnen haben mir erzählt, dass sie nach einer Weile des Tanzens bei mir auch im Alltag angefangen haben, mal tief zu seufzen oder kurz zu tönen und dass ihnen das in komplizierten Situationen hilft, sich wieder zu spüren und bei sich anzukommen.

Geht es dir in deiner Arbeit darum, über den Tanz an die Körperarbeit zu kommen oder eher über den Körper an die Psyche?

Wie gerade schon gesagt, hängt für mich alles zusammen: Ohne Körper kein Tanz. Und je gespürter und körperlicher meine Bewegung/mein Tanz ist, desto größer ist das Potential, dass der Tanz unglaublich glücklich macht. Das heißt, ein Großteil meiner Arbeit besteht darin, überhaupt Wege zum Körper-Spüren zu eröffnen. Ganz wichtig ist dabei meine Haltung, dass alles richtig ist und jede Bewegung „richtig“ ist. Dem Körper den Raum zu geben, den er braucht.

Verstehst du dich als Heilerin?

Es gibt ja viele, die diese Bezeichnung für sich als passend empfinden – ich lehne sie in Bezug auf mich und meine Arbeit ab. Heilung ist etwas, das wir nur selber machen können. Wobei wir für manche Themen natürlich Begleiter/innen brauchen. Und diese Begleiterin bin ich sehr gerne, das heißt: ich als Therapeutin kann dich mit all meinem Wissen, meiner Erfahrung, meinem therapeutischen Können sowie meiner Liebe und Herzenswärme unterstützen – aber nicht heilen.

Ein schöner Satz von dir: „...damit sich in Ihrem Alltag das Glück ausbreiten kann!“

Ja, darum geht es doch: dass der Tanz in den Alltag hineinwirkt und das Leben Stück für Stück immer noch schöner wird! Wichtig dafür ist, so ist meine Erfahrung, der sprachliche Austausch über das Erlebte. Wenn wir uns die Mühe gemacht haben, körperliche Erfahrungen in Worte zu fassen - was manchmal gar nicht so einfach ist, vor allem wenn es neue Erfahrungen sind - lässt sich das Erlebte leichter in den Alltag integrieren. Und irgendwann wird, so ganz nebenbei, das ganze Leben zum Tanz.

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