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Demographische Zeitbombe tickt:

In ganz Europa, außer in Frankreich

 

Mehr Platz für Kinder in den Köpfen und Herzen der Menschen schaffen

Die Entwicklung ist lange bekannt, doch erst seit Beginn von Rot-Grün begann man sich hierzulande vermehrt darauf einzustellen. Geburtenrückgang, alternde Gesellschaften und niedrige Müttererwerbstätigkeit lassen die »demographische Zeitbombe« ticken. Nur nicht in unserem Nachbarland Frankreich. Dort gibt es schon seit langem eine europaweit vorbildliche Familienpolitik und ein traditionelles Streben nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Familienfragen sind Staatsangelegenheit: Une affaire d‘Etat. Dieser hält in der Tat ein beachtliches finanzielles und nicht-finanzielles Instrumentarium bereit, um Familiengründungen zu fördern und gleichzeitig das Zusammenleben von Eltern und Kindern bzw. von Mann und Frau - trotz beruflicher Belastung - zu erleichtern.

Laut Untersuchungen ist die durchschnittliche Kinderzahl in den europäischen Ländern am höchsten, in denen eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie erzielt wird. Deutsche Frauen bekommen (statistisch) lediglich 1,29 Kinder - Französinnen dagegen fast 1,9 Kinder (Stand 2003); damit ist die natürliche Reproduktion fast erreicht. Seit 1960 ist die Geburtenrate in Deutschland um 44 Prozent gesunken. Im europäischen Vergleich werden nur in Italien, Spanien und Griechenland noch weniger Kinder (als in Deutschland) geboren.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie für deutsche Frauen immer noch ein Problem

In der Analyse »fast 4ward« wird das Ehegattensplitting als eines der Hindernisse genannt, warum sich Beruf und Familie in Deutschland nicht reibungslos vereinbaren lassen. Denn: Dieses setzt steuerliche Anreize für den Ausstieg von Frauen/Müttern aus dem Arbeitsmarkt; nur geringfügig Beschäftige erhalten steuerliche Vorteile. Die in Teilzeit bzw. Vollzeit beschäftigten Frauen hingegen werden steuerlich voll herangezogen und zahlen Sozialabgaben, die sie nicht mit Kinderbetreuungskosten gegenrechnen können.

Ein anderer Punkt sind die fehlenden Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren und fehlende Ganztagsschulen bzw. Horte. In anderen europäischen Ländern wie Belgien, Frankreich oder Dänemark sind Tagesbetreuungen für jedes Kind eine Selbstverständlichkeit - und überwiegend kostenlos. Die frühere Bundesregierung und ihre Frauen- und Familienministerin haben vieles auf den Weg gebracht: z.B. das Kindergeld erhöht, Steuern für Familien gesenkt und den Anstoß für mehr Ganztagsschulen geben. Diesen Weg will die neue Familienministerin Ursula von der Leyen fortsetzen. Kostenlose Kindergartenplätze will sie zumindest für das letzte Jahr durchsetzen, doch Länder und Gemeinden stemmen sich dagegen. Wann setzt man hier endlich richtige gesellschafts-politische Prioritäten?

Quo vadis – in der deutschen Familienpolitik?

Zwar sind die vorhandenen Freistellungsregelungen wie beim Mutterschutz und der Elternzeit in Deutschland großzügig bemessen - im Vergleich zum europäischen Ausland. Auch beim monatlichen Kindergeld liegt Deutschland an der Spitze. Doch massiver Handlungsbedarf besteht im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bundesregierung und Parteien denken zwar heftig nach und diskutieren – auch medienwirksam. Aber auf ein befriedigendes Ergebnis wartet die Öffentlichkeit nach wie vor.

Die zentrale Zuständigkeit und das Engagement des französischen Staates mutet dagegen modern und fortschrittlich an. So erklärte Familienminister Christian Jacob kürzlich: »Jedes neue Kind ist nicht nur ein persönlicher Glücksfall, sondern auch ein wirtschaftlicher Gewinn und ein Wachstumsanstoß für das ganze Land«. In Deutschland hat Bundesfamilienministerin von der Leyen diesen wirtschaftlichen Aspekt offenbar auch im Blick. Doch in der Union »kämpft man bis heute mit dem Widerspruch, einerseits ein traditionalistisches Hausfrauenklientel vertreten zu müssen und andererseits die unausweichliche Modernisierung des Familienbildes zu bewältigen«. Bleibt die Frage: erleben wir bald einen Kulturkampf im bürgerlichen Lager?

Ursula Geiling

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