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Elterngeld

Entlastung für Mütter - Väter in der Pflicht?

In keinem anderen Land der Welt bleiben so viele Männer und Frauen zeitlebens kinderlos wie in Deutschland. Das geht aus dem aktuellen »Familienreport« der Konrad-Adenauer-Stiftung hervor. Weiterhin macht die Studie deutlich, dass bundesweit mittlerweile mehr Ehepaare ohne als mit Kindern zusammenleben und ein Drittel aller Frauen und Männer eines Jahrgangs zeitlebens ohne Kinder bleibt.

Vor diesem Hintergrund plant die Bundesregierung eine Reform des Elterngeldes. Bisher wurde maximal für zwei Jahre ein Erziehungsgeld von 300 Euro monatlich gezahlt. Nun soll Elterngeld für ein Jahr als Lohnersatzleistung gezahlt werden und 67 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens, maximal 1800 Euro betragen. Verknüpft wird diese Regelung mit einer »Väterquote«. Das heißt, dass zwei Monate Elterngeld entfallen, wenn diese nicht vom jeweils anderen Elternteil, in der Regel dem Vater, in Anspruch genommen werden. Der Reflex der Altmännerbünde und klerikalen Konservativen kam nicht überraschend. Die Väterquote sei verfassungswidrig und hier maße sich der Staat einen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Familien an. Der deutsche Juristinnenbund (DJB) unterstützt das von der Bundesregierung geplante Elterngeld und hält es für einen Schritt in die richtige Richtung. Männer brauchten diese Möglichkeit, weil die Akzeptanz noch immer sehr gering sei, wenn sie Erziehungszeit beanspruchen. Verfassungsrechtliche Probleme sieht der DJB nicht, da keine Diskriminierung von Frauen oder Männern vorliege. Beide Eltern können frei entscheiden, ob und wie lange sie mit dem Beruf aussetzen und Elterngeld beanspruchen wollen. Immerhin wird die Entscheidungsfreiheit der Mütter verbessert, denen oft gegen ihren Wunsch die Hauptlast der Betreuungsarbeit zugewiesen wird.

In Bezug auf Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit ist das neue Elterngeldmodell in dem auf diesen Gebieten rückständigen Deutschland fast so etwas wie eine kleine Revolution. Allerdings entsteht ein Gerechtigkeitsproblem bei dieser Regelung zum Elterngeld. Spitzenverdiener in der Gehaltsklasse ab 3000 Euro netto und der Mittelstand profitieren am meisten. Wer hingegen wenig verdient oder arbeitslos ist, könnte mit dem Elterngeld sogar schlechter stehen als bisher. Die Politik bedient hier unterschwellig die Theorie, gegenwärtig bekämen »die falschen Leute« Kinder, nämlich die weniger gebildeten und die weniger privilegierten Menschen. Hier muss dringend gegengesteuert werden. Eventuell mit Sockelbeträgen, die deutlich höher liegen müssen, als das heutige Erziehungsgeld von 300 Euro.

Und wie geht es weiter nach einem Jahr Elterngeld? Die Rahmenbedingungen für Familien sind in Deutschland nicht gut. Es gibt - außer in den neuen Bundesländern – kein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Angebot an Krippen-, Kindergarten- und Hortplätzen oder Ganztagsschulen. Es gibt auch kaum Fortschritte bei der Flexibilisierung und Sicherung von Eltern- und Berufsphasen mit entsprechenden Angeboten der Unternehmen wie in Schweden. Es bleibt abzuwarten, ob das geplante Elterngeld die richtigen Anstöße liefern wird.

Barbara Obermüller

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