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Quellen für die Statistiken:
JIM-Studien 2008, 2009: MPFS: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. www.mpfs.de
Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.: www.kfn.de/home/Computerspielabhaengigkeit_im_Kindes-_und_Jugendalter.htm Online-Rollenspiele, sind Spiele mit hohem Suchtpotential, da eine Mindestspieldauer von vier bis fünf Stunden täglich Voraussetzung ist, um überhaupt mithalten zu können.

Die tägliche Dopamindusche

Was ist so faszinierend an Computerspielen? Wer sind die Spieler, die Spielerinnen, wer sind die Macher der Spiele?

Gespielt wurde zu jeder Zeit in allen Gesellschaften, Brettspiele, Ballspiele, Renn- und Hüpfspiele und viele mehr, Und immer waren Jungen und Mädchen, Männer und Frauen beteiligt.

Seit den 1980er Jahren gibt es zunehmend elektronische Spiele für die Spielkonsole und den Personal Computer. Noch sind es nur vom Programm erzeugte Gegner, die Schwierigkeitsstufe ist jeweils einzustellen. Mit der rasanten Entwicklung des Internets in die-sem Jahrhundert, das der zweiten Generation (Web 2.0), sind diese Spiele vielfältiger geworden und können online gegen andere Personen weltweit gespielt werden. Das ist eine Revolution.

Die am meisten gespielten und gleichzeitig umstrittenen Genres sind die Shooter, (First Person und Third Person Shooter, sog. Egoshooter, im Volksmund auch Killerspiele genannt) und die Online-Rollenspiele, deren bekanntestes mit den meisten Mitspielern das "WoW", World of Warcraft, ist. Letzteres ist ein Spiel mit hohem Suchtpotential. Es kostet nicht wenig, jedes Jahr kommt ein Update mit neuen Handlungen auf den Markt, das gekauft und installiert werden muss, monatlich sind etwa zehn Euro zu berappen. Spieler, die die ersten Level erfolgreich hinter sich gebracht haben, organisieren sich in Gilden, in denen eine bestimmte Spieldauer vorausgesetzt wird, da Spielerfolge nur gemeinsam errungen werden können. In vielen Gilden ist eine Mindestspieldauer von vier bis fünf Stunden täglich Voraussetzung.

Was erklärt die Faszination an diesen Computerspielen?

Die Charaktere von erlebter Unendlichkeit befriedigen Urbedürfnisse der Menschheit. Unzählige Male niedergestreckt, jedoch immer wieder auferstanden mit einem neuen Leben in dem unendlichen Spiel. Es entsteht eine Dauerzustand von erregender Glückserwartung.Vom Spielprogramm werden unregelmäßige Belohnungen ausgeschüttet, die mit der Spieldauer, also der Zeit, die ein Spieler online ist, korrelieren. Mit jeder Belohnung können sich Spieler und Spielerin eine bessere Ausrüstung, Kleidung und effekti-vere Waffen beschaffen. Der Status steigt, das Ansehen des Spielers wächst. Die Aufgaben und Zielsetzungen sind so angelegt, dass die SpielerInnen den nächsten Level schaffen werden, also in der Hierarchie aufsteigen und damit erfolgreich sein werden. Eine schöne Angelegenheit, die die virtuelle Welt von der realen Welt massiv unterscheidet.

Einsamkeit, unter der manche im realen Leben leiden, wird im Spiel überwunden. Die SpielerInnen sind kommunikativ vernetzt, parallel zum Spiel wir viel "gechattet": geschrieben in einem extra Fenster oder per Headset (Kopfhörer mit Mikrofon) miteinander geschwätzt. Falls ein Spieler seine sexuelle Identität gewechselt hat im Spiel, fällt dies zumindest an der Stimme auf. Vielleicht ist hier und da sogar ein Flirt möglich. Die Flucht aus dem Alltag ist sicher, Stress und Ärger verschwinden schnell, sind aber nach dem Spiel wieder umso heftiger, da die Arbeit liegen geblieben ist. Langeweile tritt nicht auf, die Dopamindusche mit Glücksgefühlen ist sicher.

Was spielen Jungen am liebsten, was bevorzugen die Mädchen?

