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Lieber lebendig als normal

Dies ist das Lebensmotto von Beate Koslowski. Ein Besuch im lichtdurchfluteten Atelier der Malerin, das in einer kleinen Seitenstraße in Nauheim bei Groß Gerau liegt, ist Leben pur. Hier wird keine sterile Ausstellung präsentiert, im Gegenteil. Die Räume strahlen eine Atmosphäre aus, in der sich frau vom ersten Augenblick an wohlfühlt. Farbenprächtige schöne Bilder, ein liebevoll dekorierter Tisch mit Kerzen und Früchten, auf dem die Teekanne einen aromatischen Duft verströmt, bunte Bücher und Hefte. Zeit ist nicht mehr bedeutend in dieser Umgebung. Doch das alles würde nicht wirken ohne die energiegeladene, warmherzige und lebendige Frau, die der Besucherin ein herzliches Willkommen ausspricht. Kein Wunder, dass auch die EinwohnerInnen von Nauheim von Zeit zu Zeit gerne mal auf ein Stündchen im Atelier vorbeischauen und es damit zu einer offenen Begegnungsstätte machen. Beate Koslowski ist keine abgehobene Künstlerin, die im siebten Bilderhimmel schwebt, sondern eine Frau, die mit beiden Beinen fest auf der Erde steht und auch mal einiges wagt, wenn sie etwas durchsetzen will.

Die Mutter von drei Kindern wurde 1955 in Wiesbaden geboren. Ihre Eltern waren Heimatvertriebene, eine Tatsache, die das Kind Beate sehr beschäftigte. Das kleine Mädchen fühlte sich manchmal auch »heimatvertrieben« und versuchte seine Vorstellungen dazu in Bildern auszudrücken, beispielsweise indem es die Tiere der Arche Noah illustrierte. Malerei begleitet die Künstlerin seit ihrem dritten Lebensjahr, so war es nur logisch, dass sie 1974 anfing, Kunsterziehung – begleitet von Germanistik und Psychologie – an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt zu studieren. Nach Aussage der heute 55jährigen, fand sie dieses Studium langweilig. Sie wechselte, angestoßen durch den Künstler und Philosophen H.W. Wirth, zur Kunstgeschichte. Ein Studium, das für sie anregend und abwechslungsreich war und sie sehr zufriedenstellte. Wirth wurde für Beate Koslowski zum überzeugenden und geschätzten Lehrer in gegenständlicher Malerei. Die Verehrung des Mentors ließ nach, als dieser behauptetete, »Frauen könnten im Prinzip nicht malen. Man sähe das ja an der Kunstgeschichte, die keine nennenswerten Malerinnen hervorgebracht habe.«

Diese doch sehr überhebliche Aussage brachte die Künstlerin dazu, sich mit feministischen Denkweisen auseinander zu setzen und zu forschen. Malende Frauen waren eher immer die Ausnahme, aber es gab und es gibt sie. Auch wenn heute der Kunstbetrieb immer noch männerdominiert ist, so Beate Koslowski. Männer malen ihrer Meinung nach mit dem Kopf und Frauen mit Gefühl und dem Selbst. Sie schloss das Studium mit Examen und dem Titel Magister ab. 1980 gründete und leitete sie mit dem Maler und Architekten Michael Schlösser die »Freie Kunstschule Darmstadt«, die in der Rheinstraße beheimatet war. Als freie Künstlerin wirkte die engagierte Frau unter anderem zehn Jahre als Illustratorin für den Kranichsteiner Literaturverlag mit. Für sie lässt sich Malerei und Literatur sehr gut verbinden, das Büchlein »Hinter den roten Fassaden« mit lyrischen Texten von Gisela Winterling und Bildmotiven von Beate Koslowski ist ein Beispiel dafür.

Malen ist für die Hutliebhaberin ein Medium, um sich mit der Welt auseinander zu setzen. Dies tut sie nicht nur mit dem Pinsel sondern manchmal auch mit engagiertem körperlichen Einsatz. Zehn Jahre kämpfte sie mit Gleichgesinnten dafür, dass der von den Nationalsozialisten an der Stelle einer zerstörten Synagoge errichtete Bunker an der Friedberger Anlage in Frankfurt zu einer Gedenkstätte für die ermordeten Frankfurter Juden umgestaltet wird. Nach vielen fruchtlosen Diskussionen malte Koslowski schließlich eines Nachts Fragmente der Synagogenfassade auf den Hochbunker.

