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Von den Musen geküsst

Beim Aufschlagen der Zeitung sind sie in letzter Zeit omnipräsent: Schriftstellerinnen, die für ihr Werk mit jedem nur erdenklichen Literaturpreis ausgezeichnet werden. Nach Jahren der Preisdürre, scheint 2009 das literarische Schaffen von Frauen erstmals umfangreich öffentlich gewürdigt worden zu sein. Doch werfen wir einen Blick auf die erfolgreichen Verfasserinnen.

Mit dem nobelsten der Preise, dem Literaturnobelpreis wurde die Deutsch-Rumänin Herta Müller ausgezeichnet. Die Jury begründete die Wahl damit, dass sie »Landschaften der Heimatlosigkeit« gezeichnet habe. Herta Müller ist Chronistin des täglichen Lebens in einer Diktatur, ohne Bereitschaft zu vergessen.

Auch der wichtigste britische Booker-Preis, der mit 54.000 Euro dotiert ist, ging in diesem Jahr an eine Frau. Hilary Mantel erhielt ihn für ihr Werk »Wolf Hall«. In diesem historischen Roman steht die Geschichte des Beraters von Heinrich VIII, Oliver Cromwell, im Mittelpunkt. Hilary Mantel sagte, dass es kein Zufall sei, dass das 16. Jahrhundert auch die Menschen im 21. Jahrhundert noch fasziniere. Diese Zeit »hatte alles. Sie hatte Sex, Melodrama, Verrat, Verführung und gewaltsamen Tod. Was will man mehr?« Momentan liegen ihre Bücher nur entweder gebraucht oder auf Englisch vor.

Mit Marie Ndiaye ging der bedeutendste französische Literaturpreis, der Prix Goncourt, seit 1998 das erste Mal wieder an eine Frau. Sie erhielt die symbolische Auszeichnung in Höhe von zehn Euro für ihren Roman »Trois femmes puissantes« (etwa. Drei starke Frauen), in dem sie die Lebensgeschichten dreier Frauen schildert, die sich zwischen Afrika und Frankreich entfalteten und wobei es um Familiengeheimnisse und Verrat geht. Trotz des geringen Preisgeldes, ist der Prix Goncourt wegen seiner hohen Publikumswirkung sehr begehrt. Auf Deutsch erschienen unter anderem »Alle meine Freunde« und »Mein Herz in der Enge«.

Den höchstdotierten deutschen Literaturpreis, den Joseph-Breitenbach-Preis in Höhe von 50.000 Euro, erhielt in diesem Jahr Ursula Krechel für ihr Gesamtwerk. Sie hat sowohl Lyrik, Theaterstücke und Hörspiele als auch Romane geschrieben. Nach ihrem Studium arbeitet sie zunächst als Theaterdramaturgin mit jugendlichen Untersuchungshäftlingen an Theaterprojekten und entschloss sich 1972 zu einer Existenz als freie Schriftstellerin. Seitdem hatte sie verschiedene Gastprofessuren als Schriftstellerin inne und war als Escriptora convivada in Barcelona. Von ihr ist eine breite Auswahl an Titel derzeit lieferbar.

Als weiteres Gesamtwerk wurde das der kanadischen Autorin Margret Atwood mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet. Die Stadt Dortmund, die den Preis vergibt, begründete ihre Wahl damit, dass sie mit »meisterhafter Genauigkeit und getragen von tiefer Einfühlung in die Lage der Opfer« erzähle. Auf Deutsch sind in den letzten Jahren erschienen: »Payback«, eine Auseinandersetzung mit Schuld und Verschuldung, Ausgleich und Gerechtigkeit und »Das Jahr der Flut«, eine weitere von Margret Atwoods verstörend realistischen Utopien.

Kathrin Schmidt hat in Folge gleich zwei Buchpreise empfangen. Für ihren Roman »Du stirbst nicht« erhielt sie den mit 10.000 Euro dotierten Preis der SWR-Bestenliste. Die Jury begründete ihre Wahl damit, dass Kathrin Schmidt »auf luzide Weise von der Rückeroberung der Welt« in ihrer Schilderung einer langsamen Genesung nach einem Schlaganfall erzähle. Eben dieses Buch brachte ihr auch den Deutschen Buchpreis ein, der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels jährlich im Rahmen der Buchmesse vergeben wird.

Zuletzt noch eine weniger bekannte Auszeichnung, die aber in Darmstadt vergeben wird. Der Sigmund-Freud-Preis wurde dieses Jahr an die junge Wissenschaftlerin Julia Voss vergeben, die u.a. über Darwins Bildwelten schrieb. In ihrer Studie untersucht Julia Voss die Rolle der Bilder bei der Entstehung der Evolutionstheorie: von den berühmten Galapagosfinken, dem Evolutionsdiagramm, dem Argusfasan bis hin zum lachenden Affen. In ihrer Dankesrede stellte sie klar, dass es zum Einen zu wenig Preisträgerinnen dieses Preises bisher gegeben habe, zum Anderen die Wissenschaftsgeschichte an deutschen Universitäten ausgebaut werden müsse, um die geisteswissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften zu fördern.

Anja Spangenberg

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