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Grete Schickedanz

Beate Uhse

Alice Schwarzer

Friede Springer

Ulla Berkéwicz

Martine Dornier-Tiefenthaler

Frauen Power

Unternehmerinnen und Selbständige auf dem Vormarsch

Wenn die Zeiten schwieriger werden, sagt man, müssten Frauen ran. Etwa nach Kriegen, wirtschaftlichen Schwächen oder verpatzten Siegen sollen sie die Schieflage wieder beheben. Es ist die wirtschaftliche Not zum Beispiel nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, die Frauen zu Existenzgründerinnen machte, beziehungsweise dazu brachte, die verwaisten Betriebe ihrer gefallenen oder inhaftierten Männer neu aufzubauen. Beate Uhse fing zum Beispiel mit einer Broschüre über natürliche Empfängnisverhütung an und legte damit die Basis für ihren späteren Erotikkonzern. Auch Grete Schickedanz wird in dieser wirren Zeit Unternehmerin. Weil ihr Mann Gustav (NSDAP-Mitglied und Stadtrat in Fürth) politisch belastet war und Berufsverbot hatte, fing sie mit einem kleinen Textilgeschäft wieder an, um daraus das große Versandhausgeschäft Quelle aufzubauen.

Und heute? Ausgerechnet jetzt oder gerade jetzt, wo die deutsche Gesellschaft vor allem wirtschaftliche Schlagseiten hat, traut man einer Bundeskanzlerin zu, den festgefahrenen Karren wieder flott zu machen. Überhaupt übernehmen Frauen mehr und mehr das Ruder, nicht nur in der Politik, sondern auch bei großen Konzernen und Unternehmen. »Weibliche Übernahme« betitelt Ulrike Posche ihr Buch, in dem sie Unternehmerinnen vorstellt, die den Mut haben, »in übergroße Schuhe zu steigen, und die Zähigkeit, in diesen nicht zu stolpern.« Es sind zum Beispiel Liz Mohn, die seit ein paar Jahren den Bertelsmann-Konzern leitet, Friede Springer, Eigentümerin des mächtigen Springer-Verlags und Ulla Berkéwicz, die neue Chefin des Suhrkamp Verlags. Eine »Akkumulation weiblicher Macht« nennt es Frank Schirrmacher, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und schürt damit Ängste vor allem bei Männern. Bei den erwähnten Frauen handelt es sich um Gattinnen von Unternehmern und Firmengründern. Es sind keine gelernten Unternehmerinnen, sondern Frauen, von denen »unberechenbare Power« ausgeht: Damen im Schneiderkostüm, die ihre Konzerne lenken und einen eher »emotional intelligenten« Führungsstil haben – wie es der amerikanische Psychologe Daniel Goleman nennt. Und nicht unwichtig: Sie, Liz Mohn und Friede Springer, und weitere Unternehmerinnen wie Martine Dornier-Tiefenthaler und Ann Kathrin Bauknecht zählen zusammen mit der Rechtsanwältin Gräfin Pilati, der Filmproduzentin Regina Ziegler und der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, um nur einige zu nennen, zu Angela Merkels Netzwerk.

Frauen-Netzwerk

Das klingt alles sehr positiv; doch Deutschland ist noch ein Entwicklungsland, was die Besetzung von Führungspositionen angeht. Nur etwa 6 Prozent der erwerbstätigen Frauen sitzen im höheren Management von Firmen; oder anders: 9,5 Prozent von allen Führungspositionen in der Wirtschaft sind mit Frauen besetzt. Im Ausland sind es wesentlich mehr. Deshalb setzen Unternehmen und Wissenschaft gezielt auf Mentoring-Programme oder Netzwerke. Es sind vor allem britische und US-amerikanische Unternehmen wie Shell und British Telecom, in denen weibliche Netzwerke versuchen, männlichen Seilschaften Konkurrenz zu machen. In Deutschland boomen inzwischen Mentoring-Programme bei größeren Unternehmen wie Lufthansa, VW oder der Deutschen Bank. Sie dienen hier als Instrument der Frauenförderung. Mittlerweile gibt es auch Internet-Netzwerke wie »Webgirls« oder »Globewomen«

Die Quote von selbständigen Frauen ist mit sieben Prozent kaum höher als der von Managerinnen. Gründe: Schon Mädchen interessieren sich eher für Berufe, die kaum für eine eigene Firma geeignet sind und junge Frauen nehmen erfolgreiche Vorbilder nicht wahr. Deshalb ist es besonders wichtig für Frauen, die den Sprung wagen, sich mit Kolleginnen auszutauschen. Aus der Kontaktsuche sind inzwischen mehr als 500 bundesweite und regionale Netze entstanden, wie der »Bundesverband der Frau im freien Beruf und Management.« Er hilft zum Beispiel bei Managementfragen, Öffentlichkeitsarbeit und Vermögensanlagen oder gibt Steuertipps; auch Fragen hinsichtlich Arbeitsrecht, Büroorganisation und Zeitmanagement werden behandelt. Der Austausch mit erfahrenen Unternehmerinnen ist häufig der Grund für eine Mitgliedschaft in einer der Unternehmerinnen-Organisationen. Mit mehr als 50 Jahren ist die »Vereinigung von Unternehmerinnen« das älteste Netzwerk, in dem sich Frauen untereinander helfen. Repräsentanten der deutschen Nachkriegswirtschaft räumten der Initiative kaum Überlebenschancen ein: »Unternehmerinnen sind nur eine Kriegsfolgeerscheinung.« Doch der Verband zählt heute über 1 500 Mitglieder und präsentiert sich mit anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft im Berliner »Haus der Deutschen Wirtschaft.«

Leider behandeln Öffentlichkeit und Medien Selbständige und Unternehmerinnen immer noch stiefmütterlich. Noch immer wird die Arbeit der mehr als einer Million Unternehmerinnen kaum wahrgenommen. Warum? Wie eine Untersuchung ergeben hat, werden Unternehmerinnen immer noch stereotyp dargestellt: Sie sind eine Ausnahme-Erscheinung zur männlichen Norm, Aussehen und Verhalten werden wahrgenommen und sind wichtig für den Erfolg des Unternehmens. Auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielen eine Rolle bei der Betrachtung. Das heißt, in den Medien werden Unternehmerinnen als etwas Besonderes dargestellt . Dabei gibt es eine Million Unternehmerinnen. Und wo werden sie präsentiert? Im Kulturteil der Zeitungen. Als wirtschaftliche Erscheinung werden sie also nicht wahrgenommen. In Ostdeutschland reagiert die Gesellschaft hingegen aufgeschlossener: hier ist der Anteil der selbständigen Frauen höher als im Westen. Sie sind in der Regel auch besser ausgebildet als in Westdeutschland.

Traum, eigene Chefin zu sein

Den Traum, ihre eigene Chefin zu sein, verwirklichen immer mehr Frauen, obwohl nur sieben Prozent der erwerbstätigen Frauen überhaupt den Sprung in die Selbständigkeit wagen; für Männer ist der Prozentsatz doppelt so hoch. Häufig gehen Frauen dabei geschickter vor als Männer. Im Jahr 2004 waren rund 1,25 Millionen Frauen ihr eigener Chef; das sind knapp ein Viertel mehr als 1996. Ihnen stehen zwar drei Millionen selbständige Männer gegenüber, aber der Anteil der Frauen steigt. Ihre Unternehmen sind oft jedoch kleiner als die der Männer und konzentrieren sich hauptsächlich auf (öffentliche und private) Dienstleistungen wie in den Bereichen Gesundheit und Soziales, ferner auf Handel und Gastgewerbe sowie Grundstückswesen, Vermietung und wirtschaftliche Dienstleistungen. Frauen gehen zumeist besser informiert an ihre Selbständigkeit heran; Männern genügt oft die Idee, um einfach loszulegen. Dafür scheitern Frauen auch seltener.

Einen weiterhin steigenden Trend verzeichnen die Neben- oder Zuerwerbsgründungen: So beginnen zum Beispiel abhängig Beschäftige ihre Selbständigkeit oder viele Frauen nutzen die Fami-lienphase dazu, sich beruflich ein neues Standbein zu sichern. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes liegt der Anteil der »Teilzeitselbstständigkeit« mit 22 Prozent überraschend hoch. Zwar wird Frauen oft gesagt, wenn sie sich selbsständig machen wollen, das lohne sich nicht, doch Analysen zeigen, dass etwa die Hälfte der Teilzeitgründungen innerhalb von nur fünf Jahren in eine Vollzeit-Selbständigkeit umgewandelt wird. Existenzgründerinnen gebe es immer mehr, so die Angaben des Bundesamts, aber Männer überwiegen immer noch deutlich.

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