Spielerinnen lieben Strategie- und Denkspiele, Geschicklichkeitsspiele, Simulation und Karaoke. Auch Jungen schätzen Strate-giespiele, aber in der Rangfolge bevorzugen sie Shooter, Action- und Rennspiele, auch Fußball. Und ein großer Anteil spielt gern Online-Rollenspiele wie WoW, (17 Prozent der Jungen gegenüber nur 3 Prozent der Mädchen). Sowohl in den Action und Shoo-terspielen als auch in WoW wird auffallend viel geballert. Der Gegner muss restlos niedergestreckt werden, ein einfacher Knockout reicht nicht, er könnte sich erholen und wiederum zur Gefahr werden. In einigen Spielen spritzt das Blut und die Schreie der Figuren untermalen das Gemetzel. Und für jeden eliminierten Spieler gibt es Lob und Leistungspunkte.

Dieses Blutbad der Kriegsspiele mögen die Mädchen oft nicht, nur wenige lassen sich davon weniger schrecken. Jedoch hat die Nutzung brutaler Spiele in den letzten Jahren zugenommen bei beiden Geschlechtern, eine Tendenz, die ernst zu nehmen ist.

Gewalt wird trainiert und immer belohnt. Das einstudierte Muster prägt sich im Gehirn ein und könnte an anderer Stelle wieder abgerufen werden. Dass in den letzten Jahren verschiedene Amokläufer intensiv Shooter geübt haben, ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn es keine eindeutige Schuldzuweisung geben kann. Das Gewalttraining ist ein Gegenmodell zu einem humanen Menschenbild, das wir in einer zivilisierten Welt voraussetzen und in Schulen versuchen einzustudieren. Aber die Realität zeigt auch, dass aktuell weltweit viele Kriegssituationen herrschen, bei denen Deutschland auch nicht unbeteiligt ist. Soldaten werden mit diesen Simulationsspielen schon lange erfolgreich trainiert.

Und die Spieldauer?

Die Spielerinnen spielen durchschnittlich etwa eine Stunde täglich, am Wochenende etwas mehr als in der Woche. Die Jungen spielen werktags im Durchschnitt zwei Stunden, am Wochenende fast drei, das macht über sechzehn Stunden in der Woche, das wären schon zwei volle Arbeitstage! Nicht schlecht!

Über vier Prozent der PC-Spielerinnen spielen mindestens viereinhalb Stunden täglich, sie gehören damit zu den Exzessiv-Spielerinnen. Aber immerhin sind weniger als ein Prozent von ihnen suchtgefährdet oder gar abhängig. Bei den Jungen zeigen sich andere Muster: Fast sechzehn Prozent spielen exzessiv (viereinhalb Stunden täglich). Und fast acht Prozent sind suchtgefährdet oder gar abhängig (drei Prozent).

Warum sind Jungen eher gefährdet?

Mit dem wachsenden Selbstbewusstsein und schulischen Erfolg der jungen Frauen geraten Jungen leicht ins Hintertreffen Die tra-ditionelle Männerrolle harmoniert nicht mit dem Erlernen von sozialen und kommunikativen Kompetenzen, die zunehmend in der heutigen Arbeitswelt den Erfolg bestimmen. In den letzten 30 Jahren haben die Frauen an ihrem Rollenbild gearbeitet und sich verän-dert, an den Männern ist diese Entwicklung weitgehend vorbeigegangen. Jetzt flüchten sich einige in die Ballerspiele, wo noch der harte Kerl aus den Jagdzeiten verlangt wird. Mit diesem überkommenen Rollenbild befindet sich der Heranwachsende in einem hefti-gen Konflikt.

Die Mehrzahl der PC-Spiele, in denen viel geballert wird, wird von der männlichen Bevölkerung gekauft und gespielt. Wegen der großen Nachfrage entsteht ein viel größeres Angebot an PC.Spielen, die von männlichen Wesen bevorzugt werden. Das Angebot der von Frauen und Mädchen bevorzugten Spiele ist wesentlich geringer, sie sind schnell durchgespielt bis zum letzten Level und entzie-hen dem sonstigen Leben somit keine Aufmerksamkeit mehr.

Und die Spiele-Macher?

Der Spieleprogrammierer ist männlich, jung und spielt leidenschaftlich gern selbst. Programmiererinnen sind in der Spiel-Industrie mit der Lupe zu suchen. So beißt sich die Katze in den Schwanz!

Gundula Pause

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