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Hermione von Preuschen an der Staffelei (1899)

Foto: Archiv für Kunst und Geschichte Berlin

Eine mutige Darmstädterin

Hermione von Preuschen (1856-1918)

»Geehrte Versammlung! Es heißt zwar ‚mulier taceat in ecclesia‘, und ich habe dies Lieblingszitat der Männer bisher beherzigt, d.h. habe lieber gemalt und geschrieben als gesprochen... ich hatte nämlich noch den naiven Glauben, die Männer seien unparteiisch, und wenn eine Frau wirklich einmal etwas wahrhaft Großes leiste, erkennten sie es bereitwillig an.... Im Laufe der Jahre und Erfahrungen bin ich leider von dieser Ansicht zurückgekommen.« Mit diesen Worten begann die Malerin und Schriftstellerin Hermione von Preuschen ihre kämpferische Rede auf dem Internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen 1896 in Berlin. Sie beklagte die schlechte Ausbildungssituation der Künstlerinnen und die Widerstände seitens der Professoren in Kunstakademien, die in jeder talentierten Künstlerin eine unliebsame Konkurrenz erblickten: »Der talentvollen, hübschen Anfängerin schaut der Mann gutmütig duldsam von oben herab auf die Finger, wehe aber der Frau, die ernst genommen werden muss und die es wagt, ebenso Gutes oder gar Besseres zu leisten, als der Durchschnittsmann. Da bilden plötzlich alte Feinde selbst eine brüderlich geschlossene Phalanx gegen den Eindringling, den sie boykottieren möchten durch alle Länder der Erde.«

Hermione von Preuschen war, als sie diese Rede in Berlin hielt, bereits eine bekannte Malerin und Dichterin. In Darmstadt, wo sie vor 150 Jahren, am 7. August 1854 geboren wurde, kannte man auch ihre Familie bestens: Ihr Vater war der Oberkonsistorial- und Regierungsrat Freiherr von Preuschen. Die adlige Familie war seit längerer Zeit in Darmstadt ansässig. Wie ihre Mutter hieß und ob sie auch eine Darmstädterin war, wissen wir nicht.

Über Kindheit und Schulzeit der Künstlerin in Darmstadt ist wenig bekannt. Sie selbst schreibt in ihrer Autobiografie, »Roman meines Lebens«, die 1926 posthum erschien, kaum etwas über die Darmstädter Jahre.

Hermione, die ursprünglich Hermine hieß, ging sehr früh, bereits mit fünfzehn Jahren an die Karlsruher Kunstschule, wo sie bei dem Historienmaler Ferdinand Keller studierte. Anschließend setzte sie ihre Studien in Rom, Paris und Berlin fort. 1882 heiratete sie den Arzt Oswald Schmidt und bekam zwei Kinder. Die Ehe wurde allerdings bald geschieden.

Die wagemutige Hermione

Berühmt wurde Hermione von Preuschen durch den Skandal um ihr Bild Mors Imperator, das 1887 vom Vorstand der Berliner Kunstausstellung wegen Majestätsbeleidigung zurückgewiesen wurde, da das Werk als Anspielung auf den greisen Kaiser Wilhelm I. interpretiert wurde. Erbost über die Entscheidung der Jury, mietete Hermione prompt ein Lokal und stellte das umstrittene Bild auf eigene Faust aus. Am Eröffnungstag standen Hunderte von Berlinern vor der Tür, um das Bild zu sehen, auf dem ein Herrscher mit Totenkopf abgebildet war.

Im Nachhinein brachte das Bild Hermione allerdings kein Glück: »Hier hatte ich es in der Hand, mein Schicksal zu zwingen und den Geist der Zeit bei der Stirnlocke zu fassen« – schreibt sie in ihrer Autobiografie - »Ich habe es nicht richtig angefasst, es ist mir alles wieder entglitten, und der große Sensationserfolg von Mors Imperator erweist sich heute als der Fluch meines Lebens. Er räumte mir eine Ausnahmestellung als Außenseiter ein.«

Nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes 1897 ging Hermione auf Reisen. Sie bereiste Indien, Ceylon und Burma. Ihr Reisebericht mit dem Titel Durch Glut und Geheimnis erschien 1909 und hatte großen Erfolg.

Ella Mensch, die bis 1904 als Journalistin und Lehrerin in Darmstadt lebte und arbeitete, berichtete 1926 in ihrer Rezension zum Roman meines Lebens über eine Begegnung mit der Künstlerin im Jahre 1897 auf dem Alten Friedhof in Darmstadt, wo sie tiefverschleiert das Grab ihres kürzlich verstorbenen Vaters besuchte. Auch ihr zweiter Ehemann, Konrad Tellmann, war kurz zuvor gestorben. Wahrscheinlich kam Hermione zwischen ihren Reisen noch öfter nach Darmstadt, wo ihre Verwandten lebten. Es gab 1911 in der hiesigen Kunsthalle sogar eine Ausstellung mit ihren Werken.

Hermione von Preuschen starb 62jährig am 12. Dezember 1918 in Lichterrade bei Berlin.

Agnes Schmidt

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