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Die Heilkraft der Wahrheit

Alice Miller - die Schweizer Psychologin, Soziologin und Therapeutin kämpfte viele Jahrzehnte lang für mehr Kinderrechte und prangerte die generationsübergreifenden Konsequenzen von Kindesmisshandlung und -missbrauch an.

 

Die Psychologin und Kindheitsforscherin Alice Miller ist am 14. April 2010 im Alter von 82 Jahren gestorben.
In den Medien wurde ihr Tod kaum erwähnt, dabei hat sie in den 1980er Jahren durch ihre Bücher über die schwarze Pädagogik* und das Leiden misshandelter Kinder großes Aufsehen erregt.
Spektakulär an ihren Büchern war die von ihr vertretene Erkenntnis, dass die in der Kindheit erfahrene Gewalt durch das von Freud und anderen vertretene Dogma der Triebtheorie und die darauf aufbauende Psychoanalyse nicht aufgearbeitet werden kann.

Alice Miller hat eingehend beschrieben, dass diese Art der Therapie keine Hilfe für Opfer von Misshandlung sein kann, weil dadurch Traumen der Kindheit als kindliche Phantasien abgetan und die Realität von Kindesmisshandlung geleugnet wird.
Aus ihrer eigenen Tätigkeit als Psychoanalytikerin zog sie 1985 das Fazit:
»Ich hatte zwanzig Jahre lang zugesehen, wie Menschen die Traumen ihrer Kindheit leugneten, wie sie ihre Eltern idealisierten und sich gegen die Wahrheit ihrer Kindheit mit allen Mitteln wehrten«.

Nach Veröffentlichung ihrer Bücher »Das Drama des begabten Kindes« (1979), »Am Anfang war Erziehung« (1980) und »Du sollst nicht merken - Variationen über das Paradies-Thema« (1981) widersprach sie vehement ihrer fortdauernden Einordnung als Psychoanalytikerin.
1988 erfolgte ihr Rücktritt aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Ihre Bücher haben vielen Menschen entscheidend geholfen und sind zum Teil Allgemeinwissen geworden. Es ist sehr bedauerlich, dass ihr Name in der aktuellen Diskussion zur sexuellen Misshandlung von Kindern kaum zitiert wurde.

Alice Miller hat noch zahlreiche weitere Bücher veröffentlicht, darunter »Evas Erwachen - Über die Auflösung emotionaler Blindheit« im Jahr 2004.

Barbara Obermüller

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* Schwarze Pädagogik ist ein negativ wertender Sammelbegriff für Erziehungsmethoden, die Gewalt und Einschüchterung als Mittel enthalten.

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