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Gartenglück

»Gärten: Ordnung, Inspiration, Glück« im Städel Frankfurt

Was hier im Neubau des Städelgebäudes an Bildern zusammengetragen wurde, verdient eigentlich mindestens einen zweiten Besuch. Über 200 Gemälde, die im weitesten Sinne das Thema »Garten« umkreisen, sind aus der ganzen Welt vereinigt worden. Auch Schneelandschaften gehören dazu, (Munchs »Sternennacht I«, 1923/24), Friedhöfe von Carl Gustav Carus, Wolken, die John Constable von seinem Garten aus malte. Es gibt berühmte Gärten wie Monets Giverny, mit seinen Seerosen, die auch nicht fehlen. Inmitten von blühenden Beeten malt er auch seine junge Schwiegertochter. Eugène Delacroix malt den Garten von George Sand in Nohan, Pierre Bonnard seinen eigenen. Cézanne den Blick von seinem grade erstandenen Landsitz Jas de Bouffan bei Aix. Berthe Morisot setzt dem Fokus mehr auf den Menschen als auf die Natur und malt ihr Handarbeiten verrichtendes Dienstmädchen Pasie auf der Gartenbank. Die 25jährige Olga Boznañska porträtiert sich selbst in einer Treibhausidylle.

Der Garten bleibt bei fast allen Darstellungen ein idyllischer Ort, programmatisch hängt das »Paradiesgärtlein« eines unbekannten Malers aus dem 15. Jahrhundert als erstes Bild der Ausstellung. Es ist dann aber nicht die weltentrückte, sondern die alltägliche Idylle, die die Ausstellung bestimmt. Liebermanns »Spielende Kinder« aus dem Jahr 1882, die »Bäumchen wechsel dich« im holländischen Dorf Zweelo spielen, oder das herrliche »Frühstück im Freien« von William Merrit Chaseaus dem Jahr 1887: die Hausherrin leger in der Hängematte, der Hund döst im Gras, das Kleinkind sicher im Korbhochstühlchen.

Für mich eins der beeindruckendsten Bilder ist die »Sonnenblume II« von Egon Schiele. Ein extrem schlankes Hochformat einer Sonnenblume, die morbide, zart, ein lebendiges Wesen zu sein scheint.

Auch der Wunsch, die Pflanzenwelt wissenschaftlich zu ergründen hat seinen Platz: Goethes Herbarium und Maria Sibylla von Merians Pflanzenzeichnungen aus dem 17. Jahrhundert sind ausgestellt.

Alle sind sie zu sehen: Corinth, Menzel, Spitzweg, Beckmann, Klee, Macke, Max Ernst, Max Klinger, Böcklin, van Gogh, aber auch Joseph Beuys. Sein Ausspruch: »Gartenarbeit interessiert mich nicht« ist seinen fast nicht zu erkennenden so zarten Pflanzen- oder Blumenzeichnungen anzumerken. Diese ganze lückenhafte Aufzählung vermag jedoch nicht den Zauber der Ausstellung einzufangen. Es ist ein Bilderrausch, der einen beglückt. Die Ausstellung macht Laune, sie ist das beste Mittel für die Winter- oder Frühlingsmüdigkeit. Es ist eine Ausstellung, in der man mit wildfremden Besuchern vor lauter Begeisterung über ein Bild ins Gespräch kommt. Und rausgeht mit dem Spruch Voltaires. »Il faut cultiver son jardin«, (Candide, 1759).

Julia Reichelt

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