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Amerikas mächtige Individualistin

- Nancy Pelosi -

Bedeutende Frauen der Gegenwart - Folge 4

Querköpfe und -Denkerinnen gibt es viele in den Vereinigten Staaten von Amerika, aber in der Regel finden sich diese nicht auf politischen Spitzenposten wieder. Ganz im Gegensatz zu Nancy Pelosi. Die US-demokratische Politikerin wurde 1940 im politisch immer etwas ausgefallenen und auffallenden Bundesstaat Maryland geboren. Ihr politisches Engagement für die US-demokratische Partei begann sie in den 1960er Jahren. Bereits ihr Vater war als Bürgermeister in Baltimore politisch für die Demokraten aktiv. Pelosi wuchs im Geiste John F. Kennedys auf, der für sie als Vorbild fungierte. Nach ihrem politikwissenschaftlichen Studium in den 1960er Jahren wurde sie politisch aktiv. Ihre seit jener Zeit erfolgreich realisierte Karriere als Kongressabgeordnete in Washington begann sie ab 1986, nachdem sie bereits in den 1970er Jahren verschiedene lokalpolitische Ämter bekleidet hatte. Sie selbst bezeichnet sich als "katholisch-konservativ", tritt aber für die Rechte von Homosexuellen, das Recht für Abtreibung, liberale Einwanderungsgesetze ein und votierte gegen den Irakkrieg während der Bush Administration. Diese Positionierung bewerten ihre politischen Kontrahenten als liberal, womit sie auch häufig liberalen bis links orientierten Demokraten zugeordnet wird. Auch in ihrer kritischen Bewertung der chinesischen Tibetpolitik und ihren immer wieder stattfindenden Besuchen durch den Dalai Lama positioniert sich Frau Pelosi immer ganz nach ihren individuellen Vorstellungen und Werten.

Diese Frau hat Format und dieses bewies sie besonders während ihrer Zeit als erste Sprecherin des einflussreichen US-amerikanischen Repräsentantenhauses in der Zeit von 2007 bis 2011. Besonders während der zweiten Amtszeit der George W. Bush Administration trat sie vehement gegen die US-amerikanische Politik im Irak und für die Schließung des Gefangenenlagers auf der Insel Guantanamo ein. Immer wieder machte sie durch eigenständige Positionen und Engagement für mehr Frauen in der Politik auf sich aufmerksam. So bereiste sie mehrmals Israel und kritisierte auch die US-amerikanische Administration für ihr mangelndes Engagement, erfolgreich und nachdrücklich an einem Friedensprozess im Nahen Osten Einfluss zu nehmen. Ihr Blick endet nicht an den Grenzen der USA, sondern auch Themen, wie der Genozid der Türken an den Armeniern und die US-Iran-Politik bezieht sie in ihre Betrachtung mit ein. Als Kind einer Einwanderungsfamilie liegen ihr Minderheiten und die damit verbundenen Themen wie Zugang zu Bildung, Antidiskriminierung und Chancengleichheit am Herzen.

Immer wieder tritt Frau Pelosi bei verschiedenen Aktionen für das Recht auf Abtreibung, auf mehr Kinderbetreuungsplätze und die Antidiskriminierung von Frauen jeglicher ethnischer Abstammung ein. Sie setzt sich als Mitglied verschiedener Organisationen aktiv für eine offene Familienplanung, die auch das Recht auf für alle zugängliche Verhütungsmittel ermöglicht, ein. Als Mutter von fünf Kindern sagt sie: "Ihr sei Bildung eines der wichtigsten Güter".

