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Mehr Kinder von Kindern

Der Tanz der Hormone beginnt immer früher

In einer Zeit, in der von allen Seiten der Geburtenrückgang beklagt wird, gibt es eine gesellschaftliche Gruppe, die offensiv und interessiert mit Sexualität umgeht und deren Schwangerschaftsrate im Steigen begriffen ist:
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

 

Evelyn Laue vom Statistischen Bundesamt hat eine Menge Daten erhoben zur demografischen Entwicklung in unserem Land. Sie hat dokumentiert, dass vom Jahr 2000 bis 2002 eine Steigerung der Schwangerschaften bei minderjährigen Frauen um 11,7 Prozent stattgefunden hat. Etwa die Hälfte der jungen Frauen bis 18 Jahre entscheiden sich für ein Kind, die andere Hälfte nehmen einen Abbruch vor. Signifikant wuchs die Zahl der Abbrüche der 10- bis 14-jährigen, von 2000 bis 2004 um fast 30 Prozent, in absoluten Zahlen von 574 auf 779. Bezeichnend ist dabei, dass es tatsächlich zehnjährige Mädchen gibt, die schon schwanger werden.

Die Prozentzahl der Schwangerschaftsabbrüche insgesamt in Deutschland ist fallend, während die Zahl der Minderjährigen, die einen Abbruch vorgenommen haben, im Jahr 2003 beispielsweise um 2,7 Prozent angestiegen ist und weiterhin steigt.

Es ist natürlich nicht der allgemeine Wunsch, dass ausgerechnet die, die noch wie Kinder betreut und gepäppelt werden, für den Nachwuchs in Deutschland sorgen. Es ist aber die gesellschaftliche Gruppierung, bei denen die Sexualisierung durch Medien und Werbung ein offenes Ohr findet. Nachmittägliche Talkprogramme der privaten visuellen Medien gehen weit unter die Gürtellinie, zerstören alle bisherigen Tabus. Videoclips von Rockgruppen zeigen Leder und nackte Haut, nur unterbrochen durch heiße Werbespots, sie animieren und regen auch schon die Zehnjährigen zum Nachahmen an.

Da mittlerweile durch propere Ernährung und Wachstumshormone in der mittäglichen Fleischportion oft schon der zehnjährige weibliche Körper genug Fettpolster gebildet hat, um den monatlichen Eisprung hervorzulocken, sind eine Menge Noch-Kinder geschlechtsreif und dank des Tanzes der Hormone auch begierig zu experimentieren.

Die Aufklärung unserer Kleinen in Schule und Elternhaus ist mittlerweile hervorragend. Die Acht- bis Zehnjährigen wissen schon, wie Kinder entstehen, welche physiologischen Unterschiede es gibt zwischen Mädchen und Jungen und wie Schwangerschaften verhütet werden können. Informationen, selbst über bizarrste Sexualpraktiken, sind für halbwegs geschickte SchülerInnen via Internet jederzeit erreichbar.

Dass beim Geschlechtsverkehr der Penis in die Vagina gesteckt wird, ist den meisten schon bekannt. »Was aber der Penis in der Vagina zu suchen hat, wenn kein Nachwuchs erwünscht ist – darüber verlor Frau Blume (die Lehrerin) kein einziges Wort.« (Canan Topcu aus FR, 29.11.2005)

Kritisiert wird, dass bei all der Aufklärungsarbeit den Kindern das technische Wissen vermittelt wird, Gefühle und Lust aber auf der Strecke bleiben. Über den Sinn von Sexualität und den unterschiedlichen Empfindungen und Bedürfnissen bei Jungen und Mädchen wird leider nur selten gesprochen. Traditionell männliche Vorstellungen über Geschlechtsverkehr als Höhepunkt des sexuellen Beisammenseins herrschen vor, andere Praktiken (Petting) werden zwar genannt, erhalten aber nicht den gleichen Stellenwert. Das Wissen über den »kleinen Unterschied« (Alice Schwarzer) ist seit über dreißig Jahren vorhanden, in unseren Köpfen hat sich aber immer noch nicht viel bewegt.

Da Jugendliche gern Informationen aus Medien ziehen und dort anonym Fragen stellen, kann ich positiv hinweisen auf die Website für Jugendliche von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) : www.loveline.de, hier wird schon eher auf die Bedürfnisse von Mädchen getrennt eingegangen.

Gundula Pause

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