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Frauen im HipHop

Die alte Geschichte von der Frau als Heilige oder Hure

HipHop ist eine kulturelle Bewegung, die ihre Quellen in den afroamerikanischen Ghettos New York Citys der 1970er-Jahre hat. Mittlerweile ist er zu einer internationalen Subkultur der großstädtischen Jugend geworden. Rap ist ein Sprechgesang, der Rhythmus und Poesie verbinden soll, und Teil dieser Kultur. Die harte Sprache der schwarzen männlichen Ghettobewohner zeugt von Gewalt und Kriminalität und klagt die gesellschaftlichen Verhältnisse an.

Einige von ihnen, die sich gerne Gangsta-Rapper nennen, haben in Deutschland auf diese Art viel Geld gemacht, auch sie singen vom Ghetto, wo sie "alles verlor'n", aber auch und besonders von Huren und Schlampen, die den Männern stets sexuell zu Diensten stehen oder besser liegen sollen, wenn die Rapper dies wünschen. Einer von ihnen, er nennt sich Bushido, ist eher bürgerlicher Herkunft, jedenfalls nicht vom Ghetto, hätte fast das Abitur geschafft, schnell aber die Marktlücke erkannt, mit Gewalt und Frauenverachtung große Gewinne zu machen. Im Internet, das mittlerweile zum beliebtesten Medium für Jugendliche geworden ist, finden die jungen Leute Songs und Video-Clips, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus ethischen Überlegungen nicht gezeigt werden oder verboten sind. Viele unserer Kids in Deutschland schaffen es kaum noch, ihre liberalen Eltern herauszufordern, doch Gewalt zieht immer.

Die Rapper-Szene ist männlich geprägt - doch auch hier finden sich ein paar unentwegte junge Frauen, die es geschafft haben, sich in diesem sexistischen Milieu durchzusetzen und Erfolg zu haben, die einfach Spaß an dieser Art von Musik und Kultur haben und ihren eigenen Stil finden. Im August 2008 gab es in Berlin das "We B*Girlz", ein vierwöchiges internationales Festival für Frauen und Mädchen. Die VeranstalterInnnen beabsichtigen, das Selbstbewusstsein von Mädchen und Frauen im HipHop zu stärken, ihnen Werkzeuge an die Hand geben, ihre eigene Kultur zu dokumentieren und das Image der Frau im HipHop zu verändern.

Pyranja, eine der teilnehmenden Rapperinnen, ist Moderatorin beim Radio Berlin-Brandenburg und rappt seit ihrem sechzehnten Lebensjahr. Sie gründete die Frauen-Rap-Formation Ostblokk und zählt zu den weiblichen Rap-Vorbildern. Sie betreibt ihr eigenes Label und kennt das Business aus nahezu jeder erdenklichen Perspektive.

Über das Internetportal YouTube können einige Songs von Pyranja gehört und angeschaut werden. Mit ihrer angenehmen Stimme präsentiert sie uns eine breite Palette von ehrlichen Gefühlen im bildhaften Erzählstil bis zu kämpferischen Passagen. "Die Zeit in Deiner Nähe vergeht einfach zu schnell. Es ist fast, als ob die Sonne auf den Horizont fällt." Mal weich und sanft oder hart und couragiert, so greift sie auch gern mal ihre männlichen Kollegen an: "Ich mein, ich schaff an einem Tag, wofür ihr Jahre lang braucht und langsam hass ich Rap, weil ihr nur Images klaut."

Eigentlich hat sie nie in der Feministinnenecke stehen wollen, erwähnte sie in einer Podiumsdiskussion mit Alice Schwarzer auf dem Festival. Dass es wirklich ein Problem gibt mit dem Frauenbild in der HipHop-Szene, hatte sie erst realisiert, als sie in ihrer Diplomarbeit einschlägige Texte der männlichen Rapper untersuchte: "Da gibt's immer die geliebte Mama oder auch die eine, tolle Freundin - die anderen Frauen sind alles Schlampen. Die alte Geschichte von der Frau als Heilige oder Hure."

Auch MC Sookee, die als Musikerin mit auf dem Podium saß, möchte nicht auf "die Frauenfrage" festgelegt werden. Lieber wollte sie "die Kategorie Geschlecht" überwinden, auch über Homophobie und Rassismus im Rap diskutieren. "Third Wave Feminism" eben - statt der ewigen Geschlechterfrage - "Geschwisterlichkeit statt Schwesternschaft".

Die Rapperinnen machen nicht so viel Wirbel wie ihre männlichen Kollegen, sie sind leider auch nicht so bekannt. Vielleicht liegt es daran, dass ihre Texte nicht derart provozierend, gewalttätig und Frauen verachtend sind. Oder weil sie nicht im Bikini auftreten. Schade, dass es immer Gewalt oder Sex braucht, damit Talente entdeckt und Menschen beachtet werden.

Gundula Pause

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