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MATHILDE

Frauenstadtrundgänge

Frauenleben in Darmstadt von den Anfängen bis heute

Stadtrundgänge und -chroniken führen uns in die Vergangenheit und zeigen, wie das Leben in einem Ort sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. Leider wird bei der Betrachtung oft eines außer Acht gelassen: Frauen. Diese Hälfte der Bevölkerung findet nur in ganz geringem Ausmaß Erwähnung in den Standardrekonstruktionen von Stadtgeschichte. Das hat sich vor einigen Jahren in Darmstadt mit den Standtrundgängen aus Frauensicht geändert.

Zwei Frauen, Agnes Schmidt und Elke Hausberg, zeigen, dass Frauen an der Stadtgeschichte zumindestens den gleichen Anteil haben, wie Männer und haben es sich zur Aufgabe gemacht, die fehlende Hälfte in der Stadtgeschichte Darmstadts ins Licht zur rücken. Die beiden Frauenforscherinnen recherchieren die historischen Daten im Hessischen Staatsarchiv, im Stadtarchiv Darmstadt, in der Kartensammlung und der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek, in Historischen Zeitschriften und überall dort in den Medien, wo etwas über die Frauen Darmstadts auftaucht. Auf Genauigkeit kommt es dabei an: »Ganz wichtig für uns ist es, historische Daten exakt zu recherchieren und Angaben in Büchern ohne wissenschaftlichen Anspruch immer zu prüfen. Wir wollen auch keine nicht nachprüfbaren Anekdoten verbreiten«, sagt Agnes Schmidt.

Als Ergebnis dieser Recherchen liegt nun die bereits dritte Broschüre über eben solche Stadtrundgänge aus der Frauenperspektive vor. Während Band eins »Von der Marktfrau zur Studentin« sich auf die Spuren von Frauen vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts begab und Band zwei »Kinder, Küche, Kunst« sich mit den Frauen auf der Mathildenhöhe befasste, wird nun im dritten Band »Waschen, Kochen, Baden« über Frauenleben vom Marktbrunnen bis zum Großen Woog berichtet. Es geht im Großen und Ganzen also um Wasser.

Wenn wir heute den Wasserhahn aufdrehen, fließt selbstverständlich frisches, klares Trinkwasser heraus. Eine zentrale Wasserversorgung allerdings gibt es in Darmstadt erst seit rund 130 Jahren. Bis dahin gehörte es vor allem zum Aufgabenbereich der Frauen und Mädchen für die Wasserversorgung des Haushaltes zu sorgen.

Die Stationen der neuen und wieder sehr handlichen Broschüre im ansprechenden lila Outfit, die in jede Handtasche passt, führen uns vom Marktbrunnen übers Jugendstilbad bis hin zum Großen Woog. Die Themen sind vielfältig wie die Frauenleben von denen sie erzählen. Zur bereits erwähnten Versorgung der Haushalte mit Wasser durch die Frauen kommen noch beispielsweise Waschen und Kochen, Baden und Schwimmen oder die Arbeiten der Hebammen hinzu. Spannend sind dabei sowohl die Geschichten über das Elisabethenstift, als auch Prinzessin Alice im Badeurlaub und die Bademode.

Das Büchlein ist wieder sehr reich bebildert. Allerdings ist gerade das keine leichte Aufgabe für die Autorinnen. »Es gibt über Frauen sehr wenige Bilder in der Stadtgeschichte, deshalb nehmen wir Abbildungen auch aus anderen Städten aus der Zeit, über die wir gerade schreiben«, sagen die beiden. Für die Recherche von Bildern, die Zusammenstellung der Verzeichnisse und das Layout ist vor allem Elke Hausberg zuständig.

Wie lange dauert es, bis ein Bändchen fertig ist?, frage ich. »Wir arbeiten fast ein Jahr an einem Band. Aufgenommen wird nur ein Bruchteil der Daten, die wir erforschen«, antwortet Agnes Schmidt.

Es wird noch ein weiterer Band in dieser sehr angenehmen Aufmachung mit dem Titel »Die Frauen und ihr Beruf: Von der Gastwirtin zur Politikerin« im nächsten Jahr erscheinen. Wir freuen uns darauf!

Gabi Merziger

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