Eine entschiedene Position bezog Frau Pelosi auch bei den Vorentscheidungen für die Wahl eines oder einer Kandidatin für die amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Zunächst hielt sie sich mit ihrer Position bewusst zurück, als jedoch die Attacken auf den damaligen demokratischen Kandidaten Barack Obama als afroamerikanischen Bürger zunahmen, bezog sie eindeutig Stellung, dass sie Herrn Obama als Kandidaten bei der Wahl zum US Präsidenten unterstützen würde und appellierte auch an die Wählerinnen und Wähler, einen Wandel für ein tolerantes Amerika und die Überwindung von Rassenvorurteilen aktiv mitzugestalten und zu überwinden. Besonders bei der viel umstrittenen Gesundheitsreform des derzeitigen US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama setzte sich Frau Pelosi für die notwendigen Verbesserungen des Systems für die ärmere Bevölkerung ein und war höchst zufrieden, als die Reform mit einer knappen Mehrheit im US-Repräsentantenhaus durchkam.

Für Frau Pelosi ist es kein Widerspruch als bekennende Christin auch Feministin zu sein, wie sie 2007 in einem Interview mit der CNN betonte. Immer wieder wurde sie aufgrund ihres auffallend adretten und eleganten Erscheinungsbilds in den Medien als zu steril karikiert. Derlei Attacken tangieren die selbstbewusste, stets ruhig bleibende und eloquente Politikerin, die weiß, wie sie mit der Macht umgehen muss, nur peripher. Vielmehr versteht sie es optimal, sich der sehr einflussreichen vierten Macht, den Medien bestens zu bedienen, wie es ihr Auftritt mit dem Dalai Lama 2008 bewies, bei dem sie sich gekonnt bescheiden in Szene setzte und dadurch gekonnt die chinesische Regierung brüskierte. Frau Pelosi versteht das Geschäft der Politik, in dem sie sich seit Jahrzehnten erfolgreich bewegt.

Zwar haben die US-Demokraten bei der letzten Kongresswahl gegen die Republikaner verloren und Frau Pelosi somit ihren Posten als Sprecherin des Unterhauses, aber damit ist ihr politisches Engagement keineswegs beendet. Auch weiterhin agiert sie in verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen als Kongressabgeordnete und gilt als von Parteifreunden geschätzte und von Kontrahenten gefürchtete Rednerin, die es versteht Stellung zu beziehen. Ihr Nachfolger als Sprecher des Repräsentantenhauses Boehner ist sich um den Einfluss der couragierten Frau bewusst und wird nicht selten von ihr scharf kritisiert, wie kürzlich im Falle der Verteidigung des Ehegesetzes. Hier wollten die Republikaner die Ehe zwischen Mann und Frau weiter als die einzig wahre Form der Ehe im Grundgesetz manifestieren und klagten dazu vor verschiedenen Bundesgerichten gegen die Gleichstellung Homosexueller Paare. Hier gegen klagten wiederum erfolgreich homosexuelle Aktivisten vor verschiedenen Bundesgerichten. Auch derzeit wird ein Versuch durch den republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses Boehner dazu unternommen, das oberste Verfassungsgericht der USA anzurufen. Frau Pelosi und die demokratische Regierung um Barack Obama bekräftigten und kritisierten, dass sie diesen Prozess über das oberste Bundesgericht ablehnen und nicht verfolgen wollen, da dies die Diskriminierung Homosexueller bedeutet. Hier beweist Frau Pelosi auch weiterhin ihr alles andere als katholisch konservatives Denken und verweist vielmehr auf ein heterogenes und hoch interessantes Amerika, das keinen monolithischen Block bildet, wie Europa es gerne bewertet und sieht. Es zeigt doch, dass auch wir hier in Europa immer noch etwas dazulernen können in Sachen Gleichstellung unterschiedlicher sexueller Ausrichtungen und Familienmodelle.

Katharina Roth-Deblon

http://pelosi.house.gov/news/press-releases/2011/03/ pelosi-letter-to-speaker-boehner-on-house-counsel-defense-of-doma.shtml
http://pelosi.house.gov/media/press-releases.shtml
www.wikipedia.de
www.wikipedia.com
www.slate.com
www.whorunsgov.com

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