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Einige Begriffe aus dem Text:
Als Spam bezeichnet werden unerwünschte, in der Regel auf elektronischem Weg übertragene Nachrichten, die massenhaft versendet werden und unsere E-Mail-Boxen zum Überlaufen bringen. Die Versender dieser E-Mails heißen Spammer.
Googeln bedeutet, Inhalte über eine Suchmaschine im World Wide Web (Internet) suchen, Google ist wirtschaftlich am mächtigsten, es gibt jedoch noch viele andere, z. B. Yahoo.
BLOGGER: SchreiberInnen von elektronischen Tagebucheinträgen (Blog).

Computerwelten

Alles wird doppeldeutig

Jeden Tag, wenn ich meine E-Mails abhole, wundere ich mich aufs Neue, dass die Spammer noch nicht erkannt haben, dass mittlerweile fast die Hälfte der Internet-User weiblich ist. In den Spam-E-Mails werde ich gefragt, ob mit meiner Potenz alles in Ordnung sei und ob ich nicht meinen »Schwanz« verlängern wolle. Lauter liebreizende Mädchen würden auf mich warten, ich bräuchte nur mal diesen Link anzuklicken. Zum Glück bietet mir noch niemand eine Schönheits-OP oder Brustvergrößerung an. Soweit werde ich als Frau noch nicht wahrgenommen.

Aber mich nervt, täglich diesen Müll ansehen und wegpacken zu müssen. Es gibt Internet-Dienstleister, die Spam filtern, einige Anbieter nehmen dafür extra Geld. Und es gibt schlaue E-Mail-Programme, die lernfähig sind. Du markierst und schiebst die E-Mail in einen Junk-Ordner, die nächste ähnliche wird automatisch dorthin geschoben. Aber die Spammer denken sich jeden Tag etwas Neues aus, um dir das Leben so schwer wie möglich zu machen. Da kann es auch mal vorkommen, dass eine Nachricht aus Versehen im Junk-Ordner landet, du solltest immer einen Blick hineinwerfen.

Das Netz ist riesig, immer aktuell und die Suchmaschinen haben alles im Griff. Wenn ich was suche, »googele« ich und finde massig Hinweise. Bei der Suche nach einer Veranstaltung gegen sexuelle Gewalt lande ich prompt auf einer Pornoanbieterseite: »GynoSex«, Sexmotive aus der Praxis eines Frauenarztes, nie davon gehört. Die Bloggerin, verdient ihr Geld damit, Besucher über reißerische Sprüche auf Pornoseiten zu locken. Da sie am Ende ihrer superlangen Blog-Seite Google-Links vermerkt, die auf aktuelle Nachrichten verweisen, landet ihr Blog ziemlich weit oben in der Liste der Suchmaschinen.

Rund zwölf Prozent aller Internetseiten im Netz haben pornografischen Inhalt, und etwa 30 Milliarden Euro jährlich setzen die Betreiber solcher Webseiten weltweit um. Die VHS-Kassette verdankt ihren Siegeszug Ende der 70er Jahre der Sexindustrie, und Bezahlsysteme hätten sich ohne Pornoseiten niemals so schnell durchgesetzt. Die Pornobranche fungiert als wichtiger Innovationsmotor für die Wirtschaft, sie inspiriert Werbung, Mode und Sprache. Mehr als uns lieb ist.

Besonders männliche Jugendliche schon ab zehn Jahren finden Pornografie immer normaler, viele haben aus dem Netz herunter geladene Videoclips auf ihren Handys, die auf dem Schulhof die Runde machen. Die Sprache wird sexualisiert, alles wird doppeldeutig. Die Songs der Gangsta-Rapper (Porno-Rapper) werden ständig über MP3-Player oder IPod konsumiert, Ausdrücke aus dem Anal- und Fäkalbereich werden zur Gewohnheit.

Nicht nur Jungen mischen da mit, »Coldmirror«, Spitzname einer 22jährigen aus Norddeutschland, dreht am laufenden Band witzige und durchaus kreative Videos. Ganze Szenen aus Harry-Potter-Filmen werden mit sexualisierten Texten unterlegt, die schon von Zehnjährigen wörtlich wiedergegeben werden. Für Hermine, die von Malfoy als »dumme Schlampe« tituliert wird, wehrt sich Ron mit den Worten: »hast du sie gerade dumm genannt?« Schlampe zu sein ist ja schon normal.

Pornografie ist im Internet weitgehend für alle zugänglich, das gilt besonders für ausländische Seiten. Für die Sex-Seiten deutscher Betreiber soll ein Zugangscode entwickelt werden, der Heranwachsenden den Anblick verweigert. Die Ideen dazu sind noch nicht perfekt, aber das wäre zumindest mal ein Anfang. Doch wer schützt uns vor der Pornografisierung unserer Welt und der Verletzung unserer Menschenwürde? Diese Frage bleibt offen.

Gundula Pause

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