20 Jahre lebte die Malerin in Griesheim bei Darmstadt und schaltete sich auch hier in das öffentliche kulturelle Leben ein. Sie gab keine Ruhe, bis eine auf einem Parkplatz installierte zerfallene Tafel zur Erinnerung an eine Synagoge durch eine neue ersetzt wurde. Sie spendet Erlöse aus Bildverkäufen zugunsten der Deutschen Aids-Stiftungen oder für Amnesty International.

Motive für ihre Bilder findet Beate Koslowski auch auf Reisen. Im Jahr 2002 nahm sie auf Einladung der Galerie Des Artists Réunis an der »Bienale Dak‘Art« in Dakar/Senegal teil. Sie lebte mehrere Wochen im Haus ihres afrikanischen Galeristen und lernte so den senegalesischen Alltag kennen. Zurück in der Heimat hielt sie die Eindrücke auf zahlreichen Bildern fest, die in Bensheim ausgestellt wurden. Zwei Jahre später radelte Beate Koslowski mit der Fotografin und Musikerin Irmgard Breitbach-Praclik durch Kuba. Auch die Impressionen dieser Reise verarbeitete sie in ihrer Malerei, ebenso wie die Erfahrungen von Reisen durch Israel und dem Golf von Neapel, die in der Galerie Engelsmühle in Darmstadt-Eberstadt zu sehen waren. Auch für die Telekom in der Hilpertstraße hat der Künstlerin eine Auftragsarbeit gemacht.

Die Künstlerin malt bevorzugt mit Acrylfarben. Ihre ausdrucksstarken Bilder sind meist in den von ihr geliebten Rot- oder/und Blautönen gehalten. Rot bedeutet für Koslowski Blut, Feuer, Lebenserfahrungen und Wärme. Blau verkörpert den Himmel, das Meer, Kühle und die Ferne. Mit ihren Kunstwerken kann sie alles ausdrücken und bearbeiten. Letztes Jahr war ihr Motto beim Malen »auf das wesentliche kommen«, dieses Jahr ist es »alles ist im Fluss«. Bilder der Künstlerin kosten zwischen 300 und 3000 Euro, eine Investition in Kunst – nicht in Dekoration -, die sich nach Meinung der Schreiberin unbedingt lohnt.

So beschwingt wie sich dieser Bericht vielleicht liest, war das Leben von Beate Koslowski nicht immer. Sie hat Höhen und Tiefen erlebt, verlor beispielsweise im Alter von 30 Jahren ein Kind, war zeitweise auch mal ganz tief unten. Wie vor etwa drei Jahren. Aber sie gab nie auf. Die starke Frau behielt immer wieder die Oberhand. Vor zwei Jahren richtete die Malerin das Atelier in Nauheim ein und lehrt hier junge Mädchen in ihrer Kunst. Eine Schülerin nimmt sogar den Weg aus Seeheim in Kauf, um bei der Koslowski zu lernen. Diese ist absolut begeistert von ihren Schülerinnen, die sehr begabt seien aber noch nicht selbstbewusst genug. Es sei ein gegenseitiges Nehmen und Geben, denn auch Beate Koslowski profitiert von dem Unterricht. Ihr neuestes Projekt ist eine Malreise nach Ischia, die sie in eigener Regie initiiert hat und an der auch ihre Schülerinnen teilnehmen werden.

Beate Koslowski führt ein lebendiges und bewusstes Leben und ist froh »dass sie hier in Deutschland und das in Frieden leben kann«. Sie ist jederzeit ansprechbar für ihre Kinder und deren Probleme. Diese nehmen das Angebot der Mutter gerne an, so auch gegen Ende des Interviews. Die Schreiberin schaut nach zwei interessanten, kurzweiligen und genussvollen Stunden mal wieder auf die Uhr, verlässt dann mit Wehmut die Künstlerin und das Atelier und nimmt sich fest vor, demnächst wieder an diesen Platz zurückzukehren.

Helge Ebbmeyer

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