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Foto: MMZ
Mit der Diplom- und Theaterpädagogin Barbara Linnenbrügger arbeiteten Kursteilnehmerinnen für die Ausstellung »Um die Stimmen der Frauen – das Frauenbild der Parteien im Spiegel ihrer Wahlplakate« an zwei Projekttagen zu dem Thema »Feminismus, Frauenrechte, Frauenwahlrecht«, um für die Ausstellung, die einen regionalen Bezug geben sollte, Power Point Präsentationen zu erstellen. Dieser Regionalbezug wurde durch Interviews mit Kreistagspolitikerinnen und Wählerinnen hergestellt.
Frau Linnenbrügger, Sie haben die jungen Frauen während des Kurses in Michelstadt fachlich angeleitet. Welchen schulischen Hintergrund hatten diese jungen Frauen und wie alt waren sie?
Die Teilnehmerinnen waren zwischen 16 und 20 Jahre alt. Weder in der Schule, noch in der Familie oder unter Freundinnen und Freunden hatten sie sich bis zu diesen Projekttagen damit auseinandergesetzt, was Frauengeschichte und aktuelle Frauenpolitik für sie bedeuten könnte. Sie waren empört zu hören, dass Frauen noch bis in die 1970er Jahre laut Gesetz ihre Ehemänner um Erlaubnis fragen mussten, um arbeiten gehen zu dürfen, dass Mädchen kein Recht auf Ausbildung hatten und eben auch nicht wählen durften und schon gar nicht aktiv Politik gestalten konnten.
Wie haben Sie die Teilnehmerinnen an den Themenkreis Feminismus und Frauenrechte herangeführt und wie haben sie reagiert?
Ausgehend von dieser Empörung war das Interesse, sich mit dem Thema
auseinanderzusetzen sehr groß. Wissbegierig recherchierten sie im Internet
über Lebensbiografien von Frauen, wie Olympe de Gouges, Anita Augspurg
und Helene Lange und wie sie sich im Kampf um Frauenrechte engagierten.
Ebenso interessiert setzten sie sich mit den Politikerinnen des Odenwälder
Kreistages und mit potentiellen Wählerinnen an einen Tisch, um sie souverän
über ihre Biografien und Motivationen zu befragen. In einem Resümee
kamen Aussagen wie: Frauen müssen mehr Rechte haben! Wir wollen jetzt
mehr für unsere Träume und Rechte kämpfen und für uns selbst entscheiden.
Eine Teilnehmerin sagte zum Abschluss: »Ich bin stolz auf die Frauen,
die sich nicht unterkriegen lassen und für die Rechte der Frauen kämpften
und kämpfen.«
Was hat sich aus der Befragung von Politikerinnen und potentiellen Wählerinnen ergeben?
Im Oktober hat die Frauenbeauftragte des Odenwaldkreises und die
Arbeitsgemeinschaft Odenwälder Frauen im Landratsamt in Erbach die oben genannte
Ausstellung zum 100. Jahrestag der Einführung des Frauenwahlrechts in der EU
präsentiert. In einer der beiden gemeinsam mit den Teilnehmerinnen des Lehrgangs
erarbeiteten Präsentationen stellten die jungen Frauen historische Aspekte
des Kampfes um das Frauenwahlrecht im 19. und 20. Jahrhundert dar.
Die zweite Präsentation zeigt Einzelinterviews mit Kreistagspolitikerinnen
und Wählerinnen in der Auseinandersetzung mit dem Recht von Frauen zu
wählen und als Gewählte aktuell politisch aktiv zu sein. Unter den befragten
Frauen war auch Dr. Elisabeth Kellner, die in der Zeit von 1966 bis
1968 und von 1977 bis 1985 als eine der ersten Frauen dem Odenwälder
Parlament angehörte.
Die jungen Frauen konnten bei der Gestaltung der elektronischen Präsentation
ihre im Lehrgang neu erworbenen Qualifikationen kreativ umsetzen und
sie haben – vielleicht zum ersten Mal – Zugang zur meist vergessenen
Frauengeschichte bekommen.
Barbara Obermüller