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Monika Brunst schreibt geistliche Übungsbücher vor allem für Frauen

Katholisch und lesbisch ist für Heike Rolf kein Widerspruch.

Sabine Adam auf Augenhöhe mit ihrer Ordensgründerin Maria Ward

Alltagsmystik, Armutsgelübde und der Aufbruch zu neuen Ufern

Katholische Frauen über die Höhen und Tiefen in ihrem (Glaubens-)Leben

Xavier Naidoo, George Bush und das Bra- silianische Fußballteam verbindet eines: Sie alle beziehen ihre Kraft aus dem Glauben an den christlichen Gott. Seit 2005 sind wir Deutschen Papst und ein Bayer sitzt auf dem Heiligen Stuhl, die Frauen in der katholischen Kirche sind noch immer nur die schweigende Mehrheit der Gläubigen und ausgeschlossen von der Macht einer männerzentrierten Hierarchie. Welche vernunftbegabte Frau begibt sich denn im 21. Jahrhundert in die Auseinandersetzung mit einem System, das sich mit Körperlichkeit schwer tut und der Mutter Jesu auch heute noch jede Sexualität abspricht?

Monika Brunst, Sabine Adam und Heike Rolf haben sich für Glauben und Kirchenzugehörigkeit entschieden, sind katholisch aus gutem Grund. Vernunftbegabt sind alle, zupackend, mitten im Leben stehend. Und haben noch mehr gemeinsam: Sie haben alle schon von der Faszination Kloster gekostet.

Monika Brunst (46) erlebte ihre eigenen Höhenflüge mit 17 Jahren, als sie sich entschied, Ordensschwester zu werden. Mit 30 setzte sie diesen Entschluss in die Tat um, 12 Jahre später trat sie – nach reiflicher Entscheidung – aus dem Dominikanerinnenorden wieder aus. Der Kirche als Arbeitgeberin ist sie jedoch noch immer treu geblieben, heute arbeitet sie für die Caritas. »Die Religion zieht mich nicht in die Höhe, sie gibt mir Bodenhaftung. Der Halt, den ich in meinem Glauben finde, kann mich beflügeln und anspornen. Ohne Hoffnung und Vertrauen könnte ich manches aussichtslose Projekt nicht angehen«, antwortet sie auf die Frage, warum es gerade die Religion ist, die sie in die Höhe zieht. Ansonsten sei sie eher kritisch und skeptisch. Und zugleich wortgewaltig. Sie hat die Spiritualität von Ignatius von Loyola als hilfreich für ihr eigenes Leben erlebt. Das gibt sie weiter. Niedrigschwellig. Und zugleich die Sinne ansprechend. Mystik meets Lebenshilfe. »Ich treff’ mich heute mit mir selbst – Vier Wochen für ein sinnenvolles Leben« nennt sie ihr Buch, in dem sie – immer entlang an den Ignatianischen Lehren der »Exerzitien« genannten spirituellen Praxisübungen - mit Hilfe von Gebet und Bibeltexten - wieder an die sinnlichen Erfahrungen von Riechen, Sehen, Hören, Fühlen und Schmecken führen will. Und zu einem liebevollen Umgang mit dem eigenen Körper auffordert. Ihr eigenes Leben bezeichnet sie als von der Freundschaft geprägt. Wenn sie sich gemeinsam mit ihren Freundinnen für andere engagiert, denen es nicht so gut geht, findet sie darin etwas, das über sie hinausweist. »Wo die Liebe wohnt, da wohnt Gott.« ist das Credo der Wahlkölnerin.

