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Namibias Frauen wachen auf

Helge Ebbmeyer besucht ein Frauenprojekt in Namibia in der Nähe von Windhoek - Dank »Penduka« können Kinder zur Schule gehen - Unterstützung für TB- und HIV- Kranke - Märkte in Deutschland und USA werden gesucht

Penduka nennt sich das Frauenselbsthilfeprojekt in der Nähe von Windhoek, der Hauptstadt von Namibia. Aus der Herero-Sprache übersetzt, heißt Penduka "Wach auf". Für das Projekt Penduka heißt es: Frauen sollen aufwachen und sich ihrer Energie, ihres Wissens und ihrer Ressourcen bewußt werden, die sie bereits besitzen. Das Ziel der Einrichtung im ehemaligen Deutsch Südwest Afrika und heutigen Namibia ist, Frauen aus ländlichen und unterentwickelten Gebieten in Namibia zu helfen, ihren eigenen Job zu kreieren und Geld zu verdienen, mit dem sie sich stabile Häuser bauen und ihre Kinder zur Schule schicken können.

Penduka ist vollkommen unabhängig, keine Regierungseinrichtung und ein Non-Profit-Unternehmen, betont Liesbeth van der Schuof, die zum dreiköpfigen Management gehört. Das Frauen-Selbsthilfe-Projekt wurde 1992 von Chritein Roos, einer holländischen Beschäftigungstherapeutin und mehreren körperbehinderten namibischen Frauen gegründet. Die Gebäude liegen malerisch an einem kleinen Stausee am Goreangabdam, etwa fünf Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt Windhoek entfernt, und gehören zum Vorort Katutura. Zurzeit arbeiten hier etwa 30 Frauen und drei Männer, einige von ihnen sind körperbehindert, an Aids und/oder Tuberkulose erkrankt. Insgesamt verdienen sich etwa 500 Frauen aus 16 verschienen Gruppen und Volksstämmen in ganz Namibia ihren Lebensunterhalt mit Hilfe von Penduka. Manche der Gruppen leben zwei Tagesreisen von der Hauptstadt entfernt.

Die Frauen haben das perfektioniert, was sie bereits vorher konnten. Sie haben sich spezialisiert auf Gegenstände zur Innenausstattung einer Wohnung oder eines Hauses und solchen, die das Heim verschönern. Dazu gehört beispielsweise Keramik. Das Material dafür kommt aus Südafrika, wie die Leiterin der Abteilung Vistorina Nakanyala freundlich und stolz auf ihre Arbeit erklärt. Hergestellt werden auch wunderschöne Textilien wie Decken, Kissenbezüge, Wandbehänge oder Teppiche, in die die Frauen ihre individuelle Lebensgeschichte, ihre Stammeszugehörigkeit und ihren Alltag hineinweben oder -sticken. So ist jede der liebevoll produzierten Arbeiten ein Unikat. Für die Anfertigung von Batiken wird nicht wie sonst üblich Wachs für die Abdeckung der weißen Flächen verwendet, die Frauen benutzen Milipap (Maisbrei), der ist billiger und kann immer wieder benutzt werden.

Die Produkte werden nicht nur im Penduka-"Workshop" bei Windhoek hergestellt. Rohmaterial wird ebenfalls an die erwähnten 16 Gruppen im ganzen Land geschickt, die daraus kunsthandwerkliche Gegenstände fertigen, die dann wieder zurück nach Windhoek gehen und im "Craftshop" verkauft werden. Das angebundene "Greenwell Recycle Innovation Projekt" (GRIP) liefert aus recycltem Papier hergestellte Stühle oder Tabletts an den Craftshop zum Verkauf.

Zu der Einrichtung bei Windhoek gehören ein traditionelles Dorf, das gegen Gebühr besichtigt werden kann sowie der "Boma Tearoom", ein Bistro und afrikanisches Restaurant, in dem unter anderem hausgemachte Kuchen und einheimisches Essen serviert werden. Um Energie zu sparen, nutzen die Frauen so viel wie möglich selbstproduzierte Solar-Kocher. In acht liebevoll ausgestatteten "Rondavels" - traditionelle Rundhütten - und auf einem Campingplatz im "Kavango Village" bietet Penduka Übernachtungsmöglichkeiten.

Aber das ist beileibe nicht alles, was die Frauen von Penduka in ihrer Entschlossenheit und Aufgewecktheit auf die Füße gestellt haben. Ein wichtiger Teil der Arbeit besteht darin, mehrmals wöchentlich 150 Essen im nahegelegenen Katutura an bedürftige Familien auszuteilen. Katutura wurde 1959 als Township für die Zwangsumsiedlung von Schwarzen von der damals über Namibia herrschenden südafrikanischen Apartheitsregierung angelegt. Katutura bedeutet "Wir haben keinen Wohnplatz". Im Dezember 1959 kam es zu ersten blutigen Protesten, Katutura wurde in den Jahrzehnten danach zur Stätte des Widerstandes. Heute ist aus Katutura im Volksmund Matutura geworden, "ein Ort, wo wir leben wollen", und das tun hier 130.000 Menschen. Katutura ist kein Township mehr, sondern ein Vorort von Windhoek, der gewaltige Probleme hat. Probleme wie der unkontrollierte Zuzug von Menschen aus dem Norden und aus Angola, Krankheiten wie Aids und Tuberkulose.

Die Frauen von Penduka teilen nicht nur Essen in Katutura aus oder halten Handwerksunterricht. Sie vermitteln zweimal die Woche Gesundheitsaufklärung, verteilen Medizin an Infizierte und Kranke - "5 Tabletten in einem halben Jahr pro Person aus Mangel an Geld" wie Liesbeth van der Schuof ziemlich wütend sagt.

Die Frauen von Penduka verzagen aber nicht, sie sind im Gegenteil selbstbewußt, entschlossen und ehrgeizig. Momentan gibt es außerhalb von Namibia, in Norwegen und den Niederlanden, zwei weitere Einrichtungen. "Isandi" verkauft die in Namibia hergestellten Produkte in Norwegen. In den Niederlanden gibt "Penduka Multicultural" Unterstützung für das namibische Projekt und verkauft die Waren, die "Friends of Penduka" verteilen sie an Dritte-Welt-Läden in den Niederlanden. Liesbeth van der Schuof wünscht sich auch entsprechende Projekte in anderen reichen Ländern wie USA oder Deutschland und ist optimistisch, dass in fünf Jahren zehn weitere Penduka-Einrichtungen mit "aufgewachten" Frauen existieren werden.

Wer Interesse hat oder spenden möchte:

Penduka, P.O.Box 7635, Katutura/Windhoek, Namibia
Website: www.penduka.com

Helge Ebbmeyer

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