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Vermarktete Zeichentrickmädchen

Comicfiguren sind bei Kindern beliebt. Mit der Entwicklung der visuellen Medien hat sich eine Vielfalt von Gestalten entwickelt: Über Printmedien zu bewegten Bildern im Fernsehen und im Internet. Mit möglichst wenigen Strichen werden Figuren in Szene gesetzt, einzelne Bestandteile hervorgehoben: Ein breiter Entenschnabel (Daisy Duck), ein dicker Bauch (Obelix) oder ein großer Busen.

Die klassische Barbiepuppe fand einige Nachahmerinnen, die sich besser vermarkten lassen, beispielsweise in den Figuren der Bratz (der Name kommt aus dem Englischen, "brat" heißt so viel wie Göre). Cloe, Yasmin, Sasha und Jade geht es ausschließlich um Spaß und Lifestyle, sie lieben Partys, sexy Klamotten, Schmuck und teure Accessoires wie Camcorders. Die entsprechenden Puppen wurden vor sechs Jahren von der kalifornischen Firma Micro Games of America (MGA) auf den Markt geworfen. Eine Bratz ist stark geschminkt, hat aufgespritzte Lippen, viel zu große Augen und dafür eine winzige Nase, eine Wespentaille und außerdem sehr dünne Beine. Zu den Puppen gibt es bei einem privaten Fernsehsender die entsprechende Comicserie, die sich besonders an kleine Mädchen richtet.

Die beiden Journalistinnen des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) Margit Herche und Maya Götz haben die Frage gestellt: Wollen Kinder sich solche Figuren anschauen, die derart sexualisiert überzeichnet und viel zu dünn sind? In einer Studie untersuchten sie, welche Figuren Kindern besser gefallen, die normalgewichtige Bibi, eine schlankere oder sogar eine kräftigere Variante. Sie benutzten eine recht unbekannte Zeichnung, in der Bibi bauchfrei dargestellt war. Von ZeichnerInnen wurde sie zweimal abgeändert, die eine etwas schlanker, die andere kräftiger. Die drei Bibis wurden 1.055 Kindern zwischen drei und zwölf Jahren vorgelegt. Interessant war das Ergebnis: Siebzig Prozent der Mädchen und Jungen bevorzugten die normal ernährte Bibi. Von den dreißig Prozent, die sich eine andere Variante aussuchten, bevorzugten die Jungen sogar die etwas kräftigere, während die eher älteren Mädchen der dünneren Bibi den Vorzug gaben.

Dennoch zeigen weit über die Hälfte der weiblichen Zeichentrickfiguren einen auffällig kurvigen Körper mit schmaler Wespentaille, dazu überlange Beine, wie sie selbst bei erwachsenen Frauen nicht vorkommen. Den dünnen Ärmchen fehlt die Kraft und die großen Köpfe sind verunstaltet mit riesigen geschminkten Augen.

Gearbeitet wird mit dem Kindchenschema: Jung, weiblich und sexy. So entstehen Figuren, die einerseits kindlich im Kopf sind und deren Körper einer ausgewachsenen und eher modeoperierten Frau ähneln. Offensichtlich trifft das nicht den Geschmack der Kinder.

Schon in jungen Jahren wird den Mädchen ein Schönheitsideal vorgespielt, das ewig unerreichbar bleiben wird. Bei häufigem Medienkonsum werden die Kinder schleichend an das Ideal gewöhnt. Schon einige Mädchen verweigern Sport, um keine Muskeln zu entwickeln, fangen früh an mit Diäten. Sie werden ihr Leben lang unentwegt ans Essen denken und Kalorien zählen.

Der Weg wird geebnet zu ungeahnten neuen Konsumregionen für einige Industriezweige. Das trifft nicht unbedingt die wirklichen Bedürfnisse der Konsumentinnen. Erfreulich ist, dass einige öffentlich rechtliche Medieninstitute mittlerweile kritisch mit dem Thema umgehen. Umdenken müssen aber auch die ProduzentInnen für neue kinderfreundlichere Serien.

Gundula Pause

Das IZI Institut untersteht dem Bayrischen Rundfunk und führt Forschungsprojekte im Bereich Kinder-, Jugend- und Bildungsfernsehen durch. Sie finden das Institut im Internet unter der Adresse:
www.br-online.de/jugend/izi

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