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Frauen im bundesdeutschen Top-Management

Frauen im Top-Management noch rar -
Aber: Frauenanteil steigt kontinuierlich

Der Frauenanteil ist in den bedeutendsten deutschen Unternehmen weiterhin leicht steigend. Die kürzlich vorgelegte Studie Frauen im Management 2007 des Darmstädter Wirtschaftsinformationsdienstes Hoppenstedt hat einen Frauenanteil von (nur) 15,4 Prozent ermittelt. Im internationalen Vergleich hinken die Deutschen deutlich hinterher: Weltweit liegt dieser Schnitt bei 22 Prozent, in der EU gibt es immerhin 17 Prozent Managerinnen.

Seit 1995 hat Hoppenstedt den Frauenanteil in Führungspositionen bei bedeutenden deutschen Unternehmen ermittelt. Das Unter-suchungsergebnis lag damals mit 8,2 Prozent auf niedrigem Niveau und steigerte sich innerhalb von zwölf Jahren langsam auf 15,4 Prozent (siehe Grafik). Diese Entwicklung ist bei allen Branchen und Unternehmensgrößen festzustellen. Wie aktuelle Studien bele-gen, wäre es jedoch für Unternehmen durchaus lohnender, verstärkt auf weibliche Führungskräfte zu bauen. Firmen mit vergleichs-weise hohem Frauenanteil arbeiten profitabler und erwirtschaften höhere Gewinne.

Kleinunternehmen mit höherem Managerinnen-Anteil

Je kleiner das Unternehmen, desto größer der Anteil von Managerinnen, das ist ein weiteres Ergebnis der Hoppenstedt-Untersuchung. Während in den mittelständischen und den Klein-Unternehmen die Zahl der Managerinnen auf rund 17 Prozent ge-stiegen ist und bei den Kleinunternehmen sogar mehr als ein Drittel beträgt, liegt die Frauenquote im Top-Management von Großun-ternehmen nur bei 11,8 Prozent. In Kleinunternehmen sind sogar mehr als ein Drittel der Manager in der zweiten Führungsebene weiblich.

Chefsessel fest in Männer-Hand

Chefsessel in deutschen Groß-Unternehmen besetzen nach wie vor Männer. Der Frauenanteil im Top-Management liegt lediglich bei 7,5 Prozent; kaum besser sieht es mit 9,4 im Mittelstand und 11,9 Prozent in Kleinunternehmen aus. Hingegen ist der Anteil der Unternehmenseignerinnen (Geschäftsinhaberinnen oder Geschäftsführende Gesellschafterinnen) deutlich höher. Nach Meinung von Hoppenstedt müssten Frauen, die ein Geschäft führen wollen, es am besten gleich selbst besitzen. Gilt das für Männer nicht auch?

Noch düsterer sieht es in den Vorstandsetagen der Großunternehmen aus: Von rund 10.000 Vorständen sind gerade Mal 300 Frauen, was einer mageren Quote von drei Prozent entspricht. In der Politik werden die deutschen Unternehmen von der Realität in hohem Tempo überholt, so Hoppenstedt. Schließlich wird Deutschland von einer Bundeskanzlerin regiert. Angela Merkel empfindet es sogar als einen "Skandal", dass in den Vorständen der deutschen DAX-Unternehmen nur eine Frau sitze. So äußerte sie sich jeden-falls empört in der Diskussionsveranstaltung zum 20. Geburtstag des Frauenministeriums in Berlin.

Wie die Autoren Bierach/Thorborg feststellen, gibt es zwar erfreuliche acht Prozent weibliche Aufsichtsräte; doch bei denen handelt es sich um Vertreterinnen der Gewerkschaften. Sie sitzen aufgrund des Betriebsverfassungsgesetzes in den Räten; sie sprechen nicht ausschließlich für die Kapitalseite und verkörpern keine echte Macht.

Deutsche Grüne fordern Frauenquote in Aufsichträten

Bündnis 90/Die Grünen haben kürzlich eine 40 Prozent hohe Frauenquote für die Besetzung von Aufsichtsräten gefordert. Wie in der tageszeitung (taz) unter Berufung auf einen entsprechenden Antrag berichtet wurde, solle im Aktienrecht verankert werden bis 2012 Kontrollgremien der deutschen börsennotierten Unternehmen mindestens zu 40 Prozent mit Frauen zu besetzen. Für Unter-nehmen, welche die Gesetzesvorgabe nicht erfüllten, seien "Sanktionen bis hin zur Entziehung der Zulassung zur deutschen Börse vorzusehen". Ein ähnliches Gesetz sei seit 2006 in Norwegen gültig, so die Grünen. "Männernetzwerke schieben sich gegenseitig die Aufsichtsrats- und Vorstandsposten zu. Das behindert Innovation in der Wirtschaft ebenso wie die Gleichstellung von Frauen", be-gründete Irmingard Schewe-Gerigk, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen ihren Vorstoß gegenüber der taz. "Eine Quotierung der Aufsichtsratsgremien ist daher ein Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit und dient der Demokratisierung unserer Wirtschaft".

Frauenquote in der Leder- und Bekleidungsbranche am höchsten

In den einzelnen Branchen (siehe Grafik) gibt es deutliche Unterschiede in der Frauenquote. In der Leder- und Bekleidungsin-dustrie lieg sie mit 22 Prozent deutlich über dem Durchschnitt, gefolgt vom Einzelhandel mit 21 Prozent. In beiden Branchen sind mit jeweils 14 Prozent die Frauenanteile im Top-Management überdurchschnittlich hoch.

