Werden Sie auch eine

MATHILDE

Ein kleines Idyll im Odenwald

Ein Querschnitt über ein Haus und eine Bauherrin, die sich ihren Traum vom Bauen im Einklang mit der Natur erfüllte

Nur 25 Kilometer vom Darmstädter Luisenplatz entfernt gibt es ein richtig schönes Fleckchen Natur. Das Örtchen Steinau, das seinen Namen vom Steinbach hat und den endlos vielen Steinen, die hier zu finden sind, ist in der Gemeinde Fischbachtal gelegen, unterhalb der Neunkirchner Höhe. Kaum bekannt, schlummert hier ein Erholungsparadies. Kein Flugzeuglärm, kein Durchgangsverkehr, jedes Auto wird interessiert registriert und es gibt ebenso viele Kühe und Pferde wie Bewohner/innen. Seit dem ersten Juni 2008 zählt das Örtchen 318 Einwohner/innen.

Schon viele Jahre habe ich davon geträumt einen Garten zu haben, eigenes Gemüse und Salat, ein Beet voller Blumen, abends am Feuer draußen zu sitzen und in den Himmel zu schauen.

Wenn nicht jetzt, wann sonst. Im Frühjahr 2007 habe ich mich auf die Suche nach meinem kleinen Paradies gemacht; und gefunden habe ich eine Wiese in Steinau. 19 Meter breit und 175 Meter lang. Der Bauplatz ist im vorderen Stück zur Straße hin, vom Ende des Grundstücks ist ein wunderbarer Blick hinüber zum Schloss Lichtenberg.

Ich träumte davon, in Harmonie mit der Natur zu wohnen. In baubiologisch einwandfreier Qualität, ohne Elektrosmog, Bauchemie, Lösemittel und Weichmacher. Auch ohne Öl und Erdgas Lieferungen aus der Nordsee oder aus Sibirien.

Ich begann zu planen und zu recherchieren. Der Grundriss stand schnell. Ich verbrachte Tage auf dem Grundstück und fertigte Skizzen mit den Himmelsrichtungen, der Besonnung, den Blicken zu den Nachbarn und den Ausblicken auf die wunderschöne Landschaft.

Der Keller hat eine separat zugängliche, behindertengerechte Einliegerwohnung, Erdgeschoß und Dachgeschoss haben jeweils 70 Quadratmeter Wohnfläche mit zwei bis drei Zimmern, Küche und Bad. Alle Räume haben einen Balkon, manche sogar zwei.

Ein Holzhaus sollte es werden, besser gesagt ein Holzständerhaus. Tage, Wochen verbrachte ich auf der Suche nach den besten Komponenten. Denn auch auf dem Öko und Bio Markt tummelt sich viel Etikettenschwindel. So habe ich Holzhaushersteller auf den Zahn gefühlt und nach den Herkunftsnachweisen für ihr Material befragt, die Zeitschrift Ökotest auswendig gelernt und es war fast detektivische Arbeit zu recherchieren, was hinter den vielen verschiedenen Labels steckt.

Bei Architekten habe ich angefragt, die alle ihre Bedenken hatten, und so habe ich selbst geplant, konstruiert, ausgewählt, gebaut und umgesetzt. Unendlich viele Angebote holte ich ein, mit Erfolg. Allein für die Holzheizung kombiniert mit der Solaranlage bekam ich Angebote zwischen 20.000 und 60.000 Euro. Kessel und Speicher, die viel zu groß und an unserem Bedarf vorbei dimensioniert waren oder Zisternen, die nicht hätten angeschlossen werden können.

Am gewaltigsten waren die Kämpfe mit den Handwerkern, die oft nicht oder irgendwann kamen, rechthaberisch ihre Fehler oder Wissenslücken ignorierten und oft Angebote für meinen Biostandard machten, diesen dann aber gar nicht umsetzen konnten und doch mit der Dose Bauschaum versuchten, ihre Löcher zu stopfen. Erschrocken fragte ich mich oft, wie die Menschen ihre Häuser bauten, als die Bauchemie noch nicht ihren (vermeintlichen) Siegeszug angetreten hatte.

Trotz der Flüche und Drohungen habe ich mich nicht entmutigen lassen. Und nach sechs Monaten Bauzeit konnten wir bereits einziehen. Letztendlich hat mich das Haus etwa genauso viel gekostet, wie ein vergleichbares Angebot von Bien Zenker in konventioneller Bauweise.

Das "blaue Haus" steht und ist wunderschön, mit der angenehmsten Wohnatmosphäre, die ich mir vorstellen kann. Ein Niedrigenergiehaus in Holzständerbauweise mit Hanfdämmung. Der Innenputz ist Lehm, der Anstrich Kreidefarbe, auf dem Boden sind Vollholzdielen. Das Brauchwasser wird durch die Sonne erwärmt und geheizt wird mit einem 15 Kilowatt Scheitholzkessel. Die Elektroleitungen sind abgeschirmt und PVC frei. An den Schlafplätzen gibt es weder Wasseradern noch sonstige Störungen und von meinem Arbeitszimmer aus sehe ich die Kühe, oft kommen Rehe, zwei Milane kreisen, auch Hasen und Igel und ein Reiher waren schon zu Gast.

Ein Besuch lohnt sich. Noch versuche ich das Landleben ohne Auto. Steinau ist zwischen 8 und 19 Uhr stündlich erreichbar mit dem Bus K 57 ab Reinheim und hat direkten Anschluss an die Odenwaldbahn Vias. Von der Bushaltestelle sind es dann noch 7 Minuten zu Fuß.

diegelfrau, dr.-ing.

zurück

MATHILDE