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Was regt sich hinter den Kulissen?

Überraschende Einblicke bei einer Familienführung durchs Staatstheater Darmstadt

Sieben große und fünf kleine Leute haben sich versammelt im Eingang zu den Kammerspielen, um an einer Familienführung durchs Staatstheater Darmstadt teilzunehmen. Mütter, Oma und Opa sowie ein Vater begleiten ihre Kinder und Enkel. Wir werden von Caroline Zacheiß, der Assistentin des Schauspieldirektors Martin Apelt, in Empfang genommen und – von einer Hostess und einem Host in dunkelblauen Anzügen begleitet - durch lange Gänge in den Bauch des riesigen Gebäudes geführt. Seine Gesamtfläche würde rund acht Fußballfelder einnehmen, erklärt uns Zacheiß.

„Was braucht man zum Theaterspielen?”, fragt unsere Führerin pädagogisch. Und bei den Antworten kommen so einige Berufe zusammen. Insgesamt arbeiten 550 Leute im Theater. Neben den Künstlern und Künstlerinnen ist das Handwerk stark vertreten, zum Beispiel mit Schreiner/innen, Gewandmeister/innen (Schneider/innen), Bühnenbildner/innen, Köchen und Köchinnen in der Kantine, dazu kommen die vielen Mitarbeiter/innen in den Büros. Ein Theater muss auch organisiert und verwaltet werden.

Gearbeitet wird im Theaterbetrieb nicht nur abends, wenn die Vorstellungen laufen, sondern den ganzen Tag über. Wir besuchen zuerst „die Maske” für den Chor. Hier werden gerade zwei Frauen frisiert und geschminkt. Manchmal werden die Bühnendarsteller mit Perücken oder Bärten versehen, die ringsumher hängen. Sie sind meist aus Echthaar gefertigt. Elf Maskenbildner/innen, überwiegend Frauen, verwandeln die Akteure, damit sie in ihre Rolle schlüpfen können. Nach ihrem Auftritt schminken sich die Künstler/innen selbst wieder ab. Das ist dann keine Kunst mehr.

Leichte Felsen aus Styropor

Wir werfen einen Blick in das Kulissenmagazin. Um die zum Teil sehr großen Kulissen auf die Bühne zu bringen, gibt es einen riesigen, 8,35 Meter hohen Bühnenaufzug, der gerade in Bewegung gesetzt werden soll. „Dürfen wir mitfahren?”, fragt Caroline Zacheiß. Wir dürfen, die kleine Gruppe verschwindet in dem Monstrum, dessen Türen sich mit einem lauten „Wumm” schließen.

Unsere nächste Station ist der geräumige, helle Malsaal, in dem wir aufpassen müssen, nicht über die vielen Farbtöpfe zu stolpern. Hier werden von den Schreiner/innen angefertigte Kulissen, Möbel oder andere Bühnengegenstände bemalt. Neben den Theatermaler/innen sind hier Theaterkascheur/innen am Werk, auch Plastiker/innen genannt. Sie stellen nach Entwürfen der Bühnenbildner/innen plastische Bildteile her, die sonst aus Stein, Marmor oder Holz angefertigt werden. Zum Beispiel werden Felsen aus Styropor geschnitzt und dann angemalt. Illusion gehört zur Theaterwelt dazu. Der Malsaal hat eine Galerie, von der aus man sich das entstehende Werk mit etwas Abstand von oben ansehen kann.

Fast können wir keine der Bühnen betreten, da überall Beleuchtungsproben im Gange sind und rotes Licht vor den Eingängen leuchtet. Doch dann wird es doch noch möglich. Im Kleinen Haus dürfen wir während einer Probenpause auf die Bühne schlüpfen. Schwarz sind „die Bretter, die die Welt bedeuten”. Und wir schauen in die leeren Ränge mit ihren lila gepolsterten Sitzen und stellen uns vor, vom Publikum beklatscht zu werden. Fast kommt etwas Lampenfieber auf. Caroline Zacheiß erklärt uns, dass die Theaterleute ziemlich abergläubisch seien. Keinen Mantel, keinen Hut dürfe man auf der Bühne tragen und dort auch nicht essen. Wir halten uns brav an diese Vorschriften, von uns wird kein Unheil ausgehen. Den von uns gesuchten Soufflierkasten gibt es nicht. Souffliert wird während einer Aufführung von den Bühnenseiten aus, erfahren wir. Nun wird es aber Zeit, den kleinen Nick zu erwähnen („Ich bin nicht klein!”). Der Fünfjährige fotografiert mit seiner Digitalkamera alles, was ihm vor die Linse kommt. Vielleicht wird er mal Theaterfotograf.

Kleider machen Leute

An einer Seite der Bühne ist der Platz des Inspizienten, die oder der den organisatorischen Ablauf einer Aufführung steuert. Auf zwei Monitoren hat er die Bühne im Blick, und ohne sein Zeichen passiert dort überhaupt nichts. Kein Licht, kein Ton. Er ruft auch die Schauspieler auf die Bühne, so dass sie zwischendurch, wenn sie nicht dran sind, in der Kantine Pause machen können. Dies sei kein Beruf, den man erlernen könne, so Zacheiß. Auf diesen Platz komme man mit „Learning by doing”. Manche Inspizient/innen sind ehemalige Schauspieler/innen.

Wir dürfen noch einen Blick in den Kostüm-Fundus werfen, Abteilung Frauenkostüme. Das ist etwas für die Mädchen unserer Gruppe, denke ich. Doch Monika meint nur: „Hier könnte man sich gut verstecken!” Manche Kostüme sind sehr schwer, so dass man die Trägerinnen nicht beneidet. Doch es gibt viel zu entdecken: Ballkleider, bunten Tüll, Pelzmäntel, königliche Roben und Hüte oder andere Kopfbedeckungen. Sich hier zu verkleiden und damit zu verwandeln, wäre sicher ein toller Spaß.

Jutta Schütz

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