Personal- und Kommunikationsbereich in weiblicher Hand

Berufe und Positionen in diesem Bereich haben inzwischen Managerinnen mit deutlicher Mehrheit besetzt, so Hoppenstedt. Es handelt sich dabei vor allem um die Leitungspositionen von Kommunikation, Werbung oder Marketing. Stark vertreten sind Frauen auch als Personalleiterinnen mit Anteilen von 70 Prozent bei Kleinunternehmen und 64 Prozent bei mittleren Unternehmen. In dem Bereich Kommunikation und Personal sind nach Hoppenstedts aktuellen Zahlen weibliche Führungsqualitäten auch am stärksten gefragt.

Deutschland im internationalen Vergleich - unterrepräsentiert

Vor allem die Länder Asiens haben bei der Quote der Managerinnen klar die Nase vorn; das hat die Beratungsgesellschaft Grant Thornton kürzlich ermittelt. Mit einem Frauenanteil von 50 Prozent stehen die Philippinen an der Spitze, gefolgt von Thailand mit 39 Prozent, Hongkong mit 35 Prozent, China mit 32 Prozent und Taiwan 29 Prozent. Mit seiner Managerinnenquote von gut 15 Prozent liegt Deutschland weit hinter der Spitzengruppe.

Wie unterrepräsentiert Frauen in Führungspositionen deutscher Unternehmen sind, das belegt eine sich auf ganz Deutschland beziehende Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung, die das NRW-Frauenministerium in Auftrag gab. Im europäi-schen Vergleich liegt Deutschland im hinteren Drittel (siehe Grafik Europavergleich vom Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, Seite 6). In der EU ist der Studie zufolge immerhin jeder dritte Management-Posten (in gesetzgebenden Körperschaften, im Ver-waltungsdienst und in der Privatwirtschaft!) von einer Frau besetzt. Lettland nimmt mit einer Frauenquote von 44 Prozent die Spitzenposition ein.

Heiner Thorborg, Personalberater in den Beletagen der Deutschland AGs, sucht händeringend fähige deutsche Frauen fürs Top-Management wie Aufsichtsratsposten - und findet keine. Wo sind die vielen Akademikerinnen, fragt man sich da. Inzwischen hat sich der renommierte Frankfurter Berater im Ausland umgesehen und festgestellt: "Meine Güte - was gibt es in französischen, britischen, skandinavischen und amerikanischen Unternehmen für tolle Frauen." Sogar in Spanien und Polen sei er fündig gewor-den! Klug, erfahren, erfolgreich und flexibel. "Und die meisten haben obendrein Familie!"

Und es wird noch schlimmer: Denn, so Thorborg, rein demografisch gesehen steht Deutschland vor einem Führungskräfteman-gel, der ohnegleichen ist. "...Unsere Volkswirtschaft gerät in echte Wachstumsprobleme, wenn wir bei den Führungsaufgaben wei-terhin auf 50 Prozent des Potenzials verzichten."

"Zuviele Männer sind schlecht fürs Geschäft"
Schwedische Politikerin fordert Frauenquote in Aufsichtsräten

Die ehemalige Chefin von Schwedens Linkspartei Gudrun Schyman ist mittlerweile Aktionärin und tritt als begabte Rednerin und radikale Feministin regelmäßig in Aktionärsversammlungen auf, um gegen das Patriarchat zu kämpfen. Dort sagte sie so provokante Sätze wie: "Die Rentabilität sollte der Leitstern eines Unternehmens ein". Dem kann niemand widersprechen. Doch Schyman meint, es seien vor allem Frauen, die den Gewinn steigern. Sie stützt sich dabei auf Forschungsergebnisse der Universität Uppsala, denen zufolge es einen Zusammenhang zwischen Rendite und Frauenquote gibt. Auch in Schweden ist der Zugang von Frauen in wirt-schaftliche Spitzenpositionen ein Dauerthema. "Nur" 21,5 Prozent aller Aufsichtsräte sind dort weiblich besetzt, sagt ein Blick in die Tabellen. In Norwegen ist die 40-Prozent-Frauen-Quote für Aktiengesellschaften inzwischen Gesetz. Doch für Schweden wird es für die gesetzliche Quotenregelung keine politische Mehrheit geben.

So bleiben Gudrun Schyman nur die Aktionärsversammlungen, auf denen sie erfolgreich agiert. Sie konnte immerhin Marcus Wallenberg, Aufsichtsratsvorsitzender bei Investor und demnächst Patriarch der berühmten Familie, für ihre feministischen Ziele gewinnen. "Wir glauben, dass ein Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern ein besseres Betriebsergebnis bringt" sagte er und weiter: Wichtig sei, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, damit man später bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten qualifizierte Frauen zur Auswahl habe. Das befand Schyman für klug und fragte: "Worauf wartet ihr noch."

Ursula Geiling

Quellen:

  • "Frauen im Management 2007" Studie vom Wirtschaftsinformationsdienst Hoppenstedt, Darmstadt, 17.04.2007
  • FR vom 7.03.2007
  • taz vom 19.05.2007
  • Süddt. Zeitung vom 16.05.2007
  • Barbara Bierach/Heiner Thorborg: Oben ohne. Warum es keine Frauen in unseren Chefetagen gibt, Econ Verlag, Berlin 2006

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