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Figuren aus dem Online-Computerspiel World of Warcraft üben eine große Faszination aus.

Jungs ballern, Mädchen chatten?

Eintauchen in die virtuelle Welt: Wie gehen unsere Kinder mit PC-Spielen um?

Emotionen spielen eine wichtige Rolle beim Lernen, es wird intensiver und nachhaltiger gelernt, wenn Gefühle mit den Inhalten verbunden werden. Das trockene Eintrichtern von Vokabeln ist mühsam, nach wenigen Tagen ist alles vergessen. Beim Lesen der Abenteuer von Harry Potter in englischer Sprache merken sich die Kids lateinische Zaubersprüche und englische Redewendungen auf Anhieb durch die Identifikation mit den Hauptpersonen.

Im PC-Spiel wird auch gelernt. Electronic Learning Programme werden in Schulen eingesetzt, zu Hause lernen Kinder am PC Englisch oder Mathematik. Die Spiele binden Lektionen ein in lustige Geschichten; in animierten Geschicklichkeitsspielen werden Belohnungen ausgeteilt und Vokabeln werden aktiv trainiert. Das ist der Vorteil von interaktiven Computerspielen gegenüber dem passiven Medienkonsum eines Videos. Es wird viel gelobt, nicht gemahnt, eher ermuntert, die Lektion noch einmal zu wiederholen. Der Erfolg stellt sich meist ein.

Es gibt auch andere Computerspiele. In einem irrsinnigen Tempo wird geballert und gemordet. Blut spritzt in alle Richtungen, Er-folg stellt sich ein, wenn viele Gegner in kurzer Zeit brutal hingerichtet werden. Die jungen Helden identifizieren sich mit dem Ag-gressor und tauchen ab in eine virtuelle Welt. Verletzen und Gefangennehmen der Gegner reicht nicht, da diese sich schnell wieder erholen. Die Gewalt wird aktiv trainiert. Auch hier wird gelernt.

Beim Schmökern in einem spannenden Roman vergessen wir schon einmal die Welt um uns herum, fiebern mit der Hauptperson um das Finden eines Schatzes, um das Lösen eines besonders schweren Rätsels, bis das Buch endlich fertig gelesen ist. Auch wenn es drei Bände sind, irgendwann ist auch der dritte gelesen und wir finden, etwas unwillig zwar, in die Realität zurück. Computerspiele, besonders die der neuen Generation von PC-Spielen im Internet, kennen kein Ende, von Ebene zu Ebene, von Level zu Level, kämp-fen die oft jungen Spieler Stunde um Stunde. Manche stellen sich den Wecker und spielen sogar nachts. Eltern und Erzieher sind alarmiert.

In einer neuen Untersuchung am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen wurde zum Thema geforscht und herausge-funden, dass, so schreibt der Direktor des Instituts Dr. Christian Pfeiffer: "Jungen zu zwei Dritteln mit Spielen zu Gange sind, die eigentlich erst ab 18 freigegeben sind und als indizierte Spiele qualifiziert werden. Bei Mädchen ist das nur zu 14 Prozent der Fall und auch hier nur dann, wenn sie einen Bruder haben, der das Zeug in die Familie reingeführt hat." In den letzten Jahren wurde beo-bachtet, dass die Schulnoten der Jungen immer schlechter wurden und der Anteil der männlichen Sitzenbleiber sich drastisch erhöht hat, Mädchen dagegen schulisch immer besser abschneiden. Dieses Missverhältnis wird gern dem überwiegend weiblichen Erzie-hungspersonal und den verschiedenen Mädchenförderungen in die Schuhe geschoben. Pfeiffers Untersuchung befördert andere Zah-len zu Tage: Je brutaler der Inhalt der Spiele, desto schlechter werden die Schulnoten. Nicht nur die Häufigkeit des PC-Konsums entscheidet, sondern die Qualität. Ist nach dem Vokabellernen Ballern am PC angesagt, wird das Gelernte schnell vergessen. Gehen Schüler dagegen nach dem Lernen zum Kicken, fällt der Vokabeltest am Folgetag nicht so schlecht aus.

Mädchen nutzen das Internet zur Kommunikation, wie Manfred Spitzer schon 2005 in seinem Buch: "Vorsicht Bildschirm!" be-schrieben und mit Zahlen belegt hat. Sie chatten mit Freunden rund um die Welt. Frauen, auch die Älteren, haben bei der Nutzung moderner Medien aufgeholt, manchmal sogar die Männer überholt. Allein ihre Zielrichtung ist eine andere.

Viele Erwachsene wissen nicht, was ihre Kids wirklich treiben, sie haben die Spiele nie gesehen. Es wird Zeit, genau hinzuschauen.

Gundula Pause

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