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Zukunft der Frauenbüros

Frauenbüros sind als Beitrag zur Erfüllung der o.g. frauenpolitischen Ziele unverzichtbar. Frauenbüros unterstützen auf kommunaler Ebene die Kommune bei der Umsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und der Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung. Sie verstehen sich zudem als Beratungs- und Unterstützungsangebot für Frauen in allen Lebenslagen. Die Einengung des Arbeitsgebietes auf Familienpolitik ist grundsätzlich falsch, denn Frauen sind nicht nur Mütter. Die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer kann nur ein Arbeitsbereich sein.

Landtagswahl in Hessen

am 27. Januar 2008

Wir hatten bei den Landtagsfraktionen von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/DIE Grünen und DIE Linke in Wiesbaden nach ihren frauenpolitischen Zielen und der Zukunft der Frauenbüros in Hessen gefragt. Es ging uns dabei speziell um Frauenpolitik und nicht um gesellschaftspolitische Themen wie die Öffentliche Kinderbetreuung und Schulpolitik.

Geantwortet haben Frau Andrea Ypsilanti, SPD (die ein mehrseitiges, im Oktober 2007 verabschiedetes Frauenaktionsprogramm mitschickte), Herr Michael Boddenberg, CDU, Frau Kordula Schulz-Asche von BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN und Frau Marjana Schott von der Partei DIE LINKE. Von der FDP haben wir leider keine Stellungnahme zu unseren Fragen bekommen. Die einzelnen, nachstehend abgedruckten Beiträge mussten wir aus Platzgründen etwas kürzen.

Frau Andrea Ypsilanti, SPD

Mir ist Politik für Frauen so wichtig, dass ich sie zur Chefinnen-Sache machen werde. Ich habe mit Dr. Judith Pauly-Bender eine engagierte Kämpferin für die Frauensache in mein Kompetenz-Team berufen. Frauenpolitik bekommt unter meiner Führung eine ressortübergreifende Stellung. Wir stehen dafür ein, dass in Hessen wieder echte Frauenförderung erfolgt.

Nach wie vor sind Karrierechancen von Frauen schlechter, obwohl sie in der Bildung längst gleich gezogen haben bzw. sogar besser sind. Nach wie vor erhalten Frauen eine geringere Bezahlung als ihre männlichen Kollegen. Wir müssen im öffentlichen Dienst eine vorbildliche Frauenförderung machen, die auch auf die so genannte »freie Wirtschaft« ausstrahlt. Dazu werden wir das Hessische Gleichberechtigungsgesetz novellieren, verbindliche Frauenförderpläne einführen und die Frauenbeauftragten wieder mit der erforderlichen Macht ausstatten. Uns ist außerdem wichtig, dass wir in allen öffentlichen Gremien, so z. B. auch im Rundfunkrat, endlich zu einer angemessenen Repräsentanz von Frauen kommen. Es genügt nicht, einzelne »Feigenblatt-Frauen« zu nominieren, die gar keine Chance haben, Fraueninteressen durchzusetzen, weil sie in der absoluten Minderheit sind. In der Landesregierung wird es unter meiner Führung keine Gleichsetzung von Frauenpolitik mit Familienpolitik geben. Ich bin entschieden der Auffassung, dass in unserem Land deutlich mehr für die Familien und für qualitativ gute Betreuungsangebote getan werden muss. Allerdings scheint mir dies ein Thema für Väter und Mütter zu sein, das in keiner Weise die Herausforderung der beruflichen Frauenförderung und die sonstigen frauenpolitischen Themenstellungen ersetzt. Gleiches gilt im Übrigen in unseren Augen auch für die europäischen Vorgaben zum Gender Mainstreaming.

Sie haben als zweites das Thema »Frauenbüros in Hessen« angesprochen, dessen Zukunft Ihnen wie uns am Herzen liegt. Mit Ihnen gemeinsam bedauern wir, dass gerade die Frauenbüros in Hessen in den letzten Jahren mehr geschwächt als gestärkt wurden. Vor allem haben wir kritisch beobachtet, dass den Büros verschiedentlich zusätzliche Aufgaben aufgebürdet wurden, die ihre Aufgabenstellung mancherorts verwässert haben. In der kommenden Legislaturperiode muss auch in Hessen die Diskussion geführt werden, wie sich die Umsetzung des Gender Mainstreaming sowie die notwendige Überarbeitung der HGlG-Novelle vernünftigerweise zueinander verhalten müssen, wenn die Frauenförderung tatsächlich im Interesse einer vernünftigen Personalentwicklung nach vorne gebracht werden soll. Selbstverständlich können Sie versichert sein, dass wir gerade diese Aufgabenstellung nicht ohne Beteiligung der Frauenbeauftragten angehen werden.

