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»Um unserem Motto ‘DFR - Eine konsequente Interessenvertretung für Frauen’ gerecht zu werden, müssen wir auch in Zukunft mit Ideen, Engagement und Durchstehvermögen die Sache der Frauen weiter voran bringen, denn die Gleichberechtigung der Frauen auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens ist noch lange nicht zu unserer Zufriedenheit verwirklicht«, sagt Dr. Elke Hausberg in ihrer Begrüßungsrede.

 

Frauenpolitischer Aufbruch

Der Deutsche Frauenring (DFR) ist ein überparteilicher und überkonfessioneller Verband, der in allen Bereichen des öffentlichen Lebens für die Interessen von Frauen arbeitet - und das in Darmstadt bereits seit 60 Jahren.

 

Die jüngste Geschichte der Frauenverbände begann direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. »Unmittelbar nach der Kapitulation gingen die Frauen in ganz Deutschland an die Arbeit und bildeten in allen Zonen spontan, freiwillig, von kleinsten Zusammenschlüssen unten anfangend, die ersten Frauenorganisationen«, wurde im Frauenfunk von Radio Frankfurt 1948 gemeldet.

Gemeinsam für ihre Rechte kämpfen, das war die oberste Zielsetzung und damit begann auch in Darmstadt eine Gruppe von 15 Frauen im Jahr 1946 mit einer Initiative, dem Darmstädter Frauenausschuss. Am 16. Mai des Folgejahres war dann der Gründungstag des Darmstädter Frauenverbands, einem der zahlreichen, zunächst unabhängig voneinander arbeitenden sogenannten Frauenverbänden im Nachkriegsdeutschland, von denen sich viele im Laufe der Jahre zu einer bundesweiten Organisation zusammenschlossen: dem Deutschen Frauenring.

60 Jahre wurde der Deutsche Frauenring Darmstadt in diesem Jahr - das ist ein Grund zu feiern. »In der heutigen schnelllebigen Zeit bedeutet es für einen Verband ein enormes kontinuierliches ehrenamtliches Engagement seines Vorstandes und seiner Mitglieder, einen Verein 60 Jahre am Leben zu erhalten«, sagt Dr. Elke Hausberg, die erste Vorsitzende des Vereins. »Heute sind wir der größte staatsbürgerliche Frauenverband in Darmstadt und Umgebung und auf Bundesebene und wir werden uns bemühen, es auch in Zukunft zu bleiben.«

Das Ziel ist immer noch das gleiche wie zu Beginn: die Gleichstellung und gleichberechtigte Partnerschaft von Frauen und Männern im öffentlichen, beruflichen und privaten Bereich. Gewandelt hat sich die Arbeit daran. Während zu Anfang vor allem die praktische Hilfe im Vordergrund stand, werden heute vor allem Veranstaltungen organisiert, die die aktive Vertretung für die Interessen aller Frauen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zum Thema haben. In Darmstadt ist der Frauenring zudem seit über 25 Jahren Träger des Frauenhauses und mitbeteiligt am Aufbau der Luise-Büchner-Bibliothek, die seit 1998 im Literaturhaus untergebracht ist.

»Mit dieser Neugründung einer eigenen weiblichen Interessenvertretung reihten sich die Darmstädter Frauen in einen heute weitgehend vergessenen frauenpolitischen Aufbruch der unmittelbaren Nachkriegszeit ein«, sagt Dr. Elke Schüller. Die Sozialwissenschaftlerin gab in ihrem Festvortrag bei der Jubiläumsveranstaltung am 22. Juni im Literaturhaus einen fundierten Überblick über die Geschichte der Frauenverbände, ihre Ziele, ihre Kämpfe und ihre kleinen Schritte auf der Leiter der Gleichberechtigung, die für große Veränderungen den Grundstein legten. Sei es das Gleichberechtigungsgesetz von 1957, in dem verheiratete Frauen partiell das Recht erhielten, erwerbstätig zu sein, sei es die Familienrechtsreform von 1977, die das Leitbild der Hausfrauenehe aufhob, wonach der Frau die Leitung des Haushaltswesens oblag, oder sei es das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz von 1980, das das Recht auf gleiches Entgelt festschreibt und festlegt, dass Stellenausschreibungen geschlechtsneutral formuliert werden müssen.

Doch nicht nur von den uns heute selbstverständlich erscheinenden Errungenschaften gegen die Ungleichbehandlung von Frauen handelt ihr Vortrag, Elke Schüller zeigt auch auf, wo wir trotz veränderter Gesetzeslage noch weit entfernt sind von Gleichbehandlung. Praktisch hält sich im Erwerbsleben, in der Politik und in der Kultur weiterhin eine Schieflage, von einer geschlechtergerechten Gesellschaft sind wir in Deutschland noch ein großes Stück entfernt.

«Es sind weiterhin die gesellschaftlichen Rollenbilder und die kaum veränderte geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, durch die Frauen erschwerte Startbedingungen haben. Verantwortung für Kinder und Familienarbeit wird noch immer den Frauen zugeschrieben - und allzu viele Frauen sind immer noch ohne großen Widerstand bereit, diese Rollenzuschreibung auch zu übernehmen«, sagt Schüller am Ende ihres Vortrags. Deutschland sei ein europäisches Entwicklungsland in Sachen praktischer Gleichstellung, das in der europäischen Gleichstellungsstatistik sehr schlecht abschneide. Sie schloss ihren Vortrag mit einem Satz von Elisabeth Selbert, der Mutter des Gleichberechtiungsartikels im Grundgesetz:

»Im übrigen sollten die Frauen nie vergessen, dass es ihre Sache ist, für ihre Gleichberechtigung zu sorgen.«

Gabriele Merziger

Der DFR (Darmstädter Frauenring) trifft sich jeden ersten Dienstag im Monat um 16 Uhr im Forstmeisterhaus in Bessungen.
Auskünfte unter 06151-599788.

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