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"Ecuador hat mir schon immer gut gefallen"

Ein Interview mit Katrin Kübber, die ein Leben in Ecuador wählte

Das strahlende Lächeln der jungen blonden Frau inmitten der braunen Gesichter des Begrüßungskomitees im Restaurant El Ventanal in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito fällt sofort auf. Und als dem Lächeln dann noch vertraut klingende Worte folgen, ist die Autorin nach Überwindung des Überraschungsmoments ganz hingerissen und beginnt sofort ein Gespräch. Partnerin der Kommunikation ist die Deutsche Katrin Kübber (30), seit dem Jahr 2007 Managerin des Restaurants. Geboren ist die reise- und abenteuerlustige Frau im November 1981 im westfälischen Haltern am See. Gleich nach dem Abitur 2001 fährt sie nach Australien, um dort auf den Bananenplantagen einer Farm im Outback zu arbeiten und sich das Land anzuschauen. Ziemlich klar eigentlich, dass Katrin danach Tourismusmanagement im heimischen Kempten/Allgäu studiert. Jeweils sechs Monate Praktikum absolviert sie bei Reiseveranstaltern in Ecuador und in Kathmandu/Nepal. Ein Auslandssemester in Arequipa/Peru 2005 ergänzt ihr Wissen und die Diplomarbeit lautet wie folgt: "Tourismus und indigene Völker - Analyse der touristischen Situation und deren Auswirkungen am Beispiel der Huaorani (Indianerstamm) im Amazonastiefland Ecuadors".

Katrin Kübber im Interview:

Wann sind Sie nach Ecuador/Quito gekommen, was war der Anlass oder die Motivation?

Das erste Mal bin ich ja 2003 nach Ecuador gekommen, um hier mein Praktikum zu machen. Damals hatte ich mich in verschiedenen Ländern (Kanada, Neuseeland, Ecuador, Malaysia etc.) beworben und bin eher durch Zufall in Ecuador gelandet, weil mir der Aufgabenbereich der Firma und die Möglichkeit, Spanisch zu lernen, besonders zugesagt hatten. Über Ecuador wusste ich sehr wenig und ich musste mich erstmal einlesen, das Land hatte mich aufgrund der verschiedenen Kulturen und landschaftlichen Vielfalt interessiert.

Wie kam es, dass Sie jetzt Managerin des Restaurants El Ventanal sind?

Nach Beendigung meines Studiums habe ich mich entschlossen, nach einem Job in Ecuador zu suchen, da ich das Land ja bereits bei meinem Praktikum und während der Diplomarbeit kennengelernt hatte und mir Ecuador vom Land und den Leuten her immer gut gefallen hat.

Während ich auf der Suche nach einem Arbeitsplatz war, hat sich mein ehemaliger Praktikumschef mit mir in Deutschland in Verbindung gesetzt und mir angeboten, ihm beim Aufbau eines neuen Restaurants in Quito zu helfen. Anfangs war ich etwas skeptisch weil ich aufgrund meines Studiums eher bei einem Reiseveranstalter arbeiten wollte, und nur wenig Erfahrung in der Gastronomie vorzuweisen hatte. Mein Chef war überzeugt, dass ich den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes gewachsen bin, weil er mich als organisierte und kreative Person während des Praktikums kennengelernt hatte. Wir sind so verblieben, dass ich erstmal für ein paar Monate an der Planung des Restaurants arbeite, um mich später dann zu entscheiden, ob mir der Job gefällt oder nicht. Ich war eigentlich von Anfang an sehr begeistert, dass mir hier ohne große Erfahrung eine solche Verantwortung übertragen wurde, wie zum Beispiel das Restaurant nach meinem Geschmack aufzubauen oder das komplette Personal einzustellen und habe das ganze Projekt als eine große Herausforderung gesehen. Jetzt arbeite ich schon über zwei Jahre im "Ventanal", die Aufgabe ist sehr spannend und vielfältig, so dass es eigentlich nie langweilig wird. Ich freue mich sehr über den Erfolg des Restaurants und über die positiven Kommentare der Kunden, es zeigt, dass sich das viele Arbeiten auch gelohnt hat!

Wie fühlen Sie sich in Ecuador? Vermissen Sie "deutsche Dinge"?

Ich fühle mich in Ecuador sehr wohl. Die Menschen sind wirklich nett und aufgeschlossen und ich finde die kulturelle Vielfalt im Land sehr faszinierend. Es lässt sich in Ecuador sehr gut reisen, denn die Distanzen sind nicht sonderlich weit. Mit den Galapagos-Inseln, dem Dschungel, der Küste und den bizarren Bergwelten in den Anden gibt es hier einiges zu erkunden. In Quito lässt es sich sehr gut leben, denn die Stadt ist nicht zu groß und hat auch kulturell einiges zu bieten. Was mir auch gefällt, ist dass ich hier zu günstigen Preisen sehr gut Essen, ins Theater oder Kino gehen kann.

Ich vermisse natürlich oft meine Familie und Freunde aus Deutschland, welche ich einmal pro Jahr für 4 Wochen besuche.

Es gibt hier in Quito relativ viele deutsche Produkte zu kaufen, einen deutschen Biomarkt, eine deutsche Bäckerei und Metzgerei, so dass ich auch gut bürgerlich kochen und essen kann. Generell vermisse ich die deutsche Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Ich muss mich oft über Kunden ärgern, die zum Beispiel für 19 Uhr einen Tisch mit einem bestimmten Menü reserviert haben, aber erst um 21.30 Uhr im Restaurant erscheinen.

Was gibt es für Unterschiede zu Deutschland?

Die Mentalität der Leute ist hier schon anders. Man verschiebt gerne Dinge auf morgen, erledigt alles auf den letzten Drücker und sieht viele Dinge nicht so genau wie in Deutschland.

Wenn beispielsweise die Lieferung eines Produktes für Montag zugesagt wird, ist davon auszugehen, dass es erst eine Woche später geliefert wird. Es ist interessant, ein Deutscher steht hier als Inbegriff für Zuverlässigkeit und Organisation, so dass es Deutsche meist nicht schwer haben, in Ecuador einen Arbeitsplatz zu finden.

Was mich oft stört, ist die Korruption. Wenn ich versuche, Dinge auf die ehrliche und richtige Weise zu erledigen (Behördengänge, Anträge etc) stelle ich immer schnell fest, dass ich sehr viel Geduld haben muss und es passiert, dass einem schon mal gerne Steine in den Weg gelegt werden.

Der Unterschied zwischen sehr armen und sehr reichen Leuten ist sehr auffällig und man wird täglich mit der Armut konfrontiert, was nicht einfach ist. Vieles läuft hier chaotischer ab als in Deutschland, wie der Straßenverkehr, die Bürokratie etc.

Wie fühlen Sie sich als "Frau" in Ecuador im alltäglichen und im Geschäftsleben?

Im alltäglichen Leben geht mir oft das ständige Hinterhergepfeife und die Aufmerksamkeit der Männer auf die Nerven. Das Machogehabe der Männer ist hier sehr üblich und ecuadorianische Frauen werden oft nicht als gleichgestellt behandelt.

Im Geschäftsleben werde ich als ausländische Frau respektiert und geschätzt. Über mehrere Monate war ich die einzige Frau unter 15 Arbeitskollegen und wurde immer sehr zuvorkommend behandelt und meine Autorität als Vorgesetzte anerkannt.

Ich kann nur bestätigen, dass das Restaurant sehr gut geführt, der Service perfekt und das Essen sehr lecker ist. Vielen Dank Kathrin und alles Gute für Sie.

Das Interview führte Helge Ebbmeyer

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