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Weitere Filme - über lesbische Vorbilder

 

Ruth Ellis wurde 101 Jahre alt (1899 - 2000). Sie war die älteste, offen lebende, afrikanisch-amerikanische Lesbe in USA. Über sie gibt es den Film. "Living with pride" von Yvonne Welbon, 1999, 60 Min.
www.sistersincinema.com

 

Der Film "anders leben - Lesben im Alter" portraitiert drei alte Lesben: Hannelore, die frühere Leistungssportlerin, Christel, die Besitzerin einer der ersten Lesbenkneipen im Nachkriegs-Berlin, Wienke, die ehemalige Sonderschulrektorin und politische Aktivistin.
2005, 60 Min. Regie, Schnitt: Isabel Rodde, Produktion: medien konkret, Büro für Kultur- und Medienprojekte, Hannover
www.andersleben-film.de

 

mehr über Anke Schäfer im Internet z.B. unter
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/anke-schaefer

 

»Ich habe viel getan,
tat es gern und würde
es immer wieder machen«

Anke Schäfer

Interview mit einer der
bekanntesten, offen lebenden
Lesben zum Thema Vorbild

Anke Schäfer habe ich ausgewählt zum Thema Vorbilder. Sie ist eine der bekanntesten, offen lebenden Lesben in Deutschland. Seit Jahren treffe ich sie auf den Lesbenfrühlingstreffen und war immer sehr erfreut, wenn ich sie vor Kamera und Mikrofon bekommen konnte für meine Videofilme.

Für mich ist sie durchaus ein Vorbild. Das, was sie über Jahrzehnte in die Lesben-Frauen-Bewegung eingebracht hat, beeindruckt mich.

Dieses Jahr im August wurde sie 70 Jahre alt. Ich war "zufällig" im Frauenlandhaus Charlottenberg, als ihre Geburtstagsfeier stattfand. Anke: "Es war eine schöne Feier, wir waren alle sehr fröhlich."

Anke wurde 1938 in Berlin geboren und hat 1956 eine Lehre als Verlagsbuchhändlerin absolviert. Sie war 1976 Initiatorin und Mitbegründerin des Wiesbadener Frauenbuchladens "Sappho", vier Jahre später übernahm sie den feministischen Buchverlag als Lesbenbuchverlag. Auch einen Frauenliteraturvertrieb gründete sie, gab den Lesbenkalender heraus und 1986 die erste deutsche Frauenbuchkritikzeitung "Virginia".

1986 war sie Mitbegründerin des Vereins SAFIA "Selbsthilfe alleinlebender Frauen im Alter". Anke: "SAFIA ist anders geworden, als ich es mir vorgestellt habe. Schöner, auch problematischer."

Bei der Suche nach einem Ort für das Frauenhaus und das Frauenzentrum in Wiesbaden war sie beteiligt, war aktiv in der Frauenbewegung, als Netzwerkerin und bei feministischen Buchmessen. 1998 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihr 25jähriges frauen- und lesbenpolitisches Engagement.

Anke lebt seit vielen Jahren in der Altlesben-Wohngemeinschaft Villa Charlotta in Charlottenberg. Sei 1998 ist sie Überlebende von Nierenkrebs.

Uli Bez hat 2007 einen Film über Ankes Leben gemacht "Von heute an! Anke Schäfer, die Frauenbewegung und die Lesben". 70 Min. (www.tikala.de/link.htm)

 

Anke: "Ich habe erst beim Ansehen des Films gemerkt, dass es ein biografischer Film geworden ist."

Anke, was waren Deine Vorbilder?

Ich hätte gerne Vorbilder gehabt. Berlin habe ich als Kind gehasst. Ich wollte immer so leben, wie ich heute lebe, in einem kleinen Dorf, wo sich alle kennen, übersichtlich, nicht so laut und nicht so stinkig wie in einer Großstadt.

Wir Lesben in den 1970ern, die Nachkriegsgeneration, hatten keine lesbischen Vorbilder, es gab noch keine. Eine Lehrerin meiner Tochter war ein Vorbild für mich, sie wollte in keinen Verein und in keine Partei. Ich hätte es einfacher gehabt, wenn ich mehr Vorbilder gehabt hätte.

Anfang der 1970er wurde ich in einer Diskussion zum ersten Mal gefragt, ob ich Feministin bin. Damals habe ich geglaubt Lesben sind automatisch auch Feministinnen. Ich bezeichne mich als Feministin.

In der Frauenbewegung habe ich gelernt mit Frauen umzugehen, zu diskutieren, zusammen zu kämpfen, in die Öffentlichkeit zu gehen, politisch zu sein.

Wenn Menschen zusammen kommen ist das immer schwierig. Mit dem Älterwerden sollten wir lernen andere so zu lassen, wie sie sind.

Hast Du heute Vorbilder?

Eher weniger. Von der ersten Frauenbewegung sind mir heute die Autorinnen wichtig: Anita Augsburg und Lida Gustava-Heymann, das wären Vorbilder gewesen, wenn ich damals davon hätte lesen können. Luise Pusch ist mir wichtig, sie tut mir mit ihrer Sprachkritik gut. Ich bin jetzt ihre Mate (weibliche Bezeichnung für Pate) bei SAFIA.

Was bedeutet Vorbild für Dich?

Starke Frauen.

Bist Du Vorbild für andere?

Ich sehe mich selber nicht so. Ich weiß nicht, was ich tun soll, um ein Vorbild zu sein, dem zu entsprechen. Ich weiß nicht, ob und wie ich Vorbild geworden bin. Junge Lesben heute sagen zu mir sie wollen keine Vorbilder.

Als ich das Bundesverdienstkreuz bekommen sollte (die Frauenbeauftragte von Wiesbaden hatte mich vorgeschlagen), habe ich mich gefragt, was habe ich nur falsch gemacht? Ich wollte es erst nicht annehmen. Die anderen Lesben wollten, dass ich es annehme, weil es so wenige offensive Lesben gibt, die dafür vorgeschlagen werden. Dann habe ich es doch angenommen. Ich nahm es für alle anderen Frauen und Lesben mit an.

Warst oder bist du Vorbild für Deine Tochter?

Kann ich so nicht sagen, aber wir beide haben ein wunderbares Verhältnis. Ich wollte jedenfalls nicht so werden wie meine Mutter. Wir waren fünf Schwestern, ich war die vierte. Die drei älteren waren meine Mütter.

Was ist Deine Botschaft an jüngere Lesben?

Das haben die GORIZIS (junge Lesben der UNI Mainz, betreiben ein Internetportal) mich auch gefragt. Sie wollten mich als Schirmherrin, ich habe gesagt: höchstens als Schirmfrau.

Ich sage den jüngeren: Nicht aufhören! Weiter kämpfen für die Frauen! Nicht denken das ist alles erledigt, sondern bei Sprache, Literatur, bei allem was wir angefangen haben zu verändern - dranbleiben! Es gibt noch viel zu tun!

In den Buchladen in Wiesbaden kamen viele misshandelte Frauen. Das waren schreckliche Geschichten, ich wollte irgendwann nicht mehr drüber reden. Ich habe immer wieder gesagt es ist schwer so zu leben, wie ich lebe, frau muss dafür sehr stark sein. Ich bin eine Bewegungslesbe (eine die erst durch die Frauenbewegung lesbisch geworden ist).

Fotos, Interview & Text: Helma Eller

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