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Die Zukunft ist weiblich

Margarete Mitscherlich - Zwischen Psychoanalyse und Frauenbewegung

Diesen Titel trägt das 1987 veröffentlichte Buch der bekannten Psychoanalytikerin und Feministin Margarete Mitscherlich. Sie appelliert darin an den kämpferischen Mut der Frauen, in die narzisstische und destruktive Männerherrschaft einzugreifen. Allerdings ist sie der Meinung, "dass ohne Bewusstmachung falscher Rollenfixierungen und Wertvorstellungen Macht - auch von Frauen - nicht zur Verfolgung neuer Ziele angewandt werden kann.". In dem Buch "Die friedfertige Frau" (1985) untersucht sie Ursprung und Auswirkungen männlicher und weiblicher Aggression. Sie befasst sich dabei auch mit der Frage, ob der von der Frau im Laufe der Geschichte (gezwungenermaßen) entwickelte Umgang und die Einstellung zu Gewalt und Zerstörung, nicht als Modell dienen könnte für einen anderen Umgang mit Aggressionen. In dem Buch "Über die Mühsal der Emanzipation" (1990) zeigt sie auf, wie mühsam die ständige Auseinandersetzung mit falschen Werten für Frauen ist, und wie sehr die Emanzipation immer wieder von Rückschlägen bedroht ist.

Margarete Mitscherlich verknüpfte als erste die Psychoanalyse mit der Frauenemanzipation. Durch ihr feministisches Engagement wurde sie zum Idol der Frauenbewegung und hat einen wesentlichen Beitrag dafür geleistet.

Geboren wurde Margarete Mitscherlich, geb. Nielsen 1917 in Dänemark als Tochter einer deutschen Mutter und eines dänischen Vaters. Schon früh identifizierte sie sich mit der deutschen Kultur, nicht zuletzt durch ihre innige Bindung an die Mutter. Nach den schmerzlichen Erfahrungen mit Hitler-Deutschland wandte sie sich wieder mehr ihrem Heimatland Dänemark zu.

Ab 1932 besuchte sie das Oberlyzeum in Flensburg. Bücherzensur und Bücherverbrennung in Deutschland schockierten sie, auch dass Werke aus der modernen Malerei als "entartet" galten. Eine Lehrerin vermittelte ihr ein neutrales Weltbild und unterstützte sie in ihrer Antipathie gegenüber der Nazi-Ideologie.

Mit ihrer Freundin siedelte sie zum Studium von Literatur, Englisch und Geschichte nach München über. Sie war erschüttert über die Untaten des Dritten Reiches. Mutterkreuz und Heldenmutter-Ideologie bezeichnete sie als "perverse Unmenschlichkeit". Wegen der Beschränktheit der Nazis in Literatur und Geschichte wechselte sie zum Studienfach Medizin und zog nach Heidelberg.

Nach dem Staatsexamen in Heidelberg 1944 kehrte sie nach Dänemark zurück. 1947 ging sie in die Schweiz und arbeitete als Assistenzärztin in Zürich. 1950 promovierte sie in Tübingen. Danach absolvierte sie ihre psychoanalytische Ausbildung. Zusammen mit ihrem Mann Alexander Mitscherlich, mit dem sie einen Sohn hat, schrieb sie das bahnbrechende Buch "Die Unfähigkeit zu trauern" über die Aufarbeitung der Nazi- Vergangenheit. 1960 war Margarete Mitscherlich Mitbegründerin des Sigmund-Freud- Instituts in Frankfurt.

Barbara Obermüller

Quelle:
Felizitas von Schönborn, Margarete Mitscherlich.
Zwischen Psychoanalyse und Frauenbewegung.
Ein Porträt. Fischer Verlag 1995.

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