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Hier hat die Sonne ihr den Weg gewiesen

Eva-Gesine Wegner wurde 1943 im heutigen Polen geboren. 1981 begann ihre Entwicklung zur Künstlerin. In der Auseinandersetzung mit Camille Claudel änderte sich 1987 ihre Arbeitsweise. Sie kam vom Ton zum Stein, sie wurde Bildhauerin.

Heute lebt die Künstlerin im Odenwald und engagiert sich als Bildhauerin zum Thema Wasser. In Zusammenarbeit mit dem UNESCO-Geopark entsteht ein Pilgerweg »Quellendank im Odenwald«. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt der Ressource Wasser. Sie möchte das Geben und Nehmen in unserer Kultur wieder in eine Balance bringen, indem sie mit Menschen vor Ort so genannte ’Steine des Dankes‘ setzt.

Einen sehr ungewöhnlichen Stein finden wir an der Nord-West-Seite nahe der Mauer auf dem alten Friedhof. Der Musikwissenschaftler Christof Bitter wünschte sich, nach seinem Tod in der Nähe seines Freundes Bruno Maderna beerdigt zu werden. Beide waren die Initiatoren der Darmstädter Reihe für Neue Musik. Der Zufall wollte es, dass zum Zeitpunkt seines Ablebens eine Grabstelle quer gegenüber zum Grab des Freundes frei war. Von der Ehefrau des Musikers, Marieluise Bitter, eine gute Freundin der Bildhauerin, wurde Eva-Gesine Wegner gebeten, einen Grabstein für den Verstorbenen herzustellen.

Die Friedhofsverwaltung gab der Künstlerin die außergewöhnliche Erlaubnis, den Stein direkt auf dem Grab auszuarbeiten. Drei Wochen werkte sie fortan an der Stele. »Schwierigkeiten haben die Friedhofsverwalter anfänglich allerdings mit meiner Indianertrommel. Als ich ihnen aber erkläre, dass sie meine selbstverständliche Begleiterin bei der Arbeit sei, drücken sie beide Augen zu. Die beiden Musiker-Freunde freuen sich spürbar darüber!«

»Skulpturen sind für mich ein gestalteter Prozess. Sie entwickeln sich aus dem Zusammenspiel von Thema, Eigenart des Steins und der Umgebung, ohne dass ich eine Idee oder Skizze im Kopf habe.«, sagt Wegner. Bei Beginn ihrer Arbeit an dem Grabstein kann sie sich schwer entscheiden. »Da geschieht etwas Wunderbares: Wie ein Strahler richtet die Sonne ihren Fokus durch die Bäume auf die Partie vom Stein, die sich als Hand anbietet. Gut kann es die liebevolle Hand des nahen Freundes sein, die jetzt die Wage eines Gesichtes berührt.«

Beide Grabsteine sehen sich über die Ecke an, als könnten auf gleicher Ebene miteinander ins Gespräch kommen.

Gundula Pause

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