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MATHILDE

Ehrgeiz und Spaß unter den Plantanen

Frauen spielen Boule

Wenn ich spiele, will ich gewinnen«, sagt Martina. Die langhaarige Frau ist Präsidentin der seit 20 Jahren bestehenden Boule-Gemeinschaft »Wilde 13«. Vor acht Jahren kam sie nach Darmstadt (»Die Liebe und die Liebe zum Boule führten mich her«) und rühmt das Ambiente auf der Mathildenhöhe: »Einen so schönen Ort, um Pétanque zu spielen, gibt es deutschlandweit sonst nirgends«, meint sie. Besonders viel Spaß macht das Spiel mit Kugeln, »Schweinchen« und einem Gläschen Rotwein zur Sommerzeit.

Ob »Boule« oder »Pétanque«, nicht nur Männer sondern auch Frauen lassen die Kugeln rollen. Während das Spiel, das auf südfranzösischer Tradition basiert, dort noch immer Männerfreizeitsport ist, haben sich Frauen hierzulande erfolgreich eingeklinkt.

Als Präsidentin ist Martina für die Organisation von hessenweiten Turnieren, Vergabe von Spiellizenzen und Finanzen zuständig. »Wir sind kein Verein, sondern eine Gemeinschaft von Freunden. Trotzdem braucht das Ganze Struktur, damit die Kugeln nicht aus dem Ruder laufen«, erklärt Martina schmunzelnd. 70 Leute gehören zur »Wilden 13«, rund 25 Frauen sind seit Jahren und Jahrzehnten dabei. Beim »Boule« ist man per Du – viele der gestandenen Frauen, durchweg in der Mitte des Lebens mit (fast) erwachsenen Kindern und Beruf, kennen sich von Jugend an.

Boulespiel in Darmstadt hat seine Wurzeln im »Watzeviertel«, wo man seit ehedem gern in Cafés und Kneipen zusammensitzt. »Wir sind alle lebenszugewandte Leute, wollen Spaß haben und trinken auch gern mal ein Glas dazu«, umschreibt Linda das Gemeinsame und prostet lachend in die Runde. Da sind Bea, Ellen, Ute und Theresia, blitzgescheite und lebenskluge Frauen, die sich den Spaß am Leben bewahrt haben. »Es ist ja nicht so, dass es keine Sorgen und Nöte gäbe – aber wir fangen uns immer wieder gegenseitig auf«, sagt die dunkel gelockte Theresia. Sie arbeitet als Beschäftigungstherapeutin in einem Seniorenheim, ein Job, der viel Empathie braucht. »Wenn ich abends schlagkaputt bin, komm ich hierher auf die Mathildenhöhe. Das tut mir gut«, erzählt sie lächelnd. Und sie fügt hinzu: »Wenn du Kummer hast und traurig in einer Ecke sitzt, holt dich immer jemand raus.«

Während die Frauen offenherzig erzählen, wird deutlich, dass die Freude am gemeinsamen Ballsport mit großer Vertrautheit Hand in Hand geht. Anders wäre die fabelhafte Atmosphäre, die hier jeden Vorübergehenden streift, nicht denkbar.

»Beim Spiel sind wir richtig ehrgeizig. Vor allem ich«, betont Linda. Man habe schließlich eine Männerdomäne erobert, manche Frauen seien inzwischen besser als die »Jungs«. »Die haben oft richtig Angst vor uns«, schmunzelt Linda mit Seitenblick zu den graumelierten Männern in Jeans, den »Jungs« der Wilden 13.

Die Frauen sind gleichberechtigte Turnierspielerinnen, fahren mehrmals jährlich zu Wettkämpfen außerhalb Darmstadts und heimsen mit souveränen Schüssen Punkte ein. »Oft heißt es beim Boule, »Schießen« sei Männersache«, sagt Linda. »Schießen« bezeichnet die aggressivere Spielart, bei der nicht sanft gekullert wird (»legen«), sondern die gegnerische Kugel mit kraftvollem Wurf vom »Schweinchens« weg geschossen wird. »Wir sind alle starke Schießerinnen – unsere Jungs haben uns deshalb schon ‚Die Hennen der Hölle’ getauft«, erzählt Linda lachend.

Die Frauen sind zwei bis dreimal wöchentlich beim Boulespiel. »Wir haben schon Spiele ausgetragen, die gingen bis in die Nacht, so dass wir beim Licht der Laternen kaum mehr was gesehen haben«, sagt Theresia. Und Linda ergänzt: »Wisst ihr noch, als mal Schnee lag und die Boulekugeln wurden zu dicken weißen Bällen?« Alle lachen.

Die Frauen stärken einander in der Gemeinschaft den Rücken. Zugleich betonen sie, dass sie die Männer nicht missen wollen. »Der Flirtfaktor ist nicht zu unterschätzen«, sagt Linda und plinkert mit den schönen dunklen Augen. Und auch Ute meint: »Ohne Männer ist es langweilig.« Theresia hat eine Weile im reinen Frauenteam eines anderen Vereins gespielt: »Hat mir nicht gefallen«, sagt sie knapp. Und dann: »Ich bin eher der mütterliche Typ und tröste die Jungs, wenn’s mal nicht so läuft.«

Charlotte Martin

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