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Eva ist mal wieder schuld!

Die Redaktion der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" weiß genau, warum die männliche Fortpflanzungsfähigkeit schwächelt und die Spermien in Anzahl und Qualität zu wünschen übrig lassen.

Anfang des Jahres ging die Meldung wie ein Lauffeuer durch die Presse. Die Pille zur Empfängnisverhütung ist schuld und natürlich die sündigen, zügellosen Frauen, die sie schlucken. Sie schlucken sie nicht nur, sie scheiden sie auch aus und jetzt haben wir den Schlamassel. "Tonnen von Hormonen" verursachen angeblich seit Jahrzehnten nicht nur Umweltzerstörung, sondern schädigen auch das Zeugungspotenzial der männlichen Bevölkerung.

Pedro José Mario Simon Castellvi, der Präsident des Internationalen Verbands der katholischen Medizinervereinigungen, hält das gesammelte Datenmaterial für ausreichend, um diese Behauptung aufzustellen.

Die katholische Kirche wusste schon immer, dass Empfängnisverhütung des Teufels ist und hat schon 1968 mit der Enzyklika "Humanae Vitae" jegliche Verhütungsmittel für ChristInnen verboten. "Liebende Vereinigung und Fortpflanzung" seien unlösbar miteinander verbunden, meint der in derlei Dingen doch unerfahrene, weil zölibatäre katholische Klerus ganz genau zu wissen.

Flugs wird der Pille und damit den Frauen, die sie trotz gesundheitlicher Risiken, auch im Interesse der Männer jahrelang schluckten, die alleinige Verantwortung für Spermienschwund und Umweltverschmutzung zugeschoben.

In ihrer uralten Angst vor der verführerischen Eva haben die alten Herren im fernen Rom jedoch zu kurz geschossen. Die Theorie über die männliche Sterilität durch Hormone und hormonähnliche Stoffe ist nicht neu. Schon vor etwa fünf Jahren wurde bekannt, das das durch den Urin ausgeschiedene Östrogen der Pille, aber auch ausgeschiedene Medikamente, ungefiltert in Bäche und Seen gelangen. GewässerforscherInnen gaben zwar Entwarnung für den Menschen, die Mengen im Wasser seien zu gering, um Folgen zu zeigen, aber von möglichen Langzeitfolgen ist noch nichts bekannt.

Studien lassen vermuten, beweisen aber nicht, dass Hormone im Trinkwasser bei Männern zu Verweiblichung, schlechter Spermienqualität und sogar Hodenkrebs führen könnten.

Aber andere Stoffe, die ähnlich wie weibliche Östrogene auf den männlichen Körper wirken, sind auch in Putzmitteln und als Weichmacher in Kunststoffen zu finden. Nun könnte einer bei den Putzmitteln gleich wieder darauf kommen, dass Frauen als Hauptputzerinnen der Welt auch wieder an der Misere schuld sind und viele Männer nicht von ungefähr das Putzen scheuen wie der Teufel das Weihwasser!

Aber nicht nur verunreinigtes Wasser, sondern auch Luftverschmutzung wirken auf das irgendwie doch recht anfällige männliche Geschlecht. Brasilianische ForscherInnen fanden heraus, dass in Regionen Sao Paulos mit hoher Luftverschmutzung mehr Mädchen zur Welt kommen. Ähnliche Fälle sind aus Studien über die Folgen von Naturkatastrophen, Terrorakten oder Kriegen bekannt, die ebenfalls zu einer Verschiebung der Geschlechterverhältnisse in Richtung auf mehr Geburten von Mädchen führten. Es könnte sein, so ein Forscher der Cleveland Clinic in Ohio gegenüber dem News-Dienst von "Nature", dass Y-Spermien empfindlicher auf Umweltgifte reagieren.

Jetzt muss sich der Vatikan noch mehr Sorgen machen um die gefährdete Manneskraft. Aber wo nehmen die Herren jetzt den Sündenbock her?:

Barbara Obermüller

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