Herr Michael Boddenberg, CDU

Bei unserer zukünftigen Arbeit wird ein großer Schwerpunkt in der Frauenpolitik liegen.
Daher werden wir uns dafür einsetzen, die berufliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern weiter zu verbessern.
Dafür werben, dass die Chancengleichheit von Mann und Frau zentraler Bestandteil der Personalpolitik in den Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen wird.
Uns dafür stark machen, die noch bestehenden Einkommensunterschiede von Frauen und Männern zu beseitigen und z.B. mit einer Initiative »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« hessische Vorbilder anerkennen und publik machen.
Arbeitsmarktpolitische Initiativen ergreifen, die die Erwerbschancen von Frauen erhöhen.
Insbesondere Existenzgründerinnen unterstützen, um mehr Frauen den Schritt in die Selbständigkeit zu ermöglichen.
Für gleichberechtigte Chancen auf dem Ausbildungsmarkt eintreten und in diesem Zusammenhang hier insbesondere die Teilzeitausbildung fördern.
Mentorinnennetzwerke weiter ausbauen.
Wissenschaftliche Nachwuchskräfte an Universitäten besonders fördern und unterstützen, insbesondere das Modell »Studieren mit Kind« ausbauen zum »Promovieren mit Kind«.
Die Aktivitäten zum Schutz von Frauen und Mädchen vor häuslicher Gewalt fortsetzen.
In Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen die gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund vorantreiben.
Weitere Initiativen ergreifen, um Verbrechen an Frauen wie Zwangsheirat, Zwangsverstümmelung und so genannte Ehrenmorde zu unterbinden.
Der in Ihrer zweiten Frage angesprochene Bereich liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommunen. Gem. § 4a Hess. Landkreisordnung (HKO) und § 4b Hess. Gemeindeordnung (HGO) wird die Einrichtung von Frauenbüros explizit den Kommunen übertragen. Wir halten Frauenbüros aber für äußerst sinnvolle Einrichtungen, um die Belange von Frauen auf kommunaler Ebene zu fördern.

Frau Kordula Schulz-Asche von BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN

Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an der Erwerbs- und Familienarbeit möglich ist.
Geschlechtergerechtigkeit ist für uns ein zentrales Thema, das wir mittels des Prinzips des Gender Mainstreaming in allen Politikfeldern umsetzen werden. Gender Mainstreaming, mit dem auf die Gleichstellung der Geschlechter ausgerichteten Denken und Handeln, mit der Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen von Planungen auf die Geschlechtergerechtigkeit und dem Ergreifen entsprechender Maßnahmen um Benachteiligungen zu vermeiden, ist die Strategie, mit der wir unser Ziel erreichen wollen. Dazu gehört auch die Einführung des Gender Budgeting als Grundsatz in den Landeshaushalt. Wir halten allerdings nach wie vor auch spezifische Programme zur Förderung von Frauen für notwendig, um Teilhabe, Schutz vor Diskriminierung und Förderung des Selbstbewusstseins zu stärken.
In nahezu keinem anderen gesellschaftlichen Bereich sind Frauen so stark unterrepräsentiert und Männerseilschaften so dominant wie in der Wissenschaft. Unser nächstes Ziel, bei Neuberufungen für Professuren und bei Postdoc-Stellen mindestens einen Frauenanteil von 40 Prozent zu erreichen, wollen wir durch einen spürbaren finanziellen Anreiz für die Hochschulen realisieren. Dazu werden wir die Mittelzuweisungen an die Hochschulen zukünftig deutlich stärker an Erfolge bei der Frauenförderung knüpfen. Eine Quotenregelung, wie es sie auch bei den GRÜNEN gibt, hat sich als sehr erfolgreich herausgestellt, Frauenförderung durchzusetzen.
Gerade Frauen haben überproportional Teilzeitjobs und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in denen sie schlecht bezahlt werden. Deshalb unterstützen wir besonders einen Mindestlohn aus frauenpolitischer Perspektive. Frauen leisten einen Großteil der unentgeltlichen gesellschaftlichen Arbeit in der Kindererziehung, der Pflege und auch im Ehrenamt. Ein weiteres Ziel ist für uns die Novellierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes und die Weiterentwicklung zu einem durchsetzungsstarken Frauenförderinstrument. Gegen Gewalt gegen Frauen vorzugehen, nicht nur zu ächten sondern bedarfsgerechte Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen implementieren, ist uns ein großes Anliegen. Wir wollen, dass dafür endlich wieder Landesgelder im Haushalt zur Verfügung stehen und wollen die Mittel von 317.500 Euro auf 1.250.000 Euro erhöhen.

Frau Marjana Schott von der Partei DIE LINKE

In unserer Partei gibt es eine 50% Quotenregelung für alle Gremien. Leider können wir das nicht immer durchhalten, da wir nicht genügend (aktive) Frauen haben, aber diese Regelung ermöglicht den Frauen eine große Chance der Beteiligung. Wir Frauen organisieren uns in Lisa (Linke sozialistische Arbeitsgemeinschaft in der Partei DIE LINKE.)
Wir haben die Möglichkeit Frauenplenen einzuberufen und damit sogar Parteitage zu unterbrechen. Insofern fühle ich mich als Feministin in dieser Partei ganz wohl.

Auf unserer Landesliste kandidieren Männer und Frauen abwechselnd.
Wir wollen, dass allen Menschen ein eigenständiges, unabhängiges Leben möglich ist. Dazu gehört an erster Stelle finanzielle Unabhängigkeit. Frauen müssen gleiche Berufschancen haben, Arbeitslosengeld und andere Sozialleistungen müssen unabhängig vom Einkommen von PartnerInnen gewährt werden und das Ehegattensplitting muss zugunsten von individuellen Freibeträgen abgeschafft werden.
Durch gute Einrichtungen zur Kinderbetreuung muss es frau möglich sein am Erwerbsleben teilzunehmen ohne sich ständig um die Kinder sorgen zu müssen oder ein Leben im Dauerlauf zu verbringen. (Lisa diskutiert gerade »Leben im 4/4 Takt« 1 Viertel Erwerbszeit, 1 Viertel gesellschaftliche Arbeit, 1 Viertel Zeit für mich, ein Viertel Ruhe, eine schöne Idee von Frigga Haug).
Kochs Sozialkahlschlag hat in hohem Maß die Frauen getroffen - Kürzung der Zuschüsse für Frauenhäuser - Wiedereingliederungsmaßnahmen - Schuldnerberatung - und zwar in doppelter Hinsicht: Die Nutzerinnen waren überwiegend Frauen, aber auch die verlorenen Arbeitsplätze waren meist von Frauen besetzt. Wir wollen diesen Sozialkahlschlag rückgängig machen. Und keine Sorge, es ist alles bezahlbar.

Unter dem Stichwort Gendering kommen mehr und mehr Frauenbüros in Bedrängnis. Ich finde das ist ein unhaltbarer Zustand. Wenn Gendering dann wenigstens ernst genommen würde, hätten wir ja eine Chance zu wirklicher gesellschaftlicher Veränderung. Mein Eindruck ist aber, hier geht es nicht um emanzipatorische Frauenförderung sondern um eine klammheimliche Abschaffung derselben. Meist wird Frauenpolitik auf Familienpolitik reduziert, Frauen werden automatisch auf Mütter reduziert und am Ende sind wir ganz schnell wieder beim traditionellen Frauenbild. Dem gilt es entgegenzuwirken. Leider gibt es im Moment zu wenig Plattformen, auf denen Frauen sich austauschen. Die Frauenbüros sind/waren da ein guter Anlaufpunkt, den es zu erhalten gilt. Wenn man das ernsthaft will, kann man sie erweitern zu Familien- oder Genderbeauftragten, aber auf keinen Fall ersetzen. DIE LINKE tritt für die uneingeschränkte Gleichberechtigung der Lebensweisen von Schwulen, Lesben, Transgender, Inter-, Bi- und Heterosexuellen ein.

Barbara Obermüller

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