Werden Sie auch eine
Ankunft und Abschied
Soll sie seiner Werbung trauen?
Fotos: Barbara Aumüller
Die Bühnenbildnerin Malve Lippmann hat für die aktuelle Aufführung von La Traviata am Staatstheater das Bühnenbild geschaffen. Als eine der wenigen Bühnenbildnerinnen, die in dieser Spielzeit in Darmstadt arbeiten, haben wir sie gebeten, über ihren Werdegang, ihren Arbeitsalltag und ihre Ziele zu berichten.
Welche Inhalte werden in der Ausbildung zur Bühnenbildnerin vermittelt?
Ich habe 1993 -1996 in Stuttgart Bühnen- und Kostümbild studiert. Prof. Jürgen Rose hat uns nie seinen eigenen Stil aufgezwängt, er hat vielmehr immer versucht, jeden zu sich selbst zu bringen. Er hat einfach nie akzeptiert, wenn man sich in einer äußeren Form verlor, die nichts mit einem selbst ganz persönlich zu tun hatte - authentisch war.
Welche Ausbildungsinhalte werden einer Bühnenbildnerin heute vermittelt?
Wir haben häufig ganz freie Projekte gemacht. Oft gab es nur ein Thema als Vorgabe. Wir sollten alles selbst entwerfen vom Text über die Regie bis dahin, dass wir selbst gespielt haben. Natürlich haben wir auch die Bühne gebaut, die Kostüme genäht. Aber es ging immer um das ganze Theaterereignis und nie »nur« darum, ein Bühnenbild oder ein Kostüm zu entwerfen. Das war eine Erfahrung, von der ich heute in allen meinen Arbeiten noch zehre. Ich glaube, wir haben dadurch viel über theatrale Vorgänge gelernt, was ist interessant zu sehen, was ist nur symbolisch und ausgedacht und lebt nicht.
Gibt es nur einen Weg zum Ziel oder mehrere gleichwertige?
Was der Weg zum Ziel ist, kann ich nicht sagen. Jeder kommt wohl an
»seinem« Ziel an, im Idealfall. Jeder hat ja auch andere Ziele, andere
Punkte, die ihn interessieren.
Bei mir ist es wohl so was wie ein sehr persönliches Lebensgefühl, was
sich dann immer wieder im Klima meiner Räume niederschlägt. Der Raum
scheint mir oft zu groß und der Abstand zu den anderen Menschen
unüberwindbar. Also ist das Klima meiner Räume meistens kalt und die
Menschen darin klein und verloren.
In dieser Hinsicht habe ich Philipp Kochheim sofort verstanden und was
er mit der »Traviata« will. Mir war sein Konzept sehr schnell emotional
nachvollziehbar. Diese Frau, die in so einer kalten Welt kaputt geht,
in der es eigentlich keine wirklichen, menschlich warmen Gefühle gibt.
Alles nur gesellschaftliche Fassade und selbst die Liebesgeschichte
ist keine wirkliche nahe Begegnung. Nur der Vater versteht so ein bisschen
was, da gibt's einen Moment der Nähe, der aber auch nicht geht, weil
die gesellschaftliche Form so stark ist, in der er gefangen ist.
Da die wenigsten eine Vorstellung von den vielfältigen Arbeitsfeldern einer Bühnenbildnerin haben, wäre ich Ihnen für einen kurzen Einblick in den Schaffensprozess einer Produktion dankbar.
Nun zum konkreten Ablauf: Der Regisseur oder die Regisseurin kommt
und sagt so Manches. Das ist immer unterschiedlich. Jenny Erpenbeck
z.B sagt beim ersten Treffen meistens: Ich will, dass das Stück in einer
Wüste spielt. Dann muss ich rausfinden, an was für eine Wüste sie denn
dieses Mal denkt. So haben wir schon viele, ganz verschiedene Wüsten-Expeditionen
gemeinsam gemacht.
Dann beginne ich Pappen, in das leere Modell vom Bühnenhaus zu stellen,
sie rumzuschieben, solange bis es mich an einer Stelle anfängt zu interessieren.
Wenn ich dann einen Weg habe, der mich interessiert, formuliere ich
das Bild aus. Der Regisseur/in kommt wieder und schaut schweigend hinein.
Da hat man dann immer Angst, bis die ersten schwerwiegenden Worte gesagt
sind. Wenn man sich geeinigt hat, fängt der Regisseur/in an, das Stück
im Modell durchzuspielen.
Wir sprechen über die Figuren und ich zeichne die Kostüme. Dann fängt
der ganze technische Ablauf an:
Ich zeichne die Pläne für die Werkstatt. Dann gibt es eine Bauprobe
im Theater, wo das Bühnenbild vorgestellt und mit improvisierten Materialien
einmal aufgebaut wird, damit wir die Proportionen im Originalraum überprüfen
können. Manchmal wird da auch schon Licht ausprobiert. Dann gibt es
eine Werkstattbesprechung mit allen Vorständen aus den unterschiedlichen
Gewerken, wo der Bau durchgesprochen wird, die Meister Vorschläge zur
Umsetzung machen und die Materialien bestimmt werden. Wenn der Bau fertig
ist, gibt es die technische Einrichtung. Alles wird auf der Bühne aufgebaut
und beleuchtet. Dann beginnen die Endproben. Man versucht, die letzten
Korrekturen zu machen und irgendwann ist alles fertig.
Zu guter letzt muss man sich nur noch verneigen, wobei ich immer Angst
habe, über ein Bühnenbildteil zu stolpern.
Mit Malve Lippmann sprach Anja Spangenberg