Das könnte auch Schwester Sabine Adam aus Würzburg unterschreiben, die im Orden Congregatio Jesu als Noviziatsleiterin die Novizinnen des Ordens betreut. 1983 ist sie zu den ehemaligen Maria Ward Schwestern gekommen, die früher als »Englische Fräuleins« firmierten. Wie Monika Brunst hat auch Sabine Adam die wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens in den ignatianischen Schweigeexerzitien getroffen. Die Hamburgerin musste für sich zunächst die Frage klären, ob sie überhaupt katholisch bleiben wollte und kam zu dem Schluss »Wenn das einzig Gute an der Kirche war, dass sie den Glauben vermittelt hat, dann lohnt sie sich!« Weil der Entscheidung für den Glauben auch der Wunsch sich einzubringen folgte, lag die Idee Ordensschwester zu werden irgendwann auf dem Weg. Im Studium sei sie ganz zersplittert gewesen, besonders das Thema Ehelosigkeit hatte sie für sich erst klären müssen. Heute ist die ehemalige Lehrerin sich aber sicher, dass sie der Weg in den Orden zugleich in die Weite geführt hat. Aus einer schüchternen, eher pedantischen Frau habe sie sich hin zur Lockerheit und zur Lust am Neuen hin entwickeln können. Sie bezeichnet die Problemverarbeitung per Gebet als Wesentliches im Leben; statt wegzusehen, werde sie in der Stille dazu gebracht, sich ihren Problemen und blinden Flecken auszusetzen. Sabine Adam, die mit weiteren sechsSchwestern und gemeinsam mit einem Männerorden in einem Haus lebt, hält sich für privilegiert, weil sie für die Ausbildung des Ordensnachwuchses von ihrem Zweitberuf als Gemeindereferentin freigestellt wurde. Sie verlässt sich auf die Unterstützung ihres Ordens, auch wenn sie weiß, dass in Zeiten leerer Kassen genau aus diesem Grunde zuerst die Ordensleute von der Kirche entlassen werden. Sie kann sich ganz realistisch vorstellen, dass die spirituelle Arbeit von den Ordensleuten künftig ehrenamtlich geleistet wird und der Broterwerb »an der Kasse von Aldi verdient werden muss«. »Auch wenn das dann anderen wieder die Arbeit wegnehmen würde« fügt sie hinzu.

Freigestellte Gemeindereferentin, also »gute Seele und Allround-Organisatorin einer katholischen Pfarrgemeinde«, ist auch Heike Rolf (38) aus Mainz. Sie glaubte, nach zehn Jahren Suche nach einem für sie passenden Orden schlussendlich in ihrem Beruf eine Heimat gefunden zu haben, so lange, bis sie sich eingestand, dass sie nicht mit vielen Ordensfrauen, sondern lieber mit einer Lebenspartnerin ihre Zukunft teilen wollte. Das ist im Tendenzbetrieb Katholische Kirche auch heute noch ein Kündigungsgrund. Gelebte Homosexualität und ihr Job in der Gemeinde ließen sich nicht vereinbaren. Da Heike Rolf zu ihrer Lebensform stehen will, musste sie schweren Herzens Abschied von ihrem Traumjob nehmen. Dennoch hat sie sich weder von ihrer Kirchenzugehörigkeit noch von ihrem Glauben getrennt. »Glauben heißt für mich, mich von Gott bedingungslos geliebt zu wissen und in diesem Bewusstsein mein Leben zu gestalten und genießen zu können. Darum kann ich schon sagen, dass mein Glaube als mein tiefstes Fundament etwas mit »Höhenflügen - also mit Lebendigkeit und Weite zu tun hat«, sagt sie heute. Nach einer tiefen Glaubens- und Identitätskrise hat sie in ihre Kraft zurückgefunden. Ihren Broterwerb verdient sie als Archivarin im Mainzer Stadtarchiv, lebt mit ihrer Frau zusammen und engagiert sich im überregionalen Netzwerk katholischer Lesben und der Frankfurter lesbisch-schwulen Gottesdienstgemeinschaft. Sie ist davon überzeugt, gerade als lesbische Katholikin Teil dieser Kirche zu sein und sieht ihren Lebensweg als Mission, die auch andere ermutigen soll, wahrhaftig zu leben und eins mit sich selbst zu sein. Solidarität ist für sie ein Schlüsselbegriff ihres Lebens. Aber auch Kritik an der herrschenden Kirchenpraxis, die sich mit Frauen, Körperlichkeit und Homosexualität noch immer so schwer tut, dass sie vielen schwere Verletzungen zufügt. Die aktuelle Kirchenpolitik den Frauen gegenüber macht auch Monika Brunst und Sabine Adam schwer zu schaffen. Sabine Adam empfindet, dass die Frauen im pastoralen Dienst nur noch als Notnagel dienen und auch Monika Brunst kritisiert die hierarchische Ordnung, vor allem was Frauen betrifft.

Doch die tiefe Gottesbeziehung ist allen wichtiger als die Kirchenkritik. »Gott will was mit meinem Leben und ich mit ihm!« sagt Sabine Adam strahlend und Heike Rolf ergänzt poetisch »In meinem Glauben, in meiner Gottesbeziehung spüre ich mich selbst - da merke ich, dass es in mir selbst eine tiefe, zutiefst erfüllende Kraft gibt, die mich mit Gott verbindet - von Gott selbst kommt, die für mich wie Nahrung ist...«

Andrea Krüger

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