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MATHILDE

York, Esther und Sohn Joshua

Foto: privat

»Bis übernächste Woche dann!«

Jobsharing in der Ehe

Kennt jemand Paare, die sich einen Arbeitsplatz teilen? Davon gibt es scheinbar nicht viele. Dabei liegen die Vorteile des Jobsharings doch eigentlich auf der Hand – jeder macht die Hälfte der Arbeit, man teilt sich Verantwortung und Finanzen. Im folgenden Artikel berichtet Esther im Gespräch mit von ihren Erfahrungen mit Jobsharing. Sie arbeitet mit ihrem Mann im öffentlichen Dienst und hat einen zweijährigen Sohn.

Esther, wie kam es bei euch zum Jobsharing?

Mein Mann und ich haben die gleiche Ausbildung und arbeiten seit 1999 als Kollegen im öffentlichen Dienst. Jobsharing hat uns als Möglichkeit der »Vereinbarkeit von Beruf und Familie«, wie es so schön heißt, von Anfang an gut gefallen. Als ich dann schwanger wurde, war für uns beide klar, dass wir das machen wollen. Schwierigkeiten gab es dank der Regelungen im öffentlichen Dienst nicht. Weder rechtlich noch praktisch bei der Arbeit. Die Kollegen, mit denen wir direkt zusammenarbeiten, sind ausgesprochen kooperativ und sehen unsere Arbeit und unseren Einsatz ganz positiv, weil wir durch den Ausgleich (Arbeit - zu Hause) sehr motiviert arbeiten. Obwohl wir keine Vorreiter sind, weil schon seit einigen Jahren Jobsharing bei Kollegenpärchen recht beliebt ist, war die Situation für manche aus dem direkten Arbeitsumfeld dann doch neu.

Und wie sieht das Jobsharing im Einzelnen sowohl beim Job als auch privat bei euch aus?

Wir bekommen 50-50 und arbeiten auch so. Das heißt, dass wir uns wochenweise mit der Arbeit abwechseln, obwohl es andere Möglichkeiten gäbe (zum Beispiel halbtags oder zweiwöchentlich). So finden wir es aber am günstigsten, weil es keine Extrafahrten gibt, man sich die Woche gut organisieren kann (sowohl bei der Arbeit, als auch zu Hause) und der Arbeit und des Kinderhütens/Haushalts nicht überdrüssig wird. Andere Jobsharer, die wir kennen, sind auch Ehepaare mit Kindern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Jobsharer ohne Kinder kenne ich gar nicht. Die Möglichkeit, dass zwei Kollegen, die nicht Tisch und Bett teilen, jobsharen, wird bei unserem Arbeitgeber erst so langsam wahrgenommen.

Zum Alltag noch: Am Abend wird meist ausführlich über die Arbeit gesprochen, teilweise rufen wir uns auch tagsüber an (Wie würdest du das jetzt machen? Wie siehst du das?). Derjenige, der zu Hause ist, kümmert sich natürlich um unser Kind, kauft ein, kocht usw. (und steht nachts auf, wenn der Kleine mal wieder nicht durchschlafen will). Ganz wichtig ist, dass man seinen Job mögen muss, denn sonst geht einem das ständige Gerede über die Arbeit auf den Wecker. Manchmal muss man sagen: Jetzt ist Schluss mit Arbeit. Entscheide dies und jenes, wie du meinst. Dann muss man natürlich auch mit Entscheidungen des andern leben, die einem nicht so passen. Aber das ist zu Hause ja nicht anders. Schließlich unterhält man sich viel über Kindererziehung und versucht, an einem Strang zu ziehen. Für uns ist das Jobsharing nur deshalb etwas, weil wir ein Kind haben. Ohne Kind haben wir als Kollegen zusammengearbeitet und da gäbe es für mich keinen Grund, dass nicht beide arbeiten.

Wie ist dein persönlicher Eindruck: Wie siehst du das Jobsharing?

Wir sind beide 100prozentig vom Jobsharing überzeugt. Lediglich die ersten zwei, drei Monate waren sehr anstrengend, weil man erst mal Abstimmungsprozesse entwickeln muss, ohne dass es die Beziehung belastet. Der größte Vorteil am Jobsharing ist für mich die Möglichkeit, absolut gleichberechtigt zu Familienunterhalt und Erziehung beizutragen. Unsere Erfahrungswelten sind sich ähnlich und das finde ich sehr gut.

Jetzt, im Mutterschutz in der zweiten Schwangerschaft und einer (Still-)Pause von einem halben Jahr, die ich dranhängen möchte, wird unser Alltag wieder sehr auseinander fallen. Ich finde das o.k., weil direkt nach einer Geburt doch alles sehr anders ist - insbesondere für Frauen. Ich bin aber froh, dass ich nicht auf Jahre an diese Rolle gefesselt bin. Der Schritt, Jobsharing anzufangen, ist für den Mann, glaube ich, immer größer als für die Frau. Am Anfang wurde über den kinderwagenschiebenden Softie schon mal geschmunzelt - aber eigentlich überwiegen die neidvollen Blicke am Freitag der Arbeitswoche, wenn er mal wieder sagen kann »Bis übernächste Woche dann.«

Das Interview führte Susanne Kagerbauer

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