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MATHILDE

Neuer Start auf neuen Wegen!

Orientierungskurs zum beruflichen Wiedereinstieg

Interview

Wenn die Kinder „aus dem Gröbsten“ raus sind, sehen sich die meisten Frauen nach einer Berufstätigkeit um. Kontakt zu anderen Menschen, eine interessante Aufgabe, mehr Unabhängigkeit durch eigenes Einkommen sind Gründe für den Berufswunsch. Die Volkshochschule Darmstadt-Dieburg bietet seit über 20 Jahren Orientierungskurse an, die es den Teilnehmerinnen ermöglichen, für sich ganz persönlich den richtigen Weg zu finden. Sigrid Schimmelpfennig leitet diesen Kurs, der inzwischen zweimal im Jahr über insgesamt vier Monate angeboten wird. In dieser Zeit sind dreimal wöchentlich vormittags die Kurssitzungen (außer in den Schulferien).

Sigrid, du arbeitest mit Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen möchten. Was bedeutet das „wieder einsteigen“ – eine Rückkehr in den alten Beruf oder auch was ganz Neues?

Genau in diesem Punkt sind viele Frauen anfangs unentschieden und holen sich im Kurs Orientierung und Klarheit. Sie ziehen Bilanz, welche Tätigkeit zu ihren Vorstellungen und ihren familiären Gegebenheiten passt und entwickeln daraus ihre konkreten Pläne. Viele entscheiden sich dann wieder in den alten Beruf zurückzugehen, manche orientieren sich ganz neu mit einer anderen Ausbildung oder dem Wechsel der Berufssparte. Auch die Entscheidung, einen höheren Schulabschluss nachzuholen oder ein Studium aufzunehmen, kommt vor.

Welche Frauen kommen zu dir? Welche Frauen willst du ansprechen?

Die Teilnehmerinnen haben vor ihrer Familienzeit in ganz unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Manche sind auch ohne Berufserfahrung und haben sich direkt nach der Schule oder dem Studium für die Familie entschieden. Allen gemeinsam ist die hohe Motivation, neue berufliche Schritte zu gehen.

Festzustellen ist, dass die Berufsunterbrechung der Teilnehmerinnen immer kürzer wird, was positiv für die Wiedereinstiegschancen ist. Das heißt aber nicht, dass eine Frau, die ein Jahrzehnt oder länger nicht erwerbstätig war, auf dem Arbeitsmarkt chancenlos wäre. Die Erfahrung zeigt, dass eine Frau, die wirklich entschlossen ist, wieder berufstätig zu werden und ernsthaft und hartnäckig an sich arbeitet, auch eine passende Stelle finden wird. Oft ist vorher eine Weiterbildung nötig, um auf den aktuellen Stand zu kommen.

Als besonders hilfreich und auch förderlich für das Selbstbewusstsein wird von den Teilnehmerinnen des Kurses das dreiwöchige Betriebspraktikum empfunden. Hier werden wichtige Kontakte geknüpft und Infos eingeholt, die bei der Jobsuche oder bei der Entscheidung für die richtige Weiterbildung nützlich sind. In einigen Fällen ist es vorgekommen, dass Teilnehmerinnen in ihrem Praktikumsbetrieb einen Job gefunden haben.

Erzähl doch bitte mal, wie deine Kurse organisiert sind und welche Zielsetzungen im Vordergrund stehen. Wo liegen die Schwerpunkte?

Die Kurse werden von der VHS in Reinheim (ab November) und in Griesheim ( ab 25.2.08) in Zusammenarbeit mit den lokalen Familien- und Gleichstellungsbeauftragten angeboten. Ziel ist die Begleitung und Unterstützung auf dem Weg zurück in den Beruf durch gezielte Informationen und unterschiedliche Hilfestellungen. So erarbeiten die Teilnehmerinnen ihr Kompetenzprofil, entwickeln ihre beruflichen Pläne und bekommen neuen Kontakt zur Arbeitswelt durch Praktikum und Betriebsbesichtigungen. Weiterbildungsmöglichkeiten werden erkundet und ein intensives Bewerbungstraining schließt sich an.

Erfahrungsgemäß wachsen die Gruppen schnell zusammen und die Gruppe bildet ein eigenes kleines Motivierungs- und Unterstützungssystem.

Im Rahmen des Projekts Kompetenzpass erstattet die Bundesagentur für Arbeit den Teilnehmerinnen, die arbeitslos gemeldet sind, einen Zuschuss zur Kursgebühr (195 Euro) in Höhe von 100 Euro. Was ist das: der Kompetenzpass?

Anfangs erarbeiten wir den Kompetenzpass, der eine geniale Hilfe für Wiedereinsteigerinnen ist, um sich ihres Könnens bewusst zu werden und um sich erfolgreich zu bewerben. Die Idee geht auf eine Initiative des Deutschen Jugendinstituts München und des Bündnisses für Familie in Kassel zurück. Berufstätige bekommen Arbeitszeugnisse, die ihre Qualifikation dokumentieren, aber eine Mutter, die ihren 3, 4, 5-Personenhaushalt managt, die Verhandlungen und Konflikte mit KinderärztInnen, ErzieherInnen, LehrerInnen, Tagesmüttern, Handwerkern austrägt, ist sich ihrer Fähigkeiten oft gar nicht bewusst.

Im Kompetenzpass werden die Lernerfahrungen gesammelt, die außerhalb des Berufes gemacht wurden, weil Familienarbeit eben nicht das berüchtigte „schwarze Loch“ im beruflichen Lebenslauf produziert, sondern vielmehr auch Lern- und Trainingsort für Schlüsselqualifikationen und „soft skills“ ist, die im Berufsalltag benötigt werden. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie wenig bewusst sich Wiedereinsteigerinnen über diesen Schatz von Kompetenzen sind, den sie im Gepäck haben. Der Pass zeigt auf einen Blick diese informell erworbenen Fähigkeiten und die besonderen Aktivitäten auf dem Weg zurück in den Beruf.

Die letzte Seite des Passes ist eine verkäuferische Bilanz und kann als Bestandteil einer Bewerbungsmappe genutzt werden.

Gibt es deines Wissens denn auch Kontakte der Teilnehmerinnen untereinander nach Abschluss des Kurses und eventuell geglücktem Wiedereinstieg ins Berufsleben etwa in Form eines „Netzwerks“ und Erfahrungsaustauschs?

Meistens halten die Teilnehmerinnen auch nach der Kurszeit noch Kontakt miteinander, tauschen Informationen aus und unterstützen sich weiter. Den Rekord hält einer meiner ersten Kurse, die Teilnehmerinnen treffen sich inzwischen seit über zehn Jahren. Nutzen und Notwendigkeit dieses kleinen Netzwerks sind sehr hoch, einerseits, um auch nach dem Kurs die Motivation zu erhalten, andererseits aber auch, um sich gegenseitig auf Jobmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Denn der Königsweg, um an einen Job zu kommen, ist schon lange nicht mehr die Stellenanzeige in der Zeitung, dagegen kommen den Tipps und Hinweisen aus den „informellen Netzwerk“, also dem Kreis von Freunden, Bekannten, Nachbarn etc. bei der Suche nach dem geeigneten Arbeitsplatz immer mehr Bedeutung zu.

Unabhängig vom Kurs berätst du auch Frauen? Welche Tipps zum Wiedereinstieg gibst du?

Der berufliche Wiedereinstieg ist natürlich immer ein sehr individueller Prozess, generell ist folgendes zu beachten und zu empfehlen:

  • Arbeitslos melden und die Angebote der Arbeitsagentur nutzen
  • Bei der Entscheidung alter Beruf oder etwas Neues, bringt ein Praktikum Klärung und Realität in die Überlegungen
  • Ist eine Weiterbildung sinnvoll? Nützliche Internetadresse www.weiterbildung-starkenburg.de. Prüfen, ob die Arbeitsagentur eine passende Maßnahme finanziert
  • Das eigene Kompetenz- und Qualifikationsprofil erarbeiten: Was kann ich wirklich gut? Welche Fähigkeiten habe ich in der Familienzeit gelernt beziehungsweise vertieft?
  • Bewerbungsunterlagen sorgfältig zusammenstellen, fehlende Arbeitszeugnisse noch einholen; keine Einheitsschreiben, Bewerbungen müssen passgenau auf die Anforderungen der Stelle hin formuliert sein
  • Nicht nur den Stellenmarkt in der Zeitung beobachten, sondern auch Initiativbewerbungen an ausgewählte ArbeitgeberInnen schicken; Informationen aus dem Bekanntenkreis nutzen
  • Vorstellungsgespräche proben
  • Es kann auch sinnvoll sein, einen Minijob als Wiedereinstieg zu nutzen, um Berufspraxis zu erwerben. Aber das Ziel einer voll versicherten Stelle, mit der man auch mehr für die eigene Rente tun kann, nicht aus den Augen verlieren
  • Kinderbetreuung organisieren, außer dem Plan A auch einen Plan B für Notfälle in petto haben
  • Locker lassen; der Haushalt kann, wenn man berufstätig ist, nicht mehr ganz so perfekt sein wie vorher. Oder sich helfen lassen: Wie wäre es mit solidarischer Familienhilfe oder einer Putzfrau?
  • Einen Orientierungskurs für Wiedereinsteigerinnen machen

Wie kamst du selbst zu diesem „Job“? Kannst du uns was zu deinem eigenen Werdegang erzählen?

Ich bin Sozialwissenschaftlerin und habe nach meiner eigenen Familienzeit u.a. im Frauenbüro des Landkreises gearbeitet und Broschüren und Projekte für Wiedereinsteigerinnen entwickelt. 1999 habe ich mich in eigener Praxis in Dieburg selbständig gemacht als Trainerin und Coach. Für die VHS bin ich seit 1986 tätig und habe schon viele Male den Kurs „Neuer Start auf neuen Wegen“ geleitet. In Reinheim, Griesheim und Otzberg führe ich die von den Gleichstellungsbeauftragten finanzierten Wiedereinstiegsberatungen durch. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind Work-Life-Balance, Stressabbau, Mobbingprävention, Bewerbungstraining, Zeit- und Selbstmanagement und Coaching. Meinen Kursteilnehmerinnen und Kunden möchte ich Mut machen, ihre Potentiale und Stärken weiter zu entwickeln, um sich neue Wege und Lösungen zu erschließen.

Danke für das Gespräch!

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Das Interview führte Petra Koloska.
  Job-Support Sigrid Schimmelpfennig
Tel: 06071/980602
Email: si.schimmelpfennig@web.de
www.mobbingberatung.de
Anmeldungen für die VHS-Kurse bei Frau Kliss 06071/8812316