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Hexen in Darmstadt

Als 1567 der zwanzigjährige Georg I. Darmstadt als seine Residenzstadt bezieht und in den Folgejahren die Stadt immer mehr erweitert und aufbaut, gibt es auch allerhand Positives über ihn zu berichten: Er legt den Woog als Feuerlösch- und Fischteich an, auf ihn geht die erste Stadterweiterung Richtung Alexanderstraße/Dieburgerstraße zurück. Und er pflanzt - so heißt es - die ersten Kartoffeln im Schlossgarten, dem heutigen Herrngarten.

Allerdings war dieser rigide, von lutheranischem Glaubenseifer, Strenge und Härte geprägte Mensch wohl im selben Maße abergläubisch: In seiner Regierungszeit und unter ihm als Gerichtsherr kommt es zur größten Hexenverfolgung und Ermordung in der Geschichte Darmstadts: 37 Menschen wurden in der Zeit von 1582 bis 1596 als "Zauberer" auf dem Marktplatz hingerichtet. Fast allesamt waren es Frauen, die jüngsten Opfer waren die 16jährige Anne aus Dreieich und der 11jährige Wolf Weber, dessen Mutter bereits als "Hexe" hingerichtet worden war.

Im Zusammenhang mit diesen beiden Hinrichtungen ist ein Briefwechsel Georgs I mit seinem Bruder, dem Landgrafen Wilhelm IV. von Kassel erhalten. Georg bittet seinen Bruder um Rat, aber nicht, weil ihn moralische Zweifel umtreiben, sondern weil er die Bestätigung des ältesten Bruder für sein gnadenloses Urteil bekommen will. Die Vorgehensweise im "Prozess" war immer ähnlich: Denunziation, durch Folter erzwungenes Geständnis, Hinrichtung. Unter der Folter gestanden die Opfer generell alles - unabhängig vom Wahrheitsgehalt: Treffen mit dem Satan, Zaubereien oder Vergiftungen - was ihnen auch vorgeworfen wurde. Oft stand die Hexenverfolgung in Zusammenhang mit Epidemien, wie im Jahr 1586, als plötzlich viermal so viel Menschen starben wie sonst im Jahresdurchschnitt. Für Georg I. waren offenkundig die "Hexen" dafür verantwortlich und siebzehn Frauen fielen der Suche nach Schuldigen in diesem Jahr zum Opfer.

Nach seinem Tod gab es keinerlei weiteren Hinrichtungen von "Hexen" unter Darmstädter Landgrafen mehr. Bereits der Sohn, Ludwig IV. nimmt davon Abstand -obwohl im ersten Jahr seiner Regierungszeit eine schwere Pestepidemie in der Stadt wütete.

Julia Reichelt

Extra Infos:
Luther befürwortete die gerichtliche Verfolgung von Hexen: »Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an, was bisweilen ignoriert wird, sie können nämlich Milch, Butter und alles aus einem Haus stehlen… Sie können ein Kind verzaubern… Auch können sie geheimnisvolle Krankheiten im menschlichen Knie erzeugen, dass der Körper verzehrt wird… Schaden fügen sie nämlich an Körpern und Seelen zu, sie verabreichen Tränke und Beschwörungen, um Hass hervorzurufen, Liebe, Unwetter, alle Verwüstungen im Haus, auf dem Acker, über eine Entfernung von einer Meile und mehr machen sie mit ihren Zauberpfeilen Hinkende, dass niemand heilen kann … Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder … Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.« aus der Predigt vom 6. Mai 1526.

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