Werden Sie auch eine
In fast allen Einstein-Biografien wird sie nur kurz erwähnt. Sie soll »bescheiden, ruhig und düster« gewesen sein – seine erste Ehefrau und Mutter seiner beiden Söhne. Wer war diese Frau?
Geboren wurde Mileva Maric 1875 in Serbien, das damals zum Königreich Ungarn gehörte, als Tochter einer gutsituierten Familie. Sie studierte von 1896 bis 1901 als einzige Frau in ihrem Jahrgang Mathematik und Physik in Zürich, da sich in der Schweiz die ersten Hochschulen in Europa für Frauen öffneten. Schon in der Einführungsvorlesung traf sie unter ihren Kommilitonen einen gewissen Albert Einstein. ... Einstein fühlte sich auf Anhieb von Mileva angezogen. Er, der offen von seiner Unzulänglichkeit in Mathematik sprach, bewunderte ihr herausragendes mathematisches Talent. Die beiden trafen sich fortan zu Hausarbeiten und musizierten auch miteinander.
1897 verließ Mileva Zürich, um in Heidelberg – frei von den sie beunruhigenden Gefühlen zu Albert Einstein – trotz des fehlenden Hochschulzugangs in Ruhe weiterarbeiten zu können. Ein Jahr lang überschüttete Albert seine »kleine Ausreißerin« mit Briefen und der Bitte, zu ihm zurückzukehren. Im Frühjahr 1898 machte Mileva den folgenschweren Schritt: sie kam zurück. Einundfünfzig Liebesbriefe des jungen Paares aus dieser Zeit sind erhalten, nur zehn von ihrer Hand. Am 27. März 1901 schrieb Albert an Mileva: »Wie stolz und glücklich werde ich sein, wenn wir beide zusammen unsere Arbeit über die Relativbewegung siegreich zu Ende geführt haben. Wenn ich so andere Leute sehe, da kommt mir's so recht, was an Dir ist!« 1901 wurde Mileva schwanger, zu Hause bei ihren Eltern bekam sie eine Tochter, deren Schicksal im Dunkeln blieb. 1903 heiratete das Paar und lebte in Bern, wo Einstein als Patentsachverständiger eine Anstellung fand. 1904 kam der erste Sohn, Hans Albert, zur Welt, 1910 der zweite, Eduard.
Die sieben Jahre in Bern waren für Albert Einstein ungemein produktiv. Es erschienen mehrere Arbeiten – darunter erstmals die Darstellung der »Speziellen Relativitätstheorie«. Von Einsteins Lehrer und Freund, Hermann Minkowski, ist folgende skeptische Bemerkung erhalten: »Das ist für mich eine große Überraschung gewesen, denn Einstein war ein großer Faulpelz, und für Mathematik interessierte er sich überhaupt nicht«. Aus Albert Einstein wird das Genie Einstein. Auf rätselhafte Weise verschwand in dieser Zeit die Urabschrift »Elektrodynamik bewegter Körper«. Vierzig Jahre später irritierte die seriöse New York Times die Fachwelt mit einem spektakulären Hintergrundbericht: »Albert Einstein selbst habe unmittelbar nach der Publikation sämtliche Originalmanuskripte vernichtet«. Einen interessanten Hinweis zur Entstehung der Relativitätstheorie lieferte der russische Physiker Abraham F. Joffe in seinen »Erinnerungen an Albert Einstein«: »Er habe 1905 die Originalabschriften begutachtet und diese wären unter einem Doppelnamen eingereicht worden – Einstein-Marity«. Marity ist die ungarische Schreibweise des serbischen Maric, dieser Name steht auch auf Milevas Todesanzeige. Nie hat der spätere Nobelpreisträger ein Wort über die Mitarbeit seiner Frau an der Relativitätstheorie verloren.
1909 wird Einstein Professor in Zürich. Er hat Affären mit anderen Frauen. Seine zweite Frau wird das später tolerieren, Mileva dagegen wird immer schwermütiger. 1911 übersiedelten die Einsteins nach Prag, 1914 nach Berlin. Nach wenigen Monaten kehrte Mileva mit ihren Söhnen in die Schweiz zurück, wo sie in Zürich in bescheidenen Verhältnissen lebte. Ab 1912 hatte Einstein eine Beziehung mit seiner Kusine Elsa, die er später heiratete. 1919 wurde die Ehe mit Mileva geschieden. 1921 erhielt Einstein den Nobelpreis für Physik, das Geld für den Preis erhielt Mileva. Sie verbrauchte das Geld für die Behandlung ihres psychisch schwer kranken Sohnes Eduard und lebte in ärmlichen Verhältnissen. Albert Einstein emigrierte 1933 nach USA, auch der ältere Sohn Hans-Albert lebte ab 1937 mit seiner Familie in USA. Am 4. August 1948 starb Mileva Einstein verarmt in Zürich. Albert Einstein überlebte sie um sieben Jahre. 1990 - 42 Jahre nach ihrem Tod - fiel der Name Mileva Maric zum ersten Mal in einer akademischen Diskussion. Die Linguistin Dr. Senta Trömel-Plötz und zwei namhafte amerikanische Physiker präsentierten die Ergebnisse ihrer Forschung zum Thema: »Mileva Marics Rolle bei den Forschungen Albert Einsteins« bei dem Kongress der »American Association for the Advancement of Sciene«.
Milevas Grab auf dem Züricher Friedhof ist eingeebnet worden. Dr. Senta Trömel-Plötz hat im Frauen-Gedenk-Labyrinth einen Gedenkstein zur Erinnerung an Mileva Maric gestiftet.
Barbara Obermüller
Literatur:
Ch. S. Chiu. Frauen im Schatten. Dachs-Verlag Wien 1994.