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Bedeutende Frauen der Gegenwart:

Helen Zille, die starke Frau Südafrikas vom Westcape

Eine breite Öffentlichkeit im Westen kennt Südafrikas starke Oppositionspolitikerin und Gouverneurin der Provinz West Cape noch nicht und dennoch ist die Großnichte des Berliner Milieu-Malers Heinrich Zille keine Randnotiz für die Geschichte, sondern eine Frau der Gegenwart und Zukunft, nicht nur für Südafrika, und ein Vorbild für andere Frauen, die politisch etwas bewegen wollen.

Die Eltern der gebürtigen Südafrikanerin und heutigen Politikerin Helen Zille, flüchteten während des Naziregimes aus Deutschland und fanden sich in einem Land wieder, dass die Apartheid als Rassentrennung per Gesetz für Jahrzehnte fest installierte. Frau Zille weiß sich gegen und mit Rassismus und seinen Folgen auseinander zu setzen und ihn zu überwinden. Sie wurde entgegen aller seinerzeit in Südafrika bestehenden Regeln des Rassismus sozialkritisch und tolerant aufgezogen. In den 70ern kämpfte sie als Journalistin gegen das Apartheitssystem und deckte den Mord an dem Bürgerrechtler Steven Biko auf.

Heute ist Frau Zille, die mit dem Soziologieprofessor Johann Maree verheiratet ist, nicht nur die einzige Gouverneurin einer Oppositionspartei außerhalb des African National Kongress (ANC), sondern sie regiert mit dem West Cape auch die einkommensstärkste Provinz Südafrikas. Sie gilt als schärfste Kritikerin des derzeitigen Präsidenten Jacob Zuma und Kämpferin gegen Korruption, Amtsmissbrauch und Tabuisierung des in Südafrika grassierenden HIV Aids Problems. Helen Zille steht für Transparenz, Toleranz und ein buntes Südafrika mit all seinen unterschiedlichen Ethnien, Farben und Gruppen. Als mächtigste Frau am West Cape und als Vorsitzende der größten Oppositionspartei der Democratic Alliance (DA) bietet sie eine Alternative zum mächtigen ANC.

Bevor sie 2009 erste frei gewählte weiße Gouverneurin in der Provinz wurde, war sie Bürgermeisterin in Kapstadt und allen Unkenrufen zum Trotz bewies diese zähe und disziplinierte Frau, Gegnern ihr Stehvermögen. Bereits als Bürgermeisterin machte sie sich einen Namen als "gerechte" Organisatorin und unnachgiebige Gegnerin von Korruption. So stoppte sie unter anderem den kostspieligen Bau des Fußballstadions, bis eine transparente und klar geregelte Finanzierung sichergestellt war. Oder sie legte die Stromversorgung der Stadt so lange lahm, bis Millionenrechnungen von den Verursachern beglichen wurden. Diese Frau packt gerne direkt an. In nur drei Jahren sank unter ihrer Regierung die Kriminalitätsrate um 90 Prozent in der Millionenmetropole. Bei all ihrem Engagement ist Frau Zille authentisch. Sie spricht Englisch, Deutsch, Afrikaans und Xhosa, die regionale Bantu-Sprache und die Bevölkerung nimmt ihr ab, dass sie es ehrlich meint. Ihr ist gelungen, was allen Vorhersagen widerspricht, eine Frau, noch dazu eine weiße, setzt sich 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid für die Belange der Südafrikaner/Innen über alle ethnischen Grenzen hinweg ein, und das mit Erfolg, weil sie keine klientelistischen Gruppen um sich scharrt, sondern auf Können, bei ihren Mitarbeiter/Innen setzt.

Es verwundert nicht, dass die straff organisierte und strukturiert wirkende Frau, - die von sich selbst behauptet, dies sei auch ein Erbe der deutschen kulturellen und sozialen Einflüsse Ihrer Vorfahren-, als stärkste Widersacherin des als "Macho-Präsidenten" und Polygamisten bekanntem Präsidenten Jacob Zuma gilt. Bei den letzten Wahlen im Jahr 2009, galt sie neben Zuma als klare Siegerin. Ihre Partei hatte ihr Ergebnis um ein Viertel steigern können und kam auf über 16 Prozent aller Stimmen landesweit. Dies kann in einem Land, mit einer jungen Demokratie und einem Wahlverhalten nach ethnischen Loyalitäten und Schablonendenken als beachtlich anerkannt werden. Frau Zille gelingt es mit ihrer Arbeit und dem Vertrauen, dass sie durch ihr Engagement in Sachen Korruptionsbekämpfung gewinnt, Rassenschranken weiter aufzuweichen. Ihre Wähler/Innen sehen in ihr sogar eine direkte Kontrahentin für Zuma bei den nächsten Präsidentschaftswahlen. Im Jahr 2008 bekam sie für Ihren beherzten Einsatz als Bürgermeisterin von Kapstadt durch das internationale Netzwerk "City Mayors" den Titel der weltbesten Bürgermeisterin. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass Frau Zille ihr Leben mit Mut, Kraft und Enthusiasmus für ihre Landsleute eingesetzt hat.

Nach dem Wahlsieg von 2009 war Helen Zille von dem Vertrauen der Wähler/Innen in sich und ihre Partei berührt. "Ich werde in den nächsten fünf Jahren Tag und Nacht arbeiten, um euer Vertrauen zu rechtfertigen", verspricht sie ihren Anhänger/Innen. Dabei kommt der 58-Jährigen, deren Arbeitsalltag um vier Uhr früh mit der Beantwortung von E-Mails beginnt, zugute, dass sie bei hoher Belastung besonders gut funktioniert: "Ich blühe unter Druck erst richtig auf." Ein Antriebspunkt für ihren Einsatz ist ihr familiärer Hintergrund. Sowohl ihre Mutter Mila und der mittlerweile verstorbene Vater Wolfgang engagierten sich in der Black-Sash-Bewegung - einer anti Apartheitsbewegung- und stellten sich so gegen bestehende Regeln und Mehrheiten. Sowohl Helen als auch ihre Mutter wehren sich mit ihren Arbeiten und ihren verschiedenen Tätigkeiten gegen Zynismus, Rassismus, jegliche Vortäuschung falscher Tatsachen oder den Missbrauch von Ämtern und Vorteilen. Sobald Helen Zille derlei Aktionen wahrnimmt begehrt sie dagegen auf, egal ob schwarz, weiß, farbig und gleich welcher Ethnie diejenigen entstammen, die diese begehen. Als Teil der Regierenden muss sich Frau Zille auch mit Schimpfnamen wie "white bitch - weißes Luder" betitulieren lassen. Doch dass hält sie nicht davon ab, ihren Weg und ihr Credo "Gerechtigkeit, Transparenz und Toleranz" voranzutreiben. Frau Zille und ihre Anhänger/Innen stehen für ein neues, buntes und offenes Südafrika, das nicht einzelne Gruppen, sondern alle Südafrikaner/Innen erreichen will. Eine Demokratie auf die man mit Bewunderung und Begeisterung blicken kann. Wir aus dem Westen freuen uns auf mehr solcher spannenden Frauengeschichten vom Kontinent.

Katharina Roth-